Auch eine Stimmenthaltung kann Zweifel ausdrücken. Viele Christdemokraten im Stadtrat hielten es so. Das Ergebnis: Die braune Tonne kann verteilt werden. Pflicht ist sie nicht.
EntscheidungBiotonne kann in Leverkusen aufgestellt werden
Kaum auszudenken, wenn das jetzt noch schiefgegangen wäre: 20 Millionen Euro hätte die Stadt aus ihrem Etat zuschießen müssen, wäre die Abstimmung über die Einführung der Biotonne nebst neuem Gebührensystem für Müllabfuhr daneben gegangen. Denn dann hätte Leverkusen nächstes Jahr keine Abfallsatzung – und könnte den Bürgerinnen und Bürgern keine Zahlungen abverlangen. Die summieren sich im Jahr auf jene rund 20 Millionen, die im Haushalt unmöglich unterzubringen wären. Es musste also eine Mehrheit her am Montagabend in der letzten Ratssitzung des Jahres.
Es war aber weniger dieses drohende fiskalische Ungemach, das Michael Molitor zu einem ungewöhnlichen Appell an seine Parteifreunde aus der CDU veranlasste. Es ging dem Stadtkämmerer darum, das ebenso große wie unvermeidliche Projekt Biotonne nach sehr viel Vorbereitung auch wie geplant umzusetzen.
Wer im Mehrfamilienhaus wohnt, hat Nachteile
Die CDU hadert nach wie vor mit der Biotonne, hält sie für unnötig, zu teuer und ungerecht, vor allem gegenüber Mietern in Wohnblocks. Die werden vorerst kaum mit braunen Tonnen versorgt, weil in großen Häusern die Biomüll-Sammlung meistens nicht funktioniert. Was Menschen, denen man ein eher geringes Einkommen unterstellt, einen Kostennachteil verschaffen dürfte: Denn das Gebührensystem mit Biotonne folgt dem Prinzip, das Sammeln von kompostierbaren Abfällen zu belohnen. Wer’s nicht tut, muss schon weniger Hausmüll machen, um nicht mehr zu bezahlen.
Für die Befürworter waren das Schlachten und Argumente von gestern. Aber weil die CDU nicht völlig allein ist mit ihrer Systemkritik, war auch am Montagabend die Mehrheit in Gefahr. Und so sagte Molitor mit Blick auf die CDU: „Ich habe die Bitte, dass alle hier auch mal Demokraten sind.“ Gemeint war: Wer mit der Biotonne hadert, muss nicht zwangsläufig mit Nein stimmen, sondern kann sich auch enthalten.
Genau diesen Weg wählte eine ganze Reihe Christdemokraten in der Abstimmung, die Fraktionschef Stefan Hebbel ausdrücklich freigegeben hatte. Auch er bezeichnete die Verknüpfung der Biotonne mit einer komplett neuen Gebührenordnung für Abfälle als „unglücklich“. Ein hausgemachtes Problem, daran erinnerte Roswitha Arnold, Grüne: Seit Jahren entspreche Leverkusens Gebührensystem nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil es darin keine Anreize gebe, weniger Abfall zu verursachen.
Freidemokratin Monika Ballin-Meyer-Ahrens relativierte die nun anstehende Entscheidung: „Es wird auf jeden Fall Korrekturen geben“ – aber man müsse jetzt mal mit der Biotonne anfangen. Das ist nun möglich, die Mehrheit stand.