Fusion-Abend im Erholungshaus: Mike Stern und Band kamen zu einem kurzen, aber heftigen Gastspiel zu den Leverkusener Jazztagen.
Jazztage LeverkusenFusion-Star Mike Sterns Gebet geht nicht in Erfüllung
Der Abend startet mit Samba-Rhythmus. Leni Stern mit ihrer eher sanften, geschmeidigen Stimme leitet in den frühen Abend im Erholungshaus ein. Man fühlt sich ein wenig aus dem grauen Leverkusener November in wärmere Gefilde entführt. Alles ist easy und fließt. Wenn da nicht Dario Franceschini wäre. Der Mann am Tenor-Saxofon macht schon im ersten Song ansatzweise deutlich, dass, wer sich in ein Konzert des Fusion-Jazz-Altmeisters Mike Stern begibt, ziemlich schnell aus der Latino-Feelgood-Musikhängematte herausgeworfen wird. Und zwar heftig.
Und tatsächlich: Schon das zweite Stück reißt die Zuhörerinnen und Zuhörer im sehr gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Erholungshaus mit auf einen rasanten, rockrhythmus-betonten Ritt: Wer von dem mittlerweile 71-jährigen Stern und seiner Band zu einer Jazz-Rundreise in die 70er und 80er Jahre abgeholt werden will, der ist hier an diesem Abend genau richtig. Rund 20 Minuten dauert das Stück und alle, wie sie da sind, dürfen in mal kürzeren, mal längeren Soli ihre Meisterschaft an ihren Instrumenten unter Beweis stellen. Neben Stern und Franseschini sind das die Gitarristin Leni Stern, seit vielen Jahren mit Stern verheiratet, der unfassbar präsente Schlagzeuger Dennis Chambers und Bassist Chris Minh Doky.
Mike Stern mit einer politischen Botschaft
Bevor Stern dann den dritten Titel ankündigt, wendet er sich mit einer kurzen politischen Botschaft ans Publikum: „Let's all pray that Kamala Harris wins...“ – „Lasst uns alle beten, dass Kamala Harris gewinnt“. Stern spricht noch weiter, doch der Rest geht irgendwie im zustimmenden Jubel und Beifall aus dem Publikum unter. Überliefert sind aber die Worte „... not that fucking Trump“. Die Gebete waren am Dienstag vergeblich, aber musikalisch kam die Fusion-Jazzgemeinde an der Nobelstraße voll auf ihre Kosten.
Der dritte Song „Echoes“, Titelsong des neuen Albums der Band, erinnert wie Vieles an diesem Abend an bestimmte Weather-Report-Titel, Kunststück, hat Mike Stern doch Anfang der 80er Jahre auch jahrelang mit Jaco Pastorius zusammen gearbeitet. Der 65-jährige Drummer Chambers und der zehn Jahre jüngere dänische Bassist Doky lieferten sich in dem Stück einen spannenden Wettbewerb um die Frage, wer von beiden wohl das rockigere Herz mit seiner Jazzmusikerseele vereint.
Das Publikum spendete von Mal zu Mal mehr Applaus und wollte auch nach 75 Minuten gar nicht aufhören. Doch seinen mit minutenlangen standing ovations vorgetragenen Wunsch nach einer Zugabe musste Mike Stern abweisen. Fast schien es dem Jazz-Altstar ein wenig peinlich. Als das Publikum immer weiter applaudierte, kam Stern, eigentlich schon auf dem Weg von der Bühne, noch mal kurz zurück, verbeugte sich abermals in Richtung Publikum und sagte lächelnd: „We appreciate that.“ – „Wir wissen das zu schätzen.“ Aber da war nix zu machen: Am gleichen Abend traten auch noch das „Dave Weckl/Tom Kennedy Project“ und die „Bill Evans VansBand“ auf. Mehr als eineinviertel Stunden Mike Stern waren da nicht drin.