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Szenisches Hörspiel„Die Innenseite des Glücks“ kommt nach Leverkusen

Lesezeit 4 Minuten
Heinz-Dieter Haun vor einem Koffer voller Briefe.

Ein Koffer voller Briefe: Heinz-Dieter Haun ist in Rheindorf aufgewachsen, seine Eltern haben sich im Saal der Gaststätte Norhausen kennengelernt

Hein-Dieter Haun hat die Geschichte seiner Eltern zwischen 1939 und 1949 verarbeitet.

Beim Rausgehen fällt Heinz-Dieter, genannt Heinz-D., Haun noch etwas auf. Er deutet auf den Fußboden im ersten Teil des Saales der Gaststätte Norhausen in Rheindorf. Der dunkle Holzboden ist Anfang des 20. Jahrhunderts in der Traditionsgaststätte verlegt worden. Äste verursachen noch leichte Wölbungen im Boden, dazwischen ist es glatt. „Meine Eltern haben diesen Boden sozusagen mit "glattgetanzt"“, sagt Haun und lacht.

Haun (73) ist in Rheindorf aufgewachsen, inzwischen lebt er in Bergisch Gladbach. Mit dem Saal der Gaststätte verbinden ihn nicht nur die unzähligen Stunden, die er hier auf diversen Feiern verbracht hat, sondern auch die Geschichte seiner Eltern.

Dort, auf einer Tanzveranstaltung, hatten sich Pius und Helene im November 1939 kennengelernt. Dann musste sein Vater als Sanitäter in den Krieg. Theaterpädagoge Heinz-D. Haun hat nun aus den mehr als 100 Briefe seines Vaters sowie ein paar seiner Mutter aus den Jahren 1939 bis 1949 ein szenisches Hörspiel gemacht und kommt damit nach Leverkusen: in den Saal, in dem seine Eltern sich kennengelernt hatten.

Heinz-Dieter Haun im Saal der Gaststätte Norhausen.

Heinz-Dieter Haun im Saal der Gaststätte Norhausen: Hier hat er schon viele Stunden verbracht, ebenso seine Eltern.

Die Briefe lagert Haun in Mappen in einem braunen Koffer, den sein Vater mitgebracht hatte, als er 1949 aus russischer Kriegsgefangenschaft nach Hause gekommen war. Pius Haun ist 1995 gestorben, seine Frau Helene 2003. Als Haun und sein Bruder Klaus Erich den Hof der Eltern in Rheindorf auflösten, konnten sie die Briefe nicht wegwerfen. Gelesen hatten sie sie zu der Zeit allerdings noch nicht.

Dann grub sich Heinz-D. Haun in das Thema ein. Er las die Aufzeichnungen und historische Dokumente, um den Weg seines Vaters im Krieg nachzuverfolgen. Denn der hatte die Briefe zwar numemriert und datiert, aber nicht geschrieben, wo er war. Bei der Recherche kamen auch schmerzhafte Details zutage. So sei die Einheit seines Vaters an Kriegsverbrechen in Belarus beteiligt gewesen, sagt Haun.

Ein Zettel mit handgeschriebenen Zeilen.

Aus diesem Zettel hat Haun den Titel „Die Innenseite des Glücks“ für sein Projekt entnommen.

Sein Vater sprach nicht über den Krieg mit den Kindern, was seine Frau Helene wusste, weiß Heinz-D. Haun nicht. Wenn der Sohn davon erzählt, wie er die Briefe gelesen hat, die sich seine Eltern geschrieben haben, muss er aufpassen, dass ihm nicht die Tränen kommen. Zwischen 1939 und 1949 hatten sich seine Eltern kaum gesehen. 1941 hatten sie sich verlobt, 1942 geheiratet.

Bereits wenige Tage nach dem Kennenlernen in der Gaststätte wurde Pius Hein einberufen. Zunächst fuhr er jeden zweiten Abend mit dem Fahrrad von Roggendorf/Thenhoven nach Rheindorf, im Winter 1940 wurde er versetzt in den Krieg gegen Holland, Belgien und Frankreich. Kurz vor dem Angriff vom Überfall auf Russland hielt er sich in Ostpreußen auf.

„Ich hab oft abends lange am Schreibtisch gesessen und gelesen, mir kamen die Tränen“, sagt Haun. „Diese Liebe trotz der Distanz berührt mich immer noch sehr.“ Er habe seine Eltern noch mal ganz neu kennengelernt und eine große Nähe aufgebaut. „Aber ich hatte sowieso immer ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern.“

Leverkusen: Heimkehr nach Rheindorf

Mit „Die Innenseite des Glücks“ bringt Haun nun die Geschichte seiner Eltern auf die Bühne. Den Titel hat er sich einem Papier entliehen, das er in den Aufzeichnungen seines Vaters gefunden hatte. Haun selbst liest, singt und erzählt. Er habe seinen Eltern selbst geschriebene Lieder in den Mund gelegt. Es wird auch Bildprojektionen geben. Zwei Musiker wirken mit, vier weitere Akteure sprechen, sein Bruder Klaus Erich ist für die mediale Assistenz zuständig, Raimund Finke für die Regie. Geschaffen hat Heinz-D. Haun das alles alleine.

Und damit habe er in ein Wespennest gestochen, wie er nach den ersten Aufführungen in Bergisch Gladbach festgestellt hat: „Ich habe viele Briefe von Leuten bekommen, die ich gar nicht kannte.“ Von Leute, die offenbar eine ähnliche Familiengeschichte haben. „Es gibt sicher viele, die in ihrer Familie nicht viel über den Krieg gesprochen haben, aber dachten, da ist noch irgendwas im Busch.“ Hagen Norhausen, der die Gaststätte in fünfter Generation betreibt, freut sich auf die „Heimkehr“ von Haun: „Der Name ist vielen Menschen hier im Dorf noch immer sehr präsent.“


Die Innenseite des Glücks – Pius und Helene 1939-1949“, Sonntag, 24. September, 17 Uhr, Saal Norhausern, Felderstraße 17, Eintritt 15 Euro, ermäßigt zehn. Reservierungen unter 02202/250837 und hdhaun@posteo.de.