Barbara Auer und Jens Wawrczeck entführten das Forumspublikum in die schillernde Welt von Truman Capotes „Frühstück bei Tiffany“ – eine Lesung voller Eleganz, Melancholie und subtiler Gesellschaftskritik.
„Frühstück bei Tiffany“ im ForumHolly Golightly erwacht bei „Lev liest“ zum Leben

Barbara Auer und Jens Wawrczeck erwecken Truman Capotes „Frühstück bei Tiffany“ mit Stimme und Ausdruck zum Leben.
Copyright: Timon Brombach
Die Lesung im Forum beginnt und man findet sich in einer kleinen Wohnung an der Upper East Side wieder. Jens Wawrczeck verleiht dem Erzähle mit seiner unverwechselbaren Stimme jene sanfte Faszination und stille Melancholie, die Capotes Sprache so einzigartig macht. Barbara Auer hingegen lässt Holly Golightly lebendig werden: kokett, freiheitsliebend, aber auch voller unerwarteter Tiefe. Mit perfekten Pausen. Viele kennen Audrey Hepburns ikonische Darstellung aus dem Film von 1961, doch die literarische Holly ist facettenreicher – weniger verträumt, dafür scharfzüngig und geheimnisvoll. Auer trifft diesen Ton.
Sie gibt Holly nicht nur Leichtigkeit, sondern auch jene Ambivalenz, die sie zu einer der faszinierendsten Frauenfiguren der amerikanischen Literatur macht. Ihre Stimme spielt mit den Nuancen: mal spielerisch und ausgelassen, wenn Holly sich in wilden Nächten verliert, dann wieder nachdenklich und verletzlich, wenn sie von ihrer Sehnsucht nach Sicherheit spricht – einer Sehnsucht, die sich für sie im funkelnden Schaufenster von „Tiffany’s“ manifestiert.
Holly Golightly: Mehr als nur eine Stilikone
Die Inszenierung lebt von den Stimmen der beiden Vorlesenden. Wawrczeck, unter anderem bekannt aus „Die drei Fragezeichen“, bringt mit seiner Interpretation des namenlosen Erzählers jene Mischung aus Bewunderung, Skepsis und tiefer Zuneigung ein, die Capotes Protagonisten so menschlich macht. Es kommen Aspekte hervor, die im Film oft in den Hintergrund treten: die Einsamkeit Hollys, die melancholische Grundstimmung des Romans und die Gesellschaftskritik, der Autor zwischen den Zeilen versteckt. Hier geht es nicht nur um Partys und große Gesten – es geht um Menschen, die auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt sind.
Während die Lesung voranschreitet, entfaltet sich das ganze Panorama von Capotes New York. Die beschwingten und skurrilen Nebenfiguren, der bittersüße Humor – all das kommt in dieser Lesung zur Geltung. Am Ende bleibt vor allem eine Frage zurück: „Ist Holly eine Träumerin oder eine Getriebene? Eine Frau, die ihr Leben selbst in der Hand hat, oder eine, die vor sich selbst flieht?“ Truman Capotes zeitloser Roman ist auch heute noch ein Spiegel der Sehnsüchte und Ängste unserer Gesellschaft.