Im nächsten Leben Busfahrer?Warum ein Leverkusener Wupsi-Fan sein Hobby nicht zum Beruf machte

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Bernhad Geuß steht vor einem Regal. Auf dem Kopf trägt er eine Schaffnermütze, um den Hals hängt ihm ein Galoppwechsler.

Bernhard Geuß und sein kleines privates Wupsi-Museum – auch die Schaffnermütze ist ein Original.

Bernhard Geuß ist selbsternannter „Wupsiloge“. Zum 100-jährigen Bestehen des Busverkehrs in Leverkusen gibt er Einblicke in sein privates Wupsi-Museum.

An einem Ort zu wohnen, an dem nicht im Fünf-Minuten-Takt ein Wupsi-Bus vorbeifährt, das ist für den Oberquettinger Bernhard Geuß kaum vorstellbar. Ein Glück, dass der selbsternannte „Wupsiloge“ beim Blick durch sein Fenster den Verkehr auf der Lützenkirchener Straße – und damit unter anderem die Linien 201 und 205 – bestens im Blick hat.

Als Fan des regionalen ÖPNVs outet sich der 64-Jährige nicht nur für alle Vorbeifahrenden: Gut sichtbar prangen auf dem Giebel seines Hauses Zeichnungen alter Busse und Bahnen. Auch drinnen ist seine Leidenschaft kaum zu übersehen. Dort, im privaten Wupsi-Museum, lassen sich Relikte längst vergangener Zeiten finden, ordentlich drapiert hinter einer Vitrinenscheibe.

In einem Regal liegen unter anderem ein Galoppwechsler, alte Fahrscheine und eine Stanzerzange.

Kleines Wupsi-Archiv: Zu finden sind hier unter anderem Galoppwechsler, alte Fahrscheine und eine Stanzerzange.

Eine alte Schaffnermütze liegt da etwa, vergilbte Fahrscheine, eine Stanzerzange und Galoppwechsler. Letztere dienten den Schaffnern vor vielen Jahren zum schnellen Wechseln der Münzen, erzählt Geuß. Abgeheftet in akkurat beschrifteten Ordnern lassen sich im Regal daneben Bilder, Niederschriften und Fahrpläne finden, die die inzwischen 100-jährige Geschichte des Verkehrsunternehmens nachzeichnen. In Rahmen hängen bunte Abbildungen alter Busse an den Wänden.

Vier Bilderrahmen mit Zeichnungen von Bussen hängen an einer Wand.

Vergrößert und eingerahmt hat Bernhard Geuß die Titelbilder der Fahrpläne aus den Jahren 1950 bis 1954.

Geuß muss man nur ein Stichwort zuwerfen, schon findet er ein Dokument und die passenden Anekdoten dazu, ob es das Bestehen der Wupsi während der NS-Zeit ist, die Namensherkunft des Unternehmens oder Expansionen in den 50er Jahren – in seinen sprudelnden Erzählungen ist er kaum zu bremsen. 

Schon als Kind erkannte er die Busse am Motorengeräusch

Was die Initialzündung für seine Begeisterung – oder wie er es nennt: „Obsession“ – war, das kann er selbst nicht sagen. Von Kindesbeinen an habe er sich für Linienbusse interessiert. „Das ist völlig irrational“, sagt er. Schon mit jungen Jahren, da konnte er noch nicht lesen und schreiben, erkannte er die Busse an ihrem Motorengeräusch.

Besonders angetan hatten es ihm die lindgrün-beigen Exemplare der Bahn des Rhein-Wupper Kreises, Vorgänger der heutigen Wupsi-Busse. „Und ganz doll verliebt habe ich mich in den Büssing Präsident, ein Bus-Typ mit einer besonders profilierten Front“, erinnert er sich schmunzelnd. Das Highlight war ein Geschenk seiner Mutter: ein gedruckter Fahrplan mit allen Buslinien in der Region. Spätestens da war es um ihn geschehen.

Auf dem Giebel von Bernhard Geuß' Haus ist eine Zeichnung mit zwei Bahnen und zwei Bussen zu sehen.

