FeuerwehrEin- bis zweimal im Monat müssen die Retter in Leverkusen zum Rhein

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Kopfsprung in den Rhein: Strömungsretter der Feuerwehr Leverkusen zeigen, wie man Leute aus dem Rhein rettet.

Kopfsprung in den Rhein: Strömungsretter der Feuerwehr Leverkusen zeigen, wie man Leute aus dem Rhein rettet.

Die Leverkusener Feuerwehr zeigt, wie man Leute aus dem Rhein rettet und rät vom Schwimmen im Strom ab.

Die Übung, die bei der Leverkusener Feuerwehr heute ansteht, heißt: „Rettung einer Person“. Der Ernstfall kann eintreten, wenn sich im Sommer jemand verschätzt hat, als er nur mal ein bisschen am Rheinufer planschen wollte und der starke Sog des Stroms ihn beim Schwimmen ungewollt erfasst hat. Nicht selten haben solche „Schwimmer“ auch noch ordentlich Alkohol intus.

Verboten ist das Schwimmen im Rhein nicht, die Feuerwehr will mit einer öffentlichkeitswirksam vorgeführten Übung vor Wiesdorf am Anleger aber davor warnen. Der Hintergrund, weshalb eine hilflose Person im Wasser treibt, ist nicht selten tragisch. Die meisten derartigen Einsätze kommen zustande, weil Personen mit Selbstmordabsicht von einer der Kölner Brücken gesprungen sind. „Da kommt gleich einer bei euch vorbei“, lautet die Ansage aus Köln an die Leverkusener Feuerwehr, die dann sofort ihren Beobachtungsposten an der Wacht am Rhein einnimmt. Meist ist zusätzlich ein Hubschrauber im Einsatz und die Feuerwehr stellt neuerdings auch einen Drehleiterwagen auf, in dessen Korb Kollegen im Ausguck mit einem Feldstecher die Wasseroberfläche absuchen.

Am Übungstag steht der Kölner Pegel bei 4,50 Meter, der Rhein fließt heute mit einer Geschwindigkeit von etwa neun Kilometer in der Stunde, also fast doppelt so schnell, wie ein guter Schwimmer. Darauf folgt die Regel für Leute, die, warum auch immer, in den Rhein geraten sind: Niemals versuchen, gegen den Strom anzuschwimmen. Damit verausgabt man sich unweigerlich, man gerät viel eher in Panik. Also eher treiben lassen und nur ruhig in Richtung Ufer schwimmen. Doch da lauert die nächste Gefahr: Besonders in Ufernähe bilden sich Strudel und Strömungen, von denen man von außen nicht ahnen könne, wie heftig sie an einem ziehen können, beschreibt Thorsten Kreutz, Leiter der Feuerwehrabteilung Tauchen und Wasserrettung, die Kräfte des Stroms unter der Oberfläche. Ein bisschen zu erkennen sind die Strömungen an den unterschiedlichen Kräuselungen oder der Glätte der Wasseroberfläche.

Strömung im Rhein, erkennbar an der Kräuselung der Oberfläche.

Strömung im Rhein, erkennbar an der Kräuselung der Oberfläche.

Eine der Gefahren, in die sich auch Badende begeben, die noch nicht mal  richtig schwimmen, ist der Sog, den die Frachtschiffe verursachen. Sie verdrängen mehrere tausend Tonnen Wasser. Wenn sie vorüberfahren, sinkt und steigt der Wasserstand in den Badebuchten; schnell könne man so in den Strom gezogen werden, sagt Kreutz.

„Rhein heißt nicht rein“: Strömungsretter der Feuerwehr Leverkusen zeigen, wie man jemanden aus dem Rhein rettet.

„Rhein heißt nicht rein“: Strömungsretter der Feuerwehr Leverkusen zeigen, wie man jemanden aus dem Rhein rettet.

In der Strommitte, wo auch die Übung stattfindet, gibt es weniger Strudel, aber dort fahren die großen Schiffe, eine sehr große Gefahr für Schwimmer. Garantiert tödlich ist es, wird ein Schwimmer in die Schiffsschraube gezogen. Und das geschieht wohl nicht selten, sagt einer der Feuerwehrmänner in aller Drastik: „In Rotterdam ist noch kein Körper als Ganzes angetrieben.“

Gerettet: Sören Kortschlag (links) und Philip Nöker sind wieder im Boot.

Gerettet: Sören Kortschlag (links) und Philip Nöker sind wieder im Boot.

Auch die an der Übung beteiligten Retter lassen sich nicht auf einen Kampf gegen die Strömung ein und achten darauf, dass sie den Frachtern nicht zu nah kommen. Der Feuerwehrmann Sören Kortschlag ist heute der Freiwillige. Mit Neoprenanzug, Flossen und Schwimmweste macht er in der Strommitte vom Feuerwehrboot einen Kopfsprung ins Wasser, dann lässt er sich treiben.

Das Boot mit dem Rettungsschwimmer Philip Nöker an Bord dreht eine Kurve und legt sich in vielleicht zehn Meter Entfernung neben den zu Rettenden, stellt die Maschinen auf Stopp und lässt sich treiben

Das Boot mit dem Rettungsschwimmer Philip Nöker an Bord dreht eine Kurve und legt sich in vielleicht zehn Meter Entfernung neben den zu Rettenden, stellt die Maschinen auf Stopp und lässt sich treiben.

Das Boot mit dem Rettungsschwimmer Philip Nöker an Bord dreht eine Kurve und legt sich in vielleicht zehn Metern Entfernung neben den zu Rettenden, stellt die Maschinen auf Stopp und lässt sich treiben. Nöker macht einen Kopfsprung und krault zu Kortschlag.  Dann ist es eine Sache von Sekunden, bis beide wieder im Boot sind, die triefenden Männer werden von Kollegen an Bord gezogen.

Sören Kortschlag (links) und Philip Nöker haben gute Laune bei der Übung.

Sören Kortschlag (links) und Philip Nöker haben gute Laune bei der Übung.

Die Feuerwehrboote sind Landungsboote mit einer absenkbaren Bugklappe, das erleichtert das Hereinziehen eines Geretteten erheblich. Fast jede Woche, sagt Kreutz, übt die Feuerwehr mit ihren Leuten auf oder am Wasser.

Bei den meisten Einsätzen, wenn etwas im Rhein an Leverkusen vorbeitreibt, heißt der Einsatz allerdings nicht „retten“, sondern „bergen“, denn die wenigsten sind noch am Leben. Mehrfach im Jahr müssen die Strömungsretter Leichen aus dem Rhein bergen. Entgegen dem normalen Vorgehen werden diese Fälle in der Regel von der Behörde nicht veröffentlicht, weil es sich überwiegend um Selbstmorde handelt. Dann kommt die Kripo ins Spiel. „Wir haben schon alles hier gesehen: Von Körpern, die ganz kurz im Wasser lagen, bis zu solchen, an denen schon Muscheln wuchsen“, sagt einer der Retter, „das sehen zu müssen, ist Teil des Berufs“. Für den Fall, dass es mal jemand nicht so gut verkraftet, gibt es psychologische Unterstützung in der Dienststelle, sagt Feuerwehr-Pressesprecherin Lisa Heider.

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