Leverkusener KonzernCovestro-Chef warnt vor schnellem Embargo für russisches Gas
Leverkusen – Der Vorstandsvorsitzende des Leverkusener Kunststoffherstellers Covestro, Markus Steilemann, hat deutlich vor einem schnellen Embargo für russisches Gas gewarnt. „Ein sofortiges Gasembargo trifft nicht nur die chemische Industrie. Es trifft auch alle nachgelagerten Branchen“, sagte Steilemann am Donnerstag bei der virtuellen Hauptversammlung des Dax-Unternehmens. „Es könnte zum Zusammenbruch kompletter Produktions- und Lieferketten führen“, so der Vorstandschef. Hunderttausende Arbeitsplätze würden gefährdet.
Steilemann: Abhängigkeit von russischem Gas verringern
Der Krieg in der Ukraine, sagte Steilemann, zeige deutlich, dass die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen verringert werden müsse: „Und insbesondere die von russischem Gas.“ Er erwarte jedoch eine verantwortungsbewusste Entscheidung samt sachlicher Abwägung der Konsequenzen. Der Wunsch hinter den Forderungen nach einem sofortigen Import-Stopp sei nachvollziehbar, aber zu kurzsichtig: „Denn gleichzeitig müssen wir anerkennen: Die Gasversorgung Deutschlands kann nicht über Nacht neu aufgestellt werden.“
Covestro beobachte die aktuelle Situation kontinuierlich und bereite sich auf mögliche Szenarien vor, sagte Steilemann. Die langfristigen Folgen des Krieges in der Ukraine seien heute jedoch noch nicht absehbar.
Der Hersteller von Hart- und Weichschäumen sowie Hochleistungskunststoffen hatte sich nach dem Corona-Einbruch 2020 im vergangenen Jahr deutlich erholt. „Insgesamt war die Nachfrage nach unseren Produkten im abgelaufenen Jahr groß“, sagte Finanzvorstand Thomas Toepfer. „Allein die verfügbaren Produktionskapazitäten haben unser weiteres Wachstum begrenzt.“ Vor allem in den USA und Europa sei dies der Fall gewesen. „Wir waren aufgrund der hohen Produktnachfrage über weite Strecken des Jahres schlicht komplett ausverkauft.“
Covestro überflügelt das Vor-Corona-Niveau deutlich
Und so überflügelten die Zahlen 2021 das Vor-Corona-Niveau deutlich: Gut 3,1 Milliarden Euro betrug der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen – rund 1,55 Milliarden mehr als 2020 und auch 1,5 Milliarden mehr als 2019. Das Konzernergebnis betrug unter dem Strich 1,6 Milliarden Euro.
Seine Aktionärinnen und Aktionäre beteiligt der Leverkusener Dax-Konzern am geschäftlichen Erfolg mit einer Rekord-Dividende: Pro Aktie werden 3,40 Euro an die Anteilseigner ausgezahlt – 2,10 Euro mehr als vergangenes Jahr und ein Euro mehr als die bislang höchste Dividende, ausgezahlt für das Geschäftsjahr 2019.
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Für das laufende Jahr erwartet Covestro einen Vorsteuergewinn zwischen 2,5 und drei Milliarden Euro. Eingepreist sind dabei bereits 500 Millionen Euro zusätzliche Energiekosten – plus 50 Prozent gegenüber den Energieausgaben im vergangenen Jahr.
Doch es gebe „größere Unsicherheiten als in einem normalen Jahr“, sagte Toepfer – vor allem mit Blick auf die Ukraine-Krise, aber auch die Coronavirus-Pandemie sei keineswegs überwunden. Das zeigten die aktuellen einschränkenden Maßnahmen in China. Die aktuelle Prognose steht daher auf wackeligen Füßen, lässt sich aus Toepfers Ausführungen ableiten. Es sei denkbar, dass Covestro weitere 200 bis 400 Millionen Euro zusätzlich für Energie zahlen müsse.