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Holocaust-Gedenken in LeverkusenAusstellung erinnert auch an Wiesdorfer Familie Heumann

Lesezeit 3 Minuten
In der Forum-Galerie. Foto: Ralf Krieger

Die Klezmer-Jazz-Band „Crazy Freilach“ begleitete die Eröffnung in der Forum-Galerie musikalisch. Foto: Ralf Krieger

Mehr als man kennt – näher als man denkt: Mit einer Ausstellung unter diesem Titel eröffnet die Stadt ihre Aktionswochen gegen Antisemitismus.

Seit er sechs Jahre alt gewesen sei, habe er das Wort „Jude“ als Schimpfwort gegen ihn gehört, erinnert sich Werner Heumann viele Jahre später. Und er habe sich öfter in Prügeleien seiner Haut erwehren müssen. Heumann ist 1913 oder 1914 in Wiesdorf geboren worden. Er, seine drei Brüder Joseph, Helmut und Alfred, seine Schwester Ruth sowie seine Eltern Selma und Leopold Heumann gehörten in den 1920er-Jahren zur respektierten Gesellschaft des aufstrebenden Industriestädtchens. Vater Leopold, Teilnehmer am Ersten Weltkrieg, Malermeister, war kurzzeitig für die DDP sogar Mitglied im Stadtrat.

Doch das half alles nichts. Werner Heumann emigrierte mit gerade Anfang 20 1934 oder 1935 nach Palästina, da waren die Nazis Ende Januar 1933 gerade an die Macht gekommen. Seine Brüder verließen Deutschland ebenfalls nach Übersee. 1941 schafften es sogar Mutter Selma und Schwester Ruth noch, in die USA zu kommen, wo die anderen inzwischen auch waren. Die Familie war wieder vereint. Bis auf Vater Leopold, der bereits 1931 an den Folgen einer Kriegsverletzung gestorben war.

Nachzulesen ist die Geschichte der Familie Heumann, die in der Breidenbachstraße zu Hause war, in der Ausstellung „Mehr als man kennt – näher als man denkt“, die am Freitagnachmittag in der Galerie im Forum eröffnet wurde. Und durch alle Grußworte und Ansprachen vor den mehreren Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörern zog sich eine Warnung und ein Appell. Das, was Werner Heumann als Kind und Jugendlicher in Wiesdorf erlebt hat, das erleben viele Jüdinnen und Juden in Deutschland auch heute wieder, deshalb: „Nie wieder ist jetzt – das ist die derzeitige Losung, wegen der Bedrohung und Beleidigung vieler Jüdinnen und Juden“, sagte etwa Günter Hinken, Leiter der Volkshochschule.

Nie wieder ist jetzt – das ist die derzeitige Losung, wegen der Bedrohung und Beleidigung vieler Jüdinnen und Juden.
Günter Hinken, Leiter der Volkshochschule

Hinken hatte die Wanderausstellung der Landeszentrale für politische Bildung nach Leverkusen geholt und mit seinem Team um zwei so berührende wie informative Objektgeschichten erweitert – neben der Ehrenurkunde für Werner Heumann zum Sportfest 1923 noch der Torafinger aus der Synagoge in Opladen, den die katholische Remigius-Kirche nach der Zerstörung der Synagoge 1938 jahrzehntelang aufbewahrt und vor Jahren feierlich dem Verein Davidstern zurückgegeben hatte.

Oberbürgermeister Uwe Richrath berichtete von einer Fahrt mit einem türkischstämmigen Taxifahrer. Der habe ihm von seiner Tochter erzählt, die ihn angesichts des konspirativen Treffens von AfD-Politikern mit anderen Rechtsextremisten zum Thema massenhafte Vertreibungen gefragt habe: Sind wir in Deutschland noch sicher? Richrath forderte Engagement der Bürgerinnen und Bürger angesichts der rechtsextremistischen Umtriebe: „Es ist jetzt Zeit, das nicht zu tolerieren. Wir müssen aufstehen. Wir müssen die Zukunft unserer Kinder sichern.“

Es ist jetzt Zeit, das nicht zu tolerieren. Wir müssen aufstehen.
Oberbürgermeister Uwe Richrath

Die Ausstellung erzählt auf etwa anderthalb Dutzend großformatigen Foto-Aufstellern die Geschichten von Objekten, die mit der jüdischen Geschichte in und der Vertreibung der Juden aus Deutschland zu tun haben. Das ist ein Fahrrad, mit dem Ernst Humberg aus dem niederrheinischen Dingden in die Niederlande floh und das er mitnahm ins kanadische Exil. Da ist die Anstecknadel der SS-„Ordensjunker“ aus Vogelsang in der Eifel, die viele Altnazis auch nach dem Krieg noch stolz am Revers trugen. Alle Objekte stammen aus NS-Gedenkstätten in NRW. Die und ihre Geschichten sind auch online anzuschauen.

Was man nicht anschauen kann, ist der Schmerz und das Leid der vertriebenen jüdischen Familien. „Bis zum Schluss litten die Mitglieder der Familie Heumann unter dem Verlust der Heimat“, berichtete Hinken. Vor ihrem Haus in der Breidenbachstraße 6 gibt es übrigens noch keinen Stolperstein, der daran erinnert, dass sie dort einmal gelebt hat.


Öffnungszeiten

Die Ausstellung ist bis zum 25. Februar von Montag bis Donnerstag, 9 bis 20 Uhr, Freitag bis 18 Uhr sowie am Wochenende während der Forums-Veranstaltungen geöffnet. Es können auch Führungen für Schulklassen und Gruppen angefragt werden unter: info@vhs-leverkusen.de