Die neue Webseite war ein Anfang: Das typische Leverkusen-Grün soll geändert werden.
Aus Sattgrün soll Mint werdenStadt Leverkusen ändert Farbgebung im Erscheinungsbild
„Das Grün hat so nicht mehr stattgefunden“, sagt die Leiterin des Presseamts, Britta Meyer, als sie erklären soll, wieso das 1971 gemeinsam mit der Leverkusener Raute eingeführte satte „Leverkusen-Grün“ auf der neu gestalteten Webseite weitgehend verschwunden ist. Das Leverkusener Grün war irgendwas zwischen Gras- und Tannengrün, der Druck war nicht immer ganz gleich, aber doch unverwechselbar satt. Grün soll das Leverkusener Erscheinungsbild zwar bleiben, aber anders: Es wird durch ein blasses Mintgrün abgelöst, das wirkt etwas kälter, weniger kraftvoll.
Die schwarze Raute bleibe, das Grün werde geändert, sagt die Amtsleiterin. Auf lange Sicht soll das nicht nur auf der Webseite geschehen, sondern auch in „analogen“ Anwendungen übernommen werden, also Formulare, vielleicht Schilder, ganz klar scheint man das bei der Stadtverwaltung noch nicht zu wissen. Britta Meyer: „Wir wollten das Grün so nicht mehr haben.“
Wer das bestimmt hat? Man habe von Beginn an Gleichstellungsbüro, das Amt für Digitalisierung, das Personalamt, den Verwaltungsvorstand und den Behindertenbeirat mit ins Boot geholt, so Meyer. Die neue Webseite sei unter Verwendung des alten Designs als Vorlage und unter Vorgabe, die Leverkusener „Raute“ zu verwenden, entworfen worden. „Das neue und nun online-geschaltet Design sei barrierefrei in der Kontrastierung“, schreibt Meyer.
„Machen kann man viel, aber wenn ich sowas nicht sauber begründen kann, dann hat es keinen Sinn“, sagt der Kommunikationsdesigner und Grafiker Gunna Holz vom Opladener Designbüro B3 zum neuen Grün, „ich wüsste gerne, warum“.
Die Stadt habe mit der Raute und mit dem kontrastreichen, kraftvollen Grün eine tolle Farbe und Logo gehabt, sagt er.
Rein formal, sagt er, sei das alte Grün einfacher zu drucken als das Mintgrün, es sei kontrastreicher und es habe längst Wiedererkennungswert. In den vielen Jahren, in denen man ein Logo und eine Farbe konsequent verwende, baue sich zudem ein Wert auf, vergleichbar dem Wert einer Marke, davon verliere Leverkusen etwas durch die Änderung der Farbe.
Für Grafiker wie Holz, ist so ein Wechsel etwas anderes, als eine neue Autofarbe auszusuchen: „Fragen Sie mal Coca-Cola, ob die ihr Rot auswechseln würden.“ Der Leverkusener Grafiker Peter Lorenz sagt, er fände es gut, wenn das originale Grün wenigstens irgendwo erhalten bliebe, um alte Designelemente weiter nutzen zu können, aber auch, um das satte Grün später wieder hervorholen zu können.
Das Logo und die Farbe stammen aus dem Jahr 1970. Das zu der Zeit extrem vitale, aufstrebende und reiche Leverkusen hat sich damals für den besten entschieden: Entwickelt wurde es im Büro des deutschen Design-Papsts Otl Aicher aus Ulm, der, nebenbei, als Schüler zum Freundeskreis der Geschwister Scholl gehört hatte. Aicher selbst hatte 1970 im Stadtrat geredet und gesagt, dass der Stadt ein visuelles Merkmal, eine Persönlichkeit, guttun würde – das Erscheinungsbild müsse aber konsequent und durchgängig verwendet werden.
Dass man mit dem jungen Leverkusen nichts Geschichtliches verband, war für Aicher kein Makel, „man vermutet hier Leute, die das 20. Jahrhundert bejahen“, sagte er damals mit dem Blick von außen. Ob er den Auftrag annehmen könne, wusste er 1970 noch nicht, denn er war noch zu sehr mit dem Erscheinungsbild der Olympischen Spiele 1972 beschäftigt, für die er zum Beispiel die heute noch gebräuchlichen Sport-Piktogramme entworfen hat.
Das Büro Aicher nahm den Leverkusener Auftrag schließlich an: Das Ergebnis war die Raute und das satte Grün. Schon nach wenigen Jahren begann die Diskussion, weil das neue Erscheinungsbild der Stadt nicht konsequent genug durchgezogen wurde. Otl Aicher und den ausführenden Designer Rolf Müller können wir nicht fragen, beide sind tot.