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Betrug, Geldwäsche, GeiselnahmeWas die Anklage gegen den Leverkusener Clan bedeutet

Lesezeit 4 Minuten
ClanAxel

Razzia in Leverkusen: Die Polizei untersucht das Haus, das dem Clan gehört (Archivbild von 2021)

  1. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen sieben mutmaßliche Mitglieder des Clans aus Leverkusen erhoben.
  2. Unter den Verdächtigen sind auch der mutmaßliche Boss und seine Frau.
  3. Es geht um Betrug, Geldwäsche, Geiselnahme – und die Villa in Leverkusen.

Leverkusen/Düsseldorf – Die Frau kam im November 2019 am Schalter der Bundesbank in Hagen direkt zur Sache. Leider habe sie aus Versehen 200-Euro-Scheine in einer Jacke mitgewaschen. Nun seien die Banknoten derart beschädigt, dass sie das Bündel im Wert von 2600 Euro gegen frisches Geld eintauschen wolle.

Die Bundesbanker schöpften Verdacht. Seit geraumer Zeit registrierte man mehr als 1000 ähnliche Fälle der mutmaßlichen Geldwäsche. Die Scheine, so der Verdacht, könnten aus einem Raubüberfall der Zentralbank Libyen stammen, den die UNO gemeldet hatte.

Offiziell Hartz-IV-Empfänger

Das Verfahren gegen die Frau wurde zwar eingestellt, weil diese auf die Rückerstattung der eingezogenen Scheine verzichtete. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wurde der Fall aber an anderer Stelle aktenkundig. In jener Phase ermittelte bereits eine Sonderkommission der Polizei gegen den Leverkusener Al Zein-Clan unter anderem wegen Sozialbetruges im großen Stil.

Mit großem Interesse registrierten die Düsseldorfer Ermittler, dass die Frau, die seinerzeit die 2600 Euro in bar eintauschen wollte, sich als die Gattin des Oberhaupts der kurdisch-libanesischen Großfamilie entpuppte. Offiziell lebten die achtfache Mutter und ihr Mann nebst Kindern von Hartz-IV-Zuwendungen. Tatsächlich aber soll die 43-jährige Libanesin als eine Art Kassenwartin den Zufluss staatlicher Stütze für die Großfamilie gesteuert haben.

Anklage gegen sieben mutmaßliche Mitglieder

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf hat nun Anklage gegen sieben mutmaßliche Mitglieder des Clans aus Leverkusen erhoben, darunter gegen den Boss und seine Frau. Zwischen 2015 und dem April 2021 sollen sie das städtische Jobcenter um 450.000 Euro betrogen haben. Bei einer Razzia im Juni 2021 fanden sich allein 340.000 Euro in bar, nebst teuren Uhren im Wert von 120.000 Euro.

Zugleich bediente der rheinische Clan mit Hilfe staatlicher Stütze über einen der Söhne einen Kredit, um eine Villa in Leverkusen-Rheindorf zu erwerben. Das Anwesen wurde durch aufwändige Sanierungsarbeiten der Sozialhilfeempfänger aufgepeppt. Die Ankläger taxieren den Wert der beschlagnahmten Immobilie inzwischen auf eine Million Euro.

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Die „Clan-Villa” in Leverkusen

Die Vorwürfe gegen die Angeklagten rund um Clan-Chef Badia Al Zein muten wie ein Ritt durch das halbe Strafgesetzbuch an: Banden- und gewerbsmäßiger Betrug, Geldwäsche, Geiselnahme, erpresserischer Menschenraub, bis hin zu gefährlicher Körperverletzung, räuberischer Erpressung, Zwangsarbeit und anderer Delikte stehen auf der Liste.

Seit Jahren drehte die Großfamilie das große finanzielle Rad. Über Strohleute suchte der Clan laut den Strafverfolgern kriminelle Gewinne zu waschen. So soll der mitangeklagte Sohn Sehmus im Auftrag seines Vaters über einen deutsche Geschäftsmann Geld zu Wucherzinsen verliehen haben. In abgehörten Telefonaten ist von zehn bis 15 Prozent pro Monat die Rede. Wenn der Schuldner nicht pünktlich zahlte, drohte man mit Prügel. Sehmus verlangte einen Gewinnanteil an dem illegalen Kreditgeschäft von bis zu 40 Prozent.

Skrupellose Schutzgelderpressung

In einem Jahr soll der inzwischen inhaftierte Boss Badia Al Zein mindestens 1,5 Millionen Euro bewegt haben. Geldwäsche über Anteile an Wettbüros und Immobilieninvestments sollen den Ermittlungen zufolge ebenfalls zum kriminellen Portfolio gehört haben. Ganze Nächte tourte der leidenschaftliche Zocker der Anklage zufolge durch die illegalen Spielklubs an Rhein und Ruhr und verspielte teils hohe fünfstelle Beträge.

Skrupellos soll der Leverkusener Clan Schutzgelder erpresst haben.14 Jahre lang, so legen abgehörte Telefonate nahe, nahm man den Betreiber einer Düsseldorfer Kfz-Werkstatt aus. Insgesamt, so die Schätzungen der Staatsanwaltschaft, soll der Firmeninhaber 230.000 Euro Schutzgeld an den Clan-Boss und seine Familie gezahlt haben.

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Zur Warnung sollen zwei Clan-Schläger am 21. November 2019 den Sohn des Erpressungsopfers brutal verprügelt haben. Der Junge erlitt schwere Gesichtsverletzungen. Gänzlich eingeschüchtert versicherte der Vater gegenüber einem der Schläger, dass er keine Strafanzeige erstatten werde.

Nach Erkenntnissen der Strafverfolger steht der Leverkusener Pate ganz oben in der Hierarchie des bundesweit auf 3000 Mitglieder geschätzten Al Zein-Clans.

Nachdem das eigentliche Oberhaupt Mahmut Uca sich in die Türkei abgesetzt hat, soll Badia Al Zein als mutmaßliche Nummer Zwei und Friedensrichter die hiesigen Geschäftsinteressen des Familiensyndikats maßgeblich beeinflusst haben. Das reichte sogar soweit, dass Belastungszeugen gegen ihn in einem Strafprozess in Essen umgedreht worden sein sollen. Die Folge: Badia Al Zein und seine Mitangeklagten kamen frei. Ob dies wieder geschehen wird, muss nun das Düsseldorfer Landgericht entscheiden.