Kinopolis und Scala wieder geöffnetWie funktioniert ein Kinobesuch in Corona-Zeiten?
- Die Kinos haben wieder geöffnet, doch die Zuschauer reagieren noch verhalten.
- Hinzu kommt, dass viele Kinostarts verschoben wurden.
- Wir haben die beiden Leverkusener Lichtspielhäuser Scala und Kinopolis besucht, um zu sehen, wie Kino in Zeiten von Corona funktioniert.
Leverkusen – Endlich ist es wieder möglich, ins Kino zu gehen. Wir haben uns in der den beiden Lichtspielhäusern der Stadt umgeschaut, wie ein Kinobesuch in Zeiten der Pandemie aussieht.
Scala: „Mit diesen Platzkapazitäten eigentlich kein wirtschaftlicher Betrieb“
„Berlin Alexanderplatz“. Nadine Melzer hat den drei Stunden-Film schon im Februar auf der Berlinale gesehen. „Er hat mich umgehauen, danach musste ich eine Stunde erstmal klarkommen“, erzählt die Betreiberin des Scala Cinema Opladen. Es war ihre erste Berlinale, bei der sie das kommende Programm kennenlernen konnte. Letzten Donnerstag lief das Werk von Regisseur Burhan Qurbani nun in den Kinos an. Der Saal ist leider nur spärlich besetzt, ein Zeichen der immer noch herrschenden Angst vor Ansteckung. Melzer würde diese Angst gern nehmen.
Ausverkauft mit 23 Gästen
Auch Thomas Schöneborn, ehemalige Kinoleitung, der immer noch das Programm mitgestaltet, bestätigt: „Wenn man mal mit dem Zirkel anderthalb Meter um sich herum abmisst, merkt man, dass das schon ein ganz schöner Abstand ist.“ So fasst der Kinosaal nur noch 27 Prozent der ursprünglichen Besucherzahlen, das bedeutet im großen Kino zirka 40 Besucher. Doch auch diese Besetzung wird selten erreicht, zuletzt war eine Vorführung der Kling-Verfilmung „Die Känguru Chroniken“ im kleineren Saal mit 23 Zuschauern ausverkauft.
Der Betrieb läuft nur mühsam wieder an. „Mit diesen Platzkapazitäten ist das eigentlich kein wirtschaftlicher Betrieb“, sagt Schöneborn. Auch wenn bis zu 100 Menschen bei einer Veranstaltung wieder erlaubt wären – „die Abstandsregelungen sind das Problem“. Ebenso kommt das übliche Sommertief zum Tragen.
Aus unerwarteter Richtung bekam das Scala jedoch am Mittwoch erfreuliche Nachrichten: Das BKM, die Förderung für Kultur und Medien des Bundes, verleiht dem Kino einen Programmkinopreis in Höhe von 7500 Euro. Normalerweise werden die Preise erst im Oktober verliehen; jetzt sind sie wichtige Kompensation für die Umsatzausfälle. Dazu gab es bereits Zuschüsse vom BKM sowie von der Film- und Medienstiftung NRW. Eine große Erleichterung, wenn auch gerade so ausreichend: „Also, wenn das so weitergeht mit dem Betrieb, dann geht das schon an die Substanz“, bekennt Schöneborn. Traurig ist das Betreiber-Duo auch darüber, dass die geplanten Modernisierungs- und Renovierungspläne für ihr Kino nun erst einmal hintangestellt werden müssen. „Jetzt steht das Überleben im Vordergrund“, so Melzer.
Etwas mehr Glück für Arthouse-Kinos
Seit dem 18. Juni hat das Scala wieder geöffnet, zunächst mit einer Testphase für das Hygienekonzept und die neuartigen Abläufe. „Und um an die Leute zu bringen, hey, wir sind wieder da!“ Am 2. Juli war dann die halboffizielle Eröffnung mit dem Film „Gentlemen“.
„Die Arthouse-Kinos stehen programmtechnisch etwas besser da“, erzählt Schöneborn. „Undine“ und „Berlin Alexanderplatz“ sollten bereits im März erscheinen und konnten deshalb jetzt sofort auf die Leinwände gebracht werden. In Hollywood stünde jedoch noch alles still. Auch im Scala waren bereits die ersten Tickets für „James Bond“ reserviert – nun ist der Start auf unbestimmte Zeit verschoben.
Die neue „Berlin Alexanderplatz“-Verfilmung stößt auf stark auseinandergehende Kritiken. Fest steht: Es ist ein Hammer von Film, vor allem, wenn man lange nicht mehr so dicht vor so einem großen Schirm saß und mitten ins Geschehen hineingesaugt wird. Langweilig wird das Drama um einen in der Hauptstadt untergehenden schwarzen Neuankömmling nicht.
Aber es ergeht sich leider oft in Sentimentalitäten, Berechenbarkeiten und den Bemühungen, den leidgeplagten Francis als Identifikationsfigur darzustellen. Immer geht es um die Frage nach dem Guten und dem Bösen, um in einem klassischen Kitsch-Ende zu zeigen, dass nun alles gut sei.
