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Fieldcamp des Amateur-Radio-ClubsEs funkt zwischen Leverkusen und Bracknell

Lesezeit 4 Minuten
Jochen „Joe“ „DL4KCA“ sucht mit einer selbstgebauten Antenne, deren Elemente Pfeile aus dem Bogensport sind, nach Funksignalen.

Jochen „Joe“ „DL4KCA“ sucht mit einer selbstgebauten Antenne, deren Elemente Pfeile aus dem Bogensport sind, nach Funksignalen.

Aus ganz Deutschland und teilweise sogar aus dem Ausland besuchen Amateurfunker das Camp in Steinbüchel.

Der hohe Funkmast ist schon von der Berliner Straße aus zu sehen. Hier am östlichsten Zipfel Steinbüchels kurz vor Burscheid hat der Leverkusener Ortsverband des Deutschen Amateur-Radio-Clubs seit Sonntag sein jährlich stattfindendes Kump-Fieldcamp auf einer Anhöhe an der Straße Hahnenblecher bezogen. „Früher haben Funker die Fernseher gestört, heute stören sie uns. Deswegen geht man so weit raus“, erklärt Ben, dessen Amateurfunkzeichen „DO1BEN“ lautet (unter Funkern ist diese Kennung deutlich relevanter als der Nachname). Eine Woche lang campieren hier zwölf Funker des Clubs. Neben Bauwagen zum Funken sind Zelte zum Schlafen und Zusammensitzen sowie eine Küche mit Grill und eigener Zapfanlage aufgebaut. Laut Ben ist das Camp, falls notwendig, komplett autark.

Auch der bereits erwähnte Funkmast sei trotz seiner stattlichen Höhe von 25 Metern nicht dauerhaft auf dem Gelände des Fieldcamps positioniert: „Das THW hat den hier hochgezogen“, erläutert Ben. Es handele sich um einen ausgemusterten Anhängermast der Bundeswehr, mit dessen Hilfe das Militär früher im Ernstfall das Radar feindlicher Einheiten störte. Darum ginge es hier im Camp natürlich nicht. „Ganz simpel gesprochen reden wir hier mit Satelliten dorthin, wo du nicht hingucken kannst“, führt Ben aus. Die Höhe des angefunkten Satelliten in der Stratosphäre bestimme dabei die Entfernung.

ISS dient als Satellit, um Funker aus anderen Ländern zu erreichen

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt veröffentliche die anfunkbaren Satelliten, erklärt Ben weiter. „Das ist unser Satelliten-Man“, sagt er und zeigt auf Jochen „Joe“ „DL4KCA“, der eine selbstgebaute Stabantenne in den Händen hält: „Damit geht der Joe auf Satelliten-Jagd.“ Joe hat die Antenne nicht umsonst gezückt. „Gleich kommt die ISS vorbei“, kündigt er an. Diese bewege sich mit 7,2 Kilometern pro Sekunde und diene als „Repeater“ für Funksignale, um mit Funkern in anderen Ländern in Verbindung zu treten. Es dauert nicht lange und Joe hat Kontakt zu einem Funker in Irland, Spanien, Italien und Tschechien. Seine Aufgabe bestehe nun darin, den jeweiligen Standort zu lokalisieren und dann eine Empfangsbestätigungskarte zu schicken, schildert Joe die nächsten Schritte.

Mitglieder des Leverkusener Ortsvereins vom Deutschen Amateur-Radio-Club vor ihrem Bus mit Yagi-Antenne auf dem Gelände des Fielcamps.

Mitglieder des Leverkusener Ortsvereins vom Deutschen Amateur-Radio-Club vor ihrem Bus mit Yagi-Antenne auf dem Gelände des Fielcamps.

Als Jugendlicher habe er zunächst mit CB-Funk-Antennen experimentiert, berichtet Joe. Als sein Vater ihn einmal zu einem Dachfunker mitgenommen habe, sei er von der technischen Ausstattung derart fasziniert gewesen, dass ihn das Funkfieber nicht mehr los gelassen habe. Seit 42 Jahren betreibe er das Hobby. In dieser Zeit habe er über 44.000 Funkkontakte gehabt. Ziel sei es, mit allen Ländern der Welt zu funken. „Amateurfunk ist Völkerverständigung“, stellt der Funker fest.

Funkkontakt zu Leverkusens Partnerstadt Bracknell glückt

Der Städteverständigung widmet sich derweil Ben. Um 15 Uhr ist an diesem Dienstagnachmittag über die Frequenz 7,115 MHz ein Funkkontakt mit dem Bracknell Amateur Radio Club aus der Partnerstadt Leverkusens vereinbart. Trotz des nahenden Gewitters hält die Verbindung. Mit dem Engländer Martin „2E0XBZ“ verabredet Ben eine intensivere Kontaktpflege der beiden Amateur-Radio-Clubs, die ungefähr alle drei Monate per Funk und gegebenenfalls auch mal über Zoom stattfinden soll. Ziel sei es darüber hinaus, die beiden Bürgermeister der Partnerstädte über Funk zu „connecten“, teilt Ben mit.

Das Kump-Fieldcamp mit einem mobilen, 25 Meter hohen Funkmast.

Das Kump-Fieldcamp mit einem mobilen, 25 Meter hohen Funkmast.

Neben der Kontaktaufnahme zu anderen Funkern sei eines der Hauptziele, die Jugend für ihr Hobby zu begeistern, betont Ben. „Das Bild eines Amateurfunkers ist ein alter Mann mit Hemd und Cordhose, der alleine mit seinen Antennen in der Wohnung sitzt“, führt er aus. Dies entspreche nicht der Realität, weshalb man beispielsweise gezielt an Schulen für das Funken werbe. So habe ihr Radio-Club in der Vergangenheit maßgeblich mitgeholfen, eine Funkverbindung für Schülerinnen und Schüler des Werner-Heisenberg-Gymnasiums herzustellen, die mit Alexander Gerst auf der ISS kommunizieren wollten, berichtet Ben.

Die meisten Mitglieder kämen aus einem technischen Bereich, aber insgesamt sei bei ihren 156 Mitgliedern in Leverkusen ein Querschnitt der Gesellschaft vertreten, stellt Ben klar. Dass dem Amateurfunken tatsächlich auch eine hilfreiche gesellschaftliche Aufgabe zukommen könne, hätten insbesondere die zurückliegenden Flutkatastrophen gezeigt, als Telefon- und Handy-Netze teilweise zusammengebrochen seien. „Wir können die Bevölkerung beruhigen“, erklärt Ben. Wenn Angehörige oder Freunde die Frage umtriebe, ob ihre Liebsten in Krisengebieten wohl auf seien, könnten sie dies gegebenenfalls über Funk in Erfahrung bringen.