Das Leverkusener Europafest hat mehr zu bieten, als nur eine kulinarische oder kulturelle Dinge.
„Hier Opposition, drüben Erdogan“Leverkusen feiert Europafest
Natürlich kann man auf dem Europafest am Schloss Morsbroich nur das Bühnenprogramm gucken – oder sich den Magen vollschlagen: Was die vielen Migrationsvereine anbieten, ist nicht viel weniger als eine Leistungsschau der Küchen dieser Welt. Die vielen Köstlichkeiten sind sonst in der Stadt übers Jahr kaum zu bekommen. Meist wurden sie von Frauen vorbereitet – dass dann fast immer die Männer am Grill stehen, zeigt doch, dass wenigstens das eine Gemeinsamkeit quer über alle möglichen Kulturen zu sein scheint. Ab 13 Uhr zogen am Sonntag blaue Schwaden von den Grills durch den Park.
Wer aber möchte, kann auf dem vom Leverkusener Integrationsrat und von der Europa-Union organisierten Fest von den Menschen etwas über Länder lernen, sich aus erster Hand über Krisen, über aus den Schlagzeilen verschwundene Naturkatastrophen schlaumachen. Denn auf dem Fest engagieren sich viele aus Ländern, in denen es Probleme gibt. Schon die Anordnung der Zelte verrät viel darüber, wer lieber von wem etwas weiter entfernt steht: ganz rechts die Türkische Ditib-Gemeinde und das Maghariba-Zentrum, die eine noch prächtigere Moschee in Manfort bauen wollen. Links dagegen ein Stand des Leverkusener Bildungscenters, das der vom türkischen Staat verfolgten Gülen-Bewegung nahesteht. „Der Integrationsrat hat das gut organisiert“, kommentiert ein Mann am Stand: „Hier Opposition, drüben Erdogan!“
Informationen aus erster Hand
Die Frauen vom Nachhilfe-Verein haben deutschen Streuselkuchen, aber auch türkische Süßigkeiten im Angebot. Zwischen ihnen und den Ständen der vielen kurdischen und alevitischen Vereine haben sich die Italienerinnen platziert, bei denen man abschauen kann, wie klassische Pasta richtig geht. Die Kurdinnen vom „Kurdischen Frauenrat“ haben auch feine Dinge zum Essen dabei. Die Gruppe besteht aus 70 Frauen, sagt eine: Türkinnen, Syrerinnen und Irakerinnen. Im Verein unterstützen sie einander gegenseitig, einige von ihnen seien von den Männern des Islamischen Staat traumatisiert worden. „Wir haben welche, die sind von denen mehrfach verkauft worden, um die muss sich jemand kümmern“, sagt eine Frau.
Vielleicht hat von ihnen deshalb keine ein Kopftuch auf, genauso wie am Stand des kleinen Vereins der Iranischen Gemeinschaft Leverkusen. In dem kümmern sich Iranerinnen umeinander, sie setzen sich von hier aus fürs Leben und für die Freiheit und für Frauenrechte ein. In den letzten fünf Jahren seien einige hinzugekommen. Am Stand eines serbischen Vereins stehen russischer Wein und andere Getränke mit kyrillischen Schildern auf der Theke. „Klar, sind wir russlandfreundlich“, sagt eine Frau und zuckt mit den Schultern. Die Dachorganisation der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland neben dem Ditib-Stand hat sich klar gegen den Überfall der Russen ausgesprochen. Drei Frauen bieten russische Waren an. Es sei kein Problem, an die russischen Produkte zu kommen, sagen sie. Einen Stand, der von einem ukrainischen Verein gemacht wird, gibt es in diesem Jahr noch nicht.