Songspiel im ErholungshausIn Leverkusen erfüllt sich ein Herzensprojekt
Leverkusen – Der Regisseur Bruno Berger-Gorski ist derzeit zweierlei: Er ist dankbar. Und er ist ein Idealist. Einer, der sich Dinge, die ihm wichtig sind, Herzensprojekte, in den Kopf setzt und dann versucht, sie gegen alle Widrigkeiten durchzuziehen. Zum Beispiel die Aufführung des Songspieles „Mahagonny“ aus der Feder von Kurt Weill und Bertold Brecht mit Sängerinnen und Sängern aus Deutschland und Israel. In Leverkusen.
Eigentlich sollte dieses Stück vor der Synagoge in Köln gezeigt werden. Dieser Plan zerschlug sich jedoch. Es anderswo unterzubringen, sei „nicht so einfach“ in Zeiten, in denen gerade in Deutschland ein Anschlag auf Menschen jüdischen Glaubens – wie im vergangenen Jahr in Halle – noch allgegenwärtig ist und nachwirkt. Offenbar, sagt Berger-Gorski, regiere die Angst, Werke von Autoren wie Weill, also Autoren jüdischen Ursprungs, aufzuführen.
Angespannte Lage
Hinzu komme die politisch chronisch angespannte Lage in Israel, vornehmlich Tel Aviv. „Die dortigen Studierenden der Musik haben kaum Möglichkeiten, sich irgendwo außer Landes zu präsentieren.“ Das müssten sie aber. „Sie benötigen solche Gelegenheiten.“ In Leverkusen stieß der in Köln und Wien lebende Berger-Gorski bei den Verantwortlichen der Bayer-Kultur zuletzt jedoch auf die lang ersehnten offenen Ohren. „Hier habe ich, haben wir als Ensemble, die Möglichkeit bekommen, auf die Bühne zu gehen. Und dafür bin ich sehr dankbar“, sagt Berger-Gorski.
Er wird „Mahagonny“ am 27. Oktober im Erholungshaus zeigen. Mit den Sängerinnen und Sängern Mima Millo, Rommie Rochel, Ognjen Milivojsa, Ilja Aksionov, Ron Silberstein und Shlomi Moto Wagner. Mit dem international renommierten englischen Dirigenten Hilary Griffiths. Und nicht als kommerzielle Veranstaltung im Sinne von: für alle und mit Ticketverkauf. Sondern – was ihm in diesem Falle viel wichtiger ist – als Stück für Leverkusener Schülerinnen und Schüler.
Diskussion mit Jugendlichen
Mit ihnen wolle er dadurch, im Anschluss an die gut 35-minütige Aufführung bei einer Diskussionsrunde in den Dialog kommen. Über Antisemitismus heutzutage sprechen. „Es ist eine tolle Möglichkeit, junge Menschen mit ins Boot zu holen bei so einem Thema“, sagt auch Bayer-Dramaturg und Programmleiter Christoph Böhmke, der nicht minder begeistert ist von dem Projekt.
„Mahagonny“ handelt vom Aufstieg und Fall der gleichnamigen imaginären US-Stadt, in der sich die Menschen zwischen Konsumwahn, Prostitution, Drogensucht, Gewalt nach einem glücklichen Leben sehnen und am Ende scheitern. Uraufgeführt wurde es 1927 beim Deutschen Kammermusikfestival in Baden-Baden in einem eigens dafür konzipierten Boxring als Bühnenbild. Und es war vom Fleck weg umstritten: Die einen jubelten begeistert. Die anderen fluchten. Und zwar so vehement, dass Brecht und Weill die Partitur zurückzogen.
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Das Songspiel verschwand in der Versenkung und würde dort wohl noch immer sein, wenn Berger-Gorski es nicht für sich und sein Ensemble entdeckt hätte. In Wien hat er „Mahagonny“ schon einmal gezeigt – mit anderem Konzept und in anderer Besetzung allerdings. Weshalb „Mahagonny“ in Leverkusen als Premiere durchgeht. Und als ein Projekt, das höchst relevante, maximal wichtige Geschichte und gesellschaftliche Belange vermittelt.
Kostenlose Anmeldung
„Mahagonny“ wird am Mittwoch, 27. Oktober, um 19 Uhr im Namen des „Opernvereins Europäisches Musiktheater“ im Erholungshaus für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe aufgeführt. Kostenlose Anmeldungen dafür sind per Mail möglich (carolin.sturm@bayer-com).