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Digitaler TrendWie steht es um E-Sport in Leverkusen?

Lesezeit 4 Minuten
Ein junger Mann sitzt vor einem PC, die Hand an der Maus und Tastatur. Im Hintergrund sieht man LED-Lichter, die an der Wand befestigt sind und in verschiedenen Farben leuchten.

Maximilian Riemenschneider im eigens eingerichteten Gaming-Keller des TSV Bayer 04.

Einzelne Angebote für E-Sport gibt es in Leverkusen bereits. Wie diese weiter ausgebaut werden können, will die Stadt jetzt prüfen.

„Als die Eltern das erste Mal davon gehört haben, dass wir E-Sport anbieten, haben sie ziemlich skeptisch reagiert. Aber als ich dann unser Konzept erklärt habe, waren sie sehr angetan“, erzählt Maximilian Riemenschneider. Der 23-jährige, der vor Kurzem sein Sportmanagement-Studium abgeschlossen hat, leitet den neu gegründeten Bereich E-Sport beim TSV Bayer 04.

E-Sport, also elektronischer Sport, bezeichnet im Allgemeinen organisierte Wettbewerbe für Videospiele. Darunter fallen verschiedenste Spiele von Sport-Simulationen über Strategie-Spiele bis hin zu Shootern. Wie bei anderen Sportarten gibt es in vielen Ländern Teams und Einzelathleten, die national und international in ihren Disziplinen gegeneinander antreten. In Deutschland hat das Interesse an E-Sport in den vergangenen Jahren stark zugenommen, was sich unter anderem in gewachsenen Zuschauerzahlen für die im Netz übertragenen Turniere ausdrückt.

TSV Bayer 04 reagierte auf Entwicklung

Gerade unter Kinder und Jugendlichen ist die Begeisterung für Videospiele und ihre Wettbewerbe groß. Gleichzeitig finden weniger Kinder ihren Weg in traditionelle Sportvereine. Das merkte auch der TSV und beschloss deshalb, ein Angebot für Gaming zu schaffen, das sich explizit an Kinder und Jugendliche richtet. Riemenschneider sieht darin auch eine Möglichkeit, wieder mehr junge Menschen für Sportvereine zu gewinnen: „Ich denke es ist wichtig, dass wir offen sind für neue Dinge und da mit der Zeit gehen.“

Gleichzeitig sind dem TSV die Probleme und Risiken von Videospielen bewusst. Viele Minderjährige spielen zu viel, ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld zurück oder vernachlässigen körperliche Bewegung als Ausgleich. Hinzu kommen Spiele, die schlicht nicht altersgemäß für Kinder sind.

All das wird im Konzept des Gaming-Angebots beim TSV berücksichtigt: Die wöchentlich abends stattfindenden Kurse teilen sich zu je einer Hälfte in einen Teil, in dem Videospiele gespielt werden und einen Teil mit Bewegung. Neben altersgemäßen Spielen wie Minecraft oder Fifa, die als Gruppe gezockt werden, kommen die Jugendlichen so auch in Kontakt mit Fußball oder Basketball. „Nebenbei versuchen wir, als Betreuer außerdem Wissen über die Gefahren von Sucht, aber auch über gesunde Ernährung zu vermitteln“, erklärt Riemenschneider.

Die Kinder sind hellauf begeistert
Maximilian Riemenschneider

Die Kinder zumindest sind „hellauf begeistert“ von diesem Angebot. Weil sich immer mehr von ihnen anmelden, musste jetzt sogar noch ein neuer Trainer zum Bereich E-Sport hinzukommen. Und auch die Ausgestaltung ihres eigens eingerichteten, mit verschiedenfarbigen LED beleuchteten Gaming-Kellers treibt der TSV kontinuierlich voran.

Stadt will Etablierung von E-Sport fördern

Das Projekt läuft so gut, dass Riemenschneider es am Donnerstag sogar vor dem Sportausschuss der Stadt Leverkusen vorstellen durfte. Das Thema der Sitzung war eine Beschlussvorlage, die die Gründung eines Arbeitskreises mit Vertretern aus Stadtpolitik, Sportverbänden und lokalen Vereinen vorsieht. Laut der an diesem Abend angenommenen Vorlage sollen sie gemeinsam beraten, wie der E-Sport in Leverkusen weiter entwickelt werden kann und ein Konzept ausarbeiten.

Entscheidend ist, dass sich der E-Sport in Leverkusen auch weiter in und mit den vorhandenen Sportvereinen entwickeln soll. Das Konzept soll es Vereinen erleichtern, ebenfalls eigene Gaming-Abteilungen aufzubauen, so wie es bereits beim TSV passiert ist. Dieser fungiert hier ganz klar als „Modellstandort“, wie es Riemenschneider erklärt. Ziel ist auch hier, die interessierten Kinder in ein bestehendes pädagogisches Umfeld einbinden zu können, das eine gesunde Entwicklung der Teilnehmenden begünstigt. Die Förderung soll sich auf unkommerziellen Amateur-Sport beschränken.

Der nun gefasste Beschluss stößt nicht nur bei Riemenschneider auf Zustimmung. Auch Andy Franke begrüßt den Vorstoß. Er ist Kassenwart von „Gaming in Order“. Seit nun mehr zehn Jahren macht der Leverkusener Verein ehrenamtliche Arbeit zum Thema Gaming. Er bringt Menschen zusammen, die dieses Hobby teilen, aber genauso klärt er auch über die Risiken von Videospielen auf.

Ein besonderer Schwerpunkt der Vereinstätigkeit liegt bei der Förderung der Etablierung von E-Sport in der Gesellschaft. Dass jetzt endlich ein Beschluss in diese Richtung gefasst wird, sei eine „absolut sinnvolle Geschichte“. Gerade die Zusammenarbeit mit dem organisierten Sport sei genau die richtige Richtung: „Das pädagogische Personal dort bringt ja 80 Prozent der notwendigen Kompetenzen schon mit.“

Etwas Handfestes muss her

Ist damit nun alles geklärt? Das sieht Franke nicht so. Natürlich sei es erfreulich, dass man nun zum ersten Mal überhaupt vom Reden ins Handeln komme, aber bisher ist ja noch nichts passiert: „Ein Arbeitskreis macht erstmal noch keine zusätzlichen Kosten, es braucht aber Geld für die Förderung.“ Franke hofft deshalb darauf, dass am Ende auch wirklich ambitionierte Beschlüsse folgen. Wie genau die aussehen, müsse dann im Arbeitskreis besprochen werden.

Die Hoffnung auf mehr E-Sport in Leverkusen ist dennoch aktuell groß. Die Begeisterung der Kinder ist es ja sowieso. Beim Start der Kurse des TSV nach den Sommerferien haben sich mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet als jemals zuvor. Und auch die Eltern scheinen Gefallen daran zu finden, wie Riemenschneider zu berichten weiß: „Mittlerweile rufen sogar Eltern hier bei mir an, die von uns gehört haben und absolut begeistert von unserem Konzept sind.“