Die Zeichnung auf seinem Giebel entwarf Bernhard Geuß selbst.

Fahrtzeiten, Streckenverläufe und Haltestellen, all das konnte er nun studieren, während eigentlich Zeit für Schularbeiten war. Später dann, als Geuß seinen Führerschein hatte, sei er ständig im Bergischen unterwegs gewesen, um alles mal in echt zu sehen. „Das kannte ich bis dahin ja nur aus der Theorie“, sagt er. Vom Betriebshof in Wipperfürth wurde er bei seiner ersten Kontaktaufnahme allerdings erst einmal verjagt, auch Briefe führten ins Leere. „Die dachten, ich hätte einen Dachschaden, aber ich ließ mich nicht abwimmeln.“

Doch irgendwann hatte er dann den Fuß in der Tür, durchstöberte Archive und interviewte die ersten Fahrer- und Schaffnergenerationen des Verkehrsunternehmens, das 1924 als „Kraftverkehr Wupper-Sieg AG“ gegründet wurde. Gerade ist er dabei, das geballte Wissen in seinem zweiten Buch über die Wupsi zu bündeln. Sein Hobby zum Beruf machen wollte Geuß trotzdem nie. „Gott sei Dank habe ich erkannt, dass die Leidenschaft schnell schwinden könnte.“

Hauptanliegen von Bernhard Geuß: die Leistung der Menschen in Ehren halten

Stattdessen ist er Lehrer geworden. Am Erzbischöflichen Suitbertus Gymnasium in Düsseldorf unterrichtete er Theologie und Geografie, später auch Politik und Wirtschaft. Mit seiner Leidenschaft hielt der Geschichtsfan aber auch dort nicht hinter dem Berg. Ein Abiturjahrgang schenkte ihm sogar einen Hoodie, der Aufdruck: „Im nächsten Leben werde ich Busfahrer.“

Das theoretische Know-how dazu hätte er vermutlich. Der Arbeit des Buspersonals begegnet er dennoch ehrfürchtig. Fahrgäste sicher zu befördern und die Logistik hinter dem Betrieb zu stemmen, seien beeindruckende Leistungen, die in Leverkusen jeden Tag vollbracht werden. 

Auch deshalb sei die Wupsi aus seiner Heimatstadt inzwischen nicht mehr wegzudenken. Die Geschichte der Menschen im Unternehmen müsse deshalb in Ehren gehalten werden. Obwohl sich der Blick vieler Verantwortlichen der Zukunft des Unternehmens widmet, laut Bernhard Geuß darf auch die Vergangenheit nicht vernachlässigt werden. „Ein gesunder Baum bedarf (schließlich) Wurzelpflege“ – ganz besonders im Jubiläumsjahr.


Der Verein „Wir für Leverkusen – ein starkes Stück Rheinland“ veranstaltet am Sonntag, 2. Juni, gemeinsam mit der Wupsi und dem Bergischen Geschichtsverein eine Tagesfahrt unter Leitung von Bernhard Geuß.

Anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Wupsi sollen die Teilnehmenden auf der Fahrt nachempfinden, wie sich das Unternehmen gegründet und zum „Mobilitätsmacher“ entwickelt hat. Die Tour geht durch Engelskirchen, Lindlar und Kürten sowie Wipperfürth, Radevormwald, Odenthal und Bergisch Gladbach. Start ist in Much, Ausklang in Leverkusen.

Der Preis für diese ganztägige Tour inklusive Bergischer Kaffeetafel beträgt pro Person 50 Euro. Tickets sind in den Wupsi-Verkaufsstellen in Wiesdorf (City-Point), am Opladener Busbahnhof sowie im Betriebshof Fixheide erhältlich. Auch im Bus können, soweit noch vorhanden, Tickets gekauft werden. Los geht es um neun Uhr am Busbahnhof Opladen, Bussteig 10, und am Busbahnhof Leverkusen-Mitte um 9.15 Uhr. Die Reisegruppe wird gegen 18.45 beziehungsweise 19 Uhr wieder in Leverkusen sein. (vig)

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