Amtsgericht Leverkusen20-Jähriger schweigt nach Brandstiftung in Schlebuscher Mietshaus

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Zusammengeschmolzener „Plastikkuchen“, wie der Brandermittler den Feuerherd nannte, vor dem Mietshaus in der Martin-Luther-Straße am 17. Juni 2021.

Zusammengeschmolzener „Plastikkuchen“, wie der Brandermittler den Feuerherd nannte, vor dem Mietshaus in der Martin-Luther-Straße am 17. Juni 2021.

Der Freund einer Schlebuscherin ist beschuldigt, im Juni 2021 ein Feuer in ihrem Keller gelegt zu haben. Die Umstände scheinen verworren.

Ein Knall aus dem Keller hatte Anwohner eines Mietshauses in Schlebusch am 16. Juni 2021 aufschrecken lassen. In der Martin-Luther-Straße war ein Feuer ausgebrochen, das dritte an jenem Haus in jenem Jahr. Zwei Wochen zuvor hatte eine Mülltonne, im Mai ein Papiercontainer gebrannt. Die Kripo ermittelte. Nun steht der Freund einer Bewohnerin des Hauses vor Gericht.

Der 20-Jährige sagte am ersten Verhandlungstag nichts zu dem Vorwurf. Er kommt aus Schwedt bei Berlin, habe in einer Whatsapp-Gruppe die Schlebuscherin kennengelernt und sei 2020 nach Leverkusen gekommen. So erzählte es seine Freundin am Montag im Amtsgericht Opladen. Die 34-Jährige war als Zeugin geladen. Sie ist groß und breit, trug Turnschuhe, Leggins und eine graue Winterjacke. Wenige Meter entfernt saß ihr Freund auf der Anklagebank: klein, dünn, Flaum am Kinn und knittriges Karohemd. Die Beziehung sei mal enger, mal sähen sie sich länger nicht. Vor und nach der Verhandlung wechselte das Paar jedenfalls keine Worte.

Geschmolzene blaue und graue Tonnen.

Die Mülltonnen in der Martin-Luther-Straße hatten zuvor schon gebrannt.

Anwohner hörten Knall aus dem Keller

Ob der Angeklagte den Brand gestiftet habe, wisse sie nicht. Je länger die Verhandlung dauerte, desto schwieriger schien die Frage nach der Schuld zu beantworten. Was geschah am 16. Juni? Die junge Frau habe ihren Freund gebeten, zwei City-Roller und eine Kiste aus ihrer Parterre-Wohnung in ihr Kellerabteil zu bringen. Einmal sei er heruntergegangen und auch schnell wieder hochgekommen. Doch jetzt wird es kompliziert: Ein weiterer Freund der Schlebuscherin sei in ihrer Wohnung gewesen. Und auch sie seien locker zusammen gewesen. Als der Angeklagte wieder hochgekommen sei, habe er den Nebenbuhler gefragt, ob er tragen helfen könne. Dieser Gang in den Keller habe länger gedauert. Dann hätten die beiden von einem Knall erzählt.

Den hatte auch eine Anwohnerin gehört, die auf ihrem Bett gesessen hatte und aufgeschreckt sei, erzählte sie am Montag. Sie habe einen Nachbarn geholt, wollte mit ihm im Keller nachsehen. Aber da sei ihnen schon der Rauch entgegengeschlagen. Was die beiden jungen Männer ab dann machten, wurde am ersten Verhandlungstag nicht klar. 

Beamte griffen den Angeklagten erst Tage nach dem Brand in einem ICE Richtung Bielefeld auf. Er drohte mit Suizid, die Polizei brachte ihn in die Psychiatrie. Gemeldet ist er nur über eine Adresse der Caritas. Der andere Freund der 34-jährigen Mieterin war auch als Zeuge geladen. Doch er ist nicht aufzufinden. Die Fragen der Richterin, der Staatsanwältin und des Verteidigers schienen vielfach darauf abzuzielen, ob nicht er auch als Täter infrage kommt.

Brandermittler erzählt vom „Kunststoffkuchen“

Ein Brandermittler erzählte von dem „Kunststoffkuchen“, wie er die zusammengeschmolzenen Überreste aus dem Kellerregal, das gebrannt hatte, nannte. Der Knall stammte wahrscheinlich von einer Sprühdose, die in der Hitze platzte. Anhand der Rauchspuren an den Wänden des fensterlosen Kellerabteils sei klar: In dem Regal muss der Brand entstanden sein. Die meisten Fragen konnte der Polizist nur wenig konkret beantworten, denn die Feuerwehr habe schon Türen geöffnet, die vermutlich geschlossen waren und den Raum auf der Suche nach Glutnestern zerpflückt, bevor er eingetroffen sei. Aber zwei Punkte stellte er klar: Das Feuer im Keller ist klar das Ergebnis von Brandstiftung. Und: Der Täter muss einen Schlüssel zum Haus und dem Abteil gehabt haben.

So kompliziert die Beziehungen der Zeugin mit den zwei Männern auch scheinen, so schwierig sich die Rekonstruktion, wer wann wo war, in der Verhandlung erwies, belastet ein Umstand den Angeklagten schwer. Denn den Schlüssel zu ihrem Keller gab es laut der Hausbewohnerin nur einmal. Der hänge stets an ihrem herzförmigen Schlüsselbrett und sie habe ihn am Brandabend dem Angeklagten für das Verstauen der Tretroller gegeben. Am 21. Februar wird die Verhandlung fortgesetzt.

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