Albrecht Schuch verfolgt einen jedoch als unheimlicher, gekrümmter Drogendealer bis in die (Alb-)träume. „Berlin Alexanderplatz“ läuft im Scala Cinema Opladen jeden Tag, ebenso wie „Die Känguru-Chroniken“, der übrigens mit nach dem Lockdown gedrehten 30 Extrasekunden ausgestattet ist. Am Mittwoch, 22. Juli, wird „Blues Brothers“ zum 40-jährigen Jubiläum gezeigt, eine vom Verleih konzertierte Aktion. Weitere Filme sind dem Programm zu entnehmen, auch Dokumentationen laufen nun wieder regelmäßig mittwochs und sonntags. Hingehen lohnt sich, keine Angst.
(Rosanna Großmann)
Kinopolis/Cineplex: „Möge die Maske mit dir sein“
Auf einer der Leuchttafeln im Eingangsbereich des Kinopolis Kinos prangt der schwarz maskierte Schädel von Star-Wars-Bösewicht Darth Vader. „Möge die Maske mit dir sein“, steht in weißen Buchstaben darüber. Beinah ist der zischende Atem des Sith-Lords zu hören, doch unter der Stoffmaske des Nebenmannes staut sich allenfalls unangenehm der feucht-warme Atem. Wie an allen anderen öffentlichen Orten gilt auch im Leverkusener Kinopolis eine Maskenpflicht. Erst wenn die Zuflucht des Kinosessels erreicht ist, darf die Mund-Nasen-Bedeckung abgenommen werden.
Nicht dass an diesem Abend besonders viel los wäre, hier im Kino. Die Mitarbeiter hinter der Snack-Theke stehen mit verschränkten Armen nebeneinander, hin und wieder tauschen sie ein paar Sätze aus, dann heißt es wieder warten. Die Regale hinter ihnen haben sie bereits gefüllt: Schwarze Plastikschalen voll Nachos stehen dort, Tüten prall gefüllt mit Popcorn. Ob sie wohl noch gekauft werden, heute Abend?
Stillstand in Hollywood
Der Sommer ist ohnehin eine schwierige Zeit für Kinobetreiber, doch Mathias Eusterholz, dem Betreiber des Kinopolis, bleiben die Besucher in diesem Jahr zusätzlich durch die Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus aus. Beinahe vier Monate musste er sein Kino vollständig schließen, seit einigen Wochen flimmert es nun endlich wieder auf seinen Leinwänden. Langsam laufen auch wieder einige neue Filme an, die meisten Kinostarts aber wurden verschoben – auf Ende des Jahres oder noch später, auf die ungewisse Zeit nach Corona, wann auch immer diese beginnen wird.
Währenddessen setzt auch das Kinopolis auf Abstands- und Hygieneregeln. Auf den Gängen und im Eingangsbereich wurden Desinfektionsspender aufgestellt. Im gesamten Gebäude muss eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden, allein während der Filmvorführung darf sie abgenommen werden. Im Kinosaal versucht der Betreiber dagegen durch eine Reduzierung der Sitzplätze für Abstand zu sorgen. Jeweils ein Sitz muss zwischen jedem Besucher beziehungsweise zwischen jedem Besucherpaar frei bleiben.
Ein Film im Zeichen der „Black Lives Matter“-Proteste
Gestartet ist Anfang Juli unter anderem das Biopic „Harriet – Der Weg in die Freiheit“. Ein Film, der wie gerufen kommt in diesen Zeiten, die schließlich nicht allein von der Pandemie geprägt sind, sondern auch im Zeichen der „Black Lives Matter“-Proteste stehen. „Harriet“ erzählt die Geschichte von Harriet Tubman, einer der bedeutendsten afroamerikanischen Freiheitskämpferinnen des 19. Jahrhunderts. Geboren als Araminta Ross, genannt Minty, war sie selbst Sklavin auf den Plantagen der Familie Brodess. Als es ihr gelingt, der Sklaverei zu entfliehen, schließt sie sich unter ihrem neuen Namen Harriet Tubman in Philadelphia William Still an, der in der Anti-Slavery Society Sklaven aus der Gefangenschaft befreit.
Dass die Regisseurin Kasi Lemmons Tubmans beeindruckende Biografie nun endlich auf die Leinwand gebracht hat, ist ein wichtiges Zeichen. Denn allzu lange sperrte man sich in Hollywood gegen die Verfilmung einer Geschichte, deren Heldin nicht nur schwarz, sondern dazu noch eine Frau ist.
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So mutet der geschichtsträchtige Film geradezu befreiend an, als er mit seinen mitreißenden Bildern und der überragenden schauspielerischen Leistung von Cynthia Erivo in der Hauptrolle dieses ganz besondere Dunkel von Kinosaal acht im Kinopolis erleuchtet. Befreiend, weil er endlich einmal wieder in diesen speziellen Zustand irgendwo zwischen Raum und Zeit zu versetzen vermag, der nur in einem Kinosaal zu finden ist. Die Pandemie ist weit weg, jedenfalls bis der Abspann über die Leinwand gelaufen ist. (Rebecca Lessmann)