Konzert im Schloss MorsbroichL'arte Del Mondo und Sandro Roy begeistern
Leverkusen – Ein Sonntagvormittag im Spiegelsaal des Schlosses, mit Musik und Publikum im Sinne von Menschen, die live vor Menschen auftreten: Das klingt erstens wie ein Anachronismus – schließlich gab es das viel zu lange nicht mehr. Und es klingt zweitens ebenso gut, wie das, was die Musikerinnen und Musiker bei dieser Post-Lockdown-Premiere bieten.
Werner Erhardt und sein Ensemble L’arte del Mondo im Verbund mit dem Violinisten Sandro Roy sind als Konzert-Kombination allerdings auch eine viel zu sichere Bank, als dass diese Sache auch nur ansatzweise schiefgehen könnte.
Spielerische Rafinesse
Im Gegenteil: Die ausgewählten neun Akteurinnen und Akteure des in Leverkusen beheimateten Orchesters für Alte Musik bestechen auch in dieser kleineren, dieser kammermusikalischen Form. Die spielerische Rafinesse und technische Souveränität kommen sogar noch stärker zur Geltung als bei der Orchesterbesetzung. Gerade einer wie Werner Erhardt, der seine Projekte stets mit Nachdruck, mit Verve und mit einer durchweg angenehmen und nie negativen Verbissenheit verfolgt, genießt das sichtlich.
Diese Rückkehr nach und nach in den Konzertbetrieb ist eine Freude für ihn, die sich in seinem Spiel Bahn bricht und die er den Musizierenden um ihn herum offensichtlich ansteckend vermittelt hat. Evaristo Felice Dall’Abacos „Concerto Nr.1“ in seiner ganzen barocken Opulenz ist da der ideale Einstieg ins Konzert. Wer ausgehungert ist, der braucht eben mehr als nur einen Snack, um den Mangel auszugleichen – auch wenn es um Kultur geht.
Jungstar der Klassikszene
Dann stößt Sandro Roy hinzu. Jungstar der Klassikszene, der sich vor allem das hemmungslose Überschreiten musikalischer Grenzen auf die Fahnen geschrieben hat. Er mischt das Klassische mit Gypsy-Elementen, taucht beizeiten in weltmusikalische Sphären und gar Jazz-Gefilde ab – und zeigt im Schloss, was ihn außerdem derart besonders macht, dass ihn die Bayer-Kultur als Künstler im eigenen Programm „stART“ fördert und in der Szene Stück für Stück die Erfolgsleiter weiter nach oben schiebt: Sandro Roy ist ein Musiker, der Töne mit Physis, der Akustisches mit Optischem vermischt.
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Wenn er etwa im Georg Friedrich Händels komponierten und von Massimiliano Toni bearbeiteten „Perpetuum Passacaglia“ einzelne, langgezogene Violintöne von der Saite springen und in den Raum flirren lässt, dann ist sein Körper der Bogen, der die Musik losjagt. Er spannt sich an, wird wieder geschmeidig, spannt sich wieder an, rührt sich wieder.
Eigene Stücke als Höhepunkte
Höhepunkte sind dann die eigenen Stücke des Nachwuchskünstlers. Etwa sein „Concerto op.1“, bei dem er zum Chef im Ring wird und sein Können in der aktuell möglichen Vollendung zeigt: Sandro Roy gibt die Einsätze der anderen mit Fingerzeigen und Armbewegungen vor, während er spielt. Er lobt und zollt Respekt mit Lächeln und Kopfnicken. Er rauscht rasant und entrückt durchs Arrangement und tänzelt und windet sich.
Und Werner Erhardt und sein Ensemble gehen Tempo wie Leidenschaft mit. Man kann auch sagen: Da haben sich zwei Seiten gefunden, die zuvor vielleicht nicht gesucht haben – so lange ist Sandro Roy ja noch nicht auf der Bühne der Relevanz aktiv. Aber es sind eben auch zwei Seiten, die sich zweifelsohne mit Nachdruck gesucht hätten, wenn sie voneinander gewusst hätten. Und dass sie sich in Zukunft einmal verlieren, kann man nicht glauben. Mehr noch: Man will es nicht.