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Schnelles Auto, aber unreifLeverkusener bekommt milde Strafe – Rennen war nicht nachweisbar

Lesezeit 4 Minuten
So sah das Motorrad nach dem Unfall aus.

So sah das Motorrad nach dem Unfall aus.

Das Opfer, ein Fahrprüfling, leidet bis heute unter den Verletzungen des Unfalls in Odenthal.

Für die Staatsanwältin stand fest: Der schwere Unfall am 19. April 2023 in Odenthal auf der Scheurener Straße war geschehen, weil ein 18-jähriger Leverkusener mit seinem Mini-Cooper auf der Kreisstraße ein verbotenes Rennen gegen einen Porsche gefahren war und die Kontrolle verloren hatte. Bewiesen werden konnte das vorm Leverkusener Amtsgericht am Donnerstag, 25. Juli, aus Sicht des Richters Torsten Heymann aber nicht mit letzter Sicherheit. In seinem Urteil kam er deshalb zu einer vergleichsweise milden Verwarnung nach Jugendstrafrecht für den schweren Unfall mit mehreren Verletzten.

Der zur Tatzeit 18 Jahre und neun Monate alte Angeklagte war an dem Tag auf der Scheurener Straße in der scharfen Kurve nahe Selbach aus der Kurve getragen worden, weil er nach Erkenntnissen eines Unfallgutachters viel zu schnell unterwegs war. Er rutschte auf die Gegenfahrbahn und stieß erst frontal gegen das Motorrad eines 20-jährigen Leverkusener Fahrschülers, der gerade seine Prüfungsfahrt absolvierte. Das Motorrad und der Fahrschüler flogen durch den Aufprall durch die Luft. Der 18-jährige Unfallfahrer stieß schließlich frontal in das Begleitauto. Der Fahrschüler wurde erheblich an der Hand, den Zähnen und Beinen verletzt, bis heute leidet er unter den Folgen. Lehrer und Prüfer erlitten Schleudertraumata.

Der PKW des Angeklagten nach dem Unfall.

Der PKW des Angeklagten nach dem Unfall.

Dass er grundsätzliche Freude an Autos habe, erklärte der Angeklagte bei seiner Aussage, er macht eine Ausbildung bei BMW. Seinen Mini-Cooper hatten ihm die Eltern zum 18. Geburtstag geschenkt, der Wagen war tiefer gelegt und sei getunt gewesen, wie er selbst sagte.

Eine Zeugin hatte klar ein Rennen beobachtet. Sie hatte auf einem Wanderparkplatz etwa eineinhalb Kilometer entfernt vom Unfallort Fotos mit ihrem Mann gemacht und gesehen, wie zwei Autos „mit einem unwahrscheinlichen Tempo von bestimmt 100 Sachen“ in Richtung Selbach gerast seien. „Solche Idioten“, habe sie noch gedacht, erzählt die Zeugin. Als sie Minuten später an einer Straßensperre von dem Unfall erfuhr, machte sie gleich eine Aussage. Nur dafür, dass die Beteiligten im Augenblick des Unfalls noch Rennen fuhren, gab es keine Zeugen. Der Angeklagte stritt das ab – er muss sich nicht selbst belasten. Er sprach lediglich von einem Überholvorgang, der Porsche sei sehr langsam gefahren. Auch dem Richter schien es, als habe er gelogen. Das sagte er in der Urteilsbegründung.

Weißer Porsche mit falschem Nummernschild?

Der andere Wagen soll ein mit zwei Männern besetzter Porsche Taycan (Motorenvarianten gibt es von 408 bis 952 PS) gewesen sein. Der sei auch als erster an den Unfallort gekommen, berichtete der Fahrlehrer. Er habe die zwei Männer aus dem Porsche gebeten, die Unfallstelle nach oben abzusichern. Als der Rettungswagen eintraf, hätten die Männer Platz gemacht und seien mit dem Porsche einfach davongefahren. Das Kennzeichen hatte sich der Fahrlehrer zur Hälfte gemerkt, nur konnte die Polizei dem kein passendes Auto zuordnen, womöglich fuhr der Taycan mit falschem Nummernschild.

Der Fahrschulprüfling war über den Mini geflogen, aber er war ansprechbar, obwohl der Prüfer und der Fahrlehrer damit gerechnet hatten, dass er tot sei. Das komplett zerstörte Motorrad lag im Wald. Der Fahrlehrer hat inzwischen seinen Beruf gewechselt, wegen der Erlebnisse drei Therapien gemacht.

Sie haben erhebliches Leid verursacht, weil es Ihnen Spaß macht
Richter Torsten Heymann

„Scheiße, scheiße, scheiße“, den Kopf in die Hände gestützt, habe der Unfallfahrer, selbst nur unwesentlich verletzt, auf der Leitplanke gesessen. Auf Anweisung des Fahrlehrers musste er so den Rettungseinsatz abwarten. Den heute 20-Jährigen beschrieb eine Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe als unreif, er wohne bei den Eltern, könne keine Waschmaschine bedienen. Im Klartext: ein verwöhntes Muttersöhnchen mit Reifeverzögerung, deshalb sei Jugendstrafrecht anzuwenden.

Das Urteil: Erwiesen ist eine grobe Verkehrswidrigkeit. Weitere sechs Monate Sperre, dann kann der Leverkusener versuchen, beim Straßenverkehrsamt den Führerschein zu beantragen. An den verletzten Fahrschüler muss er 1000 Euro zahlen, an Fahrlehrer und Prüfer je 250 Euro. „Sie haben erhebliches Leid verursacht, weil es Ihnen Spaß macht“, sagte Richter Heymann, „man muss sich fragen: sollten wir Leuten wie Ihnen überhaupt erlauben, hochmotorisierte Autos zu fahren“.

Es ist das zweite Leverkusener Urteil innerhalb kurzer Zeit, bei dem ein für unreif erklärter junger Mann einen schweren Unfall gebaut hat und letztlich glimpflich davonkommt.