Daten zeigen, dass Einsamkeit eine Volkskrankheit ist. Die Gemeinde St. Stephanus organisiert deshalb seit zehn Jahren Gemeinschaft.
Zehn Jahre „Einfach da“Wie ein Leverkusener Verein gegen die Einsamkeit vorgeht
„Am 1. April 2014 sind wir gestartet – nicht als Aprilscherz“, berichtete Birgit Lennarz von der katholischen Kirchengemeinde St. Stephanus lachend. Die offene Begegnungsstätte „Einfach da“, die an der Breidenbachstraße 13-15 mitten in der Wiesdorfer Innenstadt liegt, feiert am Samstag, 24. August, ihr zehnjähriges Bestehen. Ansprechpartnerin Lennarz zeigte sich froh darüber, dass sich das Projekt der Kirchengemeinde so gut gehalten und entwickelt habe.
Als der Trekkingladen „Einfach weg“, der sich vorher in dem Ladenlokal befand, auszog, habe der damals amtierende Priester Ralf Hirsch angestoßen, „den Raum mit ganz einfachen Mitteln zu einem Ort der Begegnung einzurichten und einfach mal zu gucken, wie das angenommen wird“, erzählte Lennarz. An verschiedenen Tagen in der Woche seien hier immer ein paar Ehrenamtler anwesend, die einfach mal zuhören. Das gesellschaftliche Problem der Einsamkeit habe sie zu diesem Schritt bewogen. Obgleich die Begegnungsstätte einen katholischen Träger habe, sei es ihr wichtig zu betonen, dass dies ein offener Ort für alle sei und niemand abgewiesen würde, so Lennarz.
Verschiedene Gruppenaktivitäten an Leverkusener Begegnungsstätte
Laut der Leiterin des Forums für Ehrenamt in der Gemeinde St. Stephanus suchen viele Menschen auf diesem niedrigschwelligen Weg Gesellschaft und die zwanglose Möglichkeit zusammenzusitzen, ohne etwas konsumieren zu müssen. Darüber hinaus hätten sich verschiedene Gruppen etabliert, deren Angebot die Menschen wahrnehmen könnten. So existiere zum Beispiel ein Handarbeitskreis, der sich mittwochs von 9.30 bis 12 Uhr treffe. „Das ist unser größte Renner“, bilanzierte Lennarz. Zudem leite die Autorin Waltraud Weiß einen Literaturkreis, der die älteste noch bestehende Gruppenaktivität darstelle und ebenfalls „extrem beliebt“ sei.
Weiterhin habe es in der Vergangenheit Projekte gegeben, die sich ganz konkreten Anliegen widmeten: 2015 habe die Begegnungsstätte ein sehr gut angenommenes „speech dating“ für Geflüchtete angeboten, wobei die syrischen Teilnehmer alle fünf Minuten den Tisch wechseln mussten, um mit verschiedenen Menschen in einer ungezwungenen Umgebung Deutsch zu sprechen. In einem anderen Projekt namens „Rolli to go“ organisierte ein mittlerweile verstorbener Mann mit Behinderung Touren für andere körperlich beeinträchtigte Menschen. Jeder, der eine Idee zur gemeinsamen Freizeitgestaltung habe, könne diese hier vortragen, bekräftigte Lennarz.
Basisdemokratische Organisation
Aktuell seien bei „Einfach da“ zwölf ehrenamtliche Mitarbeiter fest tätig. Das Spektrum der Hintergründe sei dabei breit gefächert und die katholische Konfession sei kein Beteiligungskriterium. Die Begegnungsstätte werde dabei durch sogenannte Mitarbeiterrunden basisdemokratisch geführt, hob die Ehrenamtsleiterin hervor. Neben der Möglichkeit für lokale Künstler, ihre Werke auszustellen, beherbergt das Ladenlokal auch eine kleine Bücherei, bei der dreimal in der Woche gebührenfrei Bücher, Zeitschriften, DVDs, CDs und weitere Medien ausgeliehen werden können.
Diese gemütliche Atmosphäre zog am vergangenen Montagnachmittag unter anderem auch einen Leverkusener Rentner ins „Einfach da“. Seit es die Begegnungsstätte gebe, komme er regelmäßig vorbei, wenn es seine Gesundheit zulasse. Jeder sei willkommen und könne in Ruhe bei einer Tasse Kaffee mit netten Leuten sprechen, so der ältere Herr. An dieser Aussage lässt sich wohl der Umstand erklären, der selbst Birgit Lennarz „angenehm überraschte“. „Wir haben hingekriegt, dass das ‚Einfach da‘ Corona überlebt hat.“
Jubiläumsfeier
Die Jubiläumsfeier des „Einfach da“, die vom Wiesdorfer Bürgerfond gefördert wird, findet am Samstag, 24. August, von 12 bis 16 Uhr auf dem Marktplatz in Wiesdorf statt. Neben musikalischer Untermalung, einer Tombola und einem kleinen Unterhaltungsprogramm für Kinder, gibt es die Möglichkeit, sich über die verschiedenen Angebote zu informieren. Außerdem stellen sich die Kooperationspartner, die sich aus dem Arbeiter-Samariter-Bund, dem Leverkusener Quartiersmanagement, der Stadt, der Katholischen Öffentlichen Bücherei und dem eigenen Förderverein zusammensetzen, vor.