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Freiwilligenzentrum LupeSo finden Leverkusenerinnen und Leverkusener den Weg ins Ehrenamt

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Das Alte Bürgermeisteramt in Schlebusch. In der Fußgängerzone davor flanieren Passanten.

Hauptsitz des Freiwilligenzentrums Lupe ist das Alte Bürgermeisteramt in Schlebusch.

Das schlechte Abschneiden in der Ehrenamtsstudie will die Beratungsstelle Lupe nicht so stehen lassen – ihr Blick auf freiwilliges Engagement in der Stadt.

Leverkusen ist landesweit Schlusslicht in Sachen Ehrenamt, das ergab eine repräsentative Studie des Umfrageinstituts Forsa im Auftrag von Westlotto im Frühjahr. Das schlechte Abschneiden im „Ehrenamtatlas NRW 2024“ rief nicht nur einige Leverkusener Politiker und Politikerinnen auf den Plan, sondern sorgte unter anderem im Freiwilligenzentrum Lupe für bestürzte Gesichter.

„Wir zweifeln das an“, sagte Monika Berger-Lohr, Gründungsmitglied der Informations- und Beratungsstelle für ehrenamtliches Engagement in Leverkusen. Einfach so hinnehmen wollten sie und ihre Lupe-Kolleginnen die schlechte Quote in der Stadt nicht, ihr Eindruck sei ein anderer. „Es überrascht uns und uns würde uns interessieren, wen die befragt haben und nach welchen Kriterien.“ Bei ihnen habe sich niemand gemeldet.

Laut Studie: In Leverkusen engagieren sich 38 Prozent der Menschen ehrenamtlich

Nun, die Ergebnisse der repräsentativen Befragung, an der landesweit über 10.000 Menschen stichprobenartig teilnahmen, sprechen erst einmal für sich: Lediglich 38 Prozent der Leverkusenerinnen und Leverkusener engagieren sich demnach ehrenamtlich, der NRW-Durchschnitt liegt derweil bei 54 Prozent der Bevölkerung.

Tatsächlich relativiert sich das Bild beim Hinzuziehen einer weiteren Variablen, nämlich der Zahl der Stunden, die ehrenamtliche Mitarbeitende jährlich in ihre freiwillige Arbeit investieren. In Leverkusen sind das immerhin 203 Stunden pro Person und Jahr, der Landesschnitt liegt laut Studie bei 208 Stunden. Städte an der Rheinschiene wie Düsseldorf (182 Stunden) und Köln (172 Stunden) schneiden dagegen deutlich schlechter ab.

Die Lupe: Leverkusener Freiwilligenzentrum vermittelt Ehrenamtliche an Organisationen

Trotzdem werde es immer schwieriger, Engagierte für die ehrenamtliche Arbeit zu gewinnen, das ergibt nicht nur die Forsa-Umfrage, auch Berger-Lohr beobachtet einen allgemeinen Abwärtstrend seit der Gründung der Lupe vor 28 Jahren in Leverkusen. Gerade die Corona-Pandemie habe das Ehrenamt gebeutelt. „Vor einigen Jahren bewegte sich die Zahl der Vermittelten noch fast im dreistelligen Bereich. In diesem Jahr werden es wahrscheinlich 60 bis 70 Menschen sein, die über uns eine ehrenamtliche Tätigkeit finden“, schätzt Kollegin Johanna Berberich.

Monika Berger-Lohr und Waltraud Liesenklas von der "Lupe"

Monika Berger-Lohr und Waltraud Liesenklas von der 'Lupe'

Auf freiwilliger Basis vermittelt das achtköpfige Team Interessierte an Einrichtungen und Organisationen, die auf den Einsatz Ehrenamtlicher angewiesen sind, knüpft Kontakte, sucht passende Einsatzstellen heraus und orientiert sich dabei an den Interessen der Engagierten – das geht von der Arbeit mit Kindern, über Aufgaben im Seniorenbereich bis hin zu handwerklichen und verwalterischen Tätigkeiten. Manche suchen eine Aufgabe, die in ihrem beruflichen Erfahrungsbereich liegt, andere wollen noch einmal etwas ganz Neues ausprobieren, berichten die Frauen.

Man kommt aus seinen eigenen vier Wänden raus, lernt neue Menschen kennen und bekommt dabei wahnsinnig viel zurück
Johanna Berberich, ehrenamtliche Mitarbeiterin im Leverkusener Freiwilligenzentrum Lupe

Überwiegend seien es Rentnerinnen und Rentner, häufiger Frauen als Männer, die sich bei der Lupe melden. Oder Eltern erwachsener Kinder ab Mitte Fünfzig, die die freigewordene Zeit sinnvoll nutzen wollen. „Man kommt aus seinen eigenen vier Wänden raus, lernt neue Menschen kennen und bekommt dabei wahnsinnig viel zurück“, sagt Berberich.

Dass es beim Ehrenamt auch um das gesellschaftliche Miteinander geht, das geht auch aus dem Ehrenamtsatlas hervor: 43 Prozent der freiwilligen Leverkusenerinnen und Leverkusenern fühlen sich von der Gesellschaft wertgeschätzt. „Das gibt einem schon ein gewisses Selbstwertgefühl, wenn man Ehrenamt macht“, sagt Berberich.

Ehrenamt in Leverkusen: Politik mit Aufholbedarf

Von politischer Seite aus könne aber noch mehr getan werden, auch das belegt die Studie: Nur 31 Prozent der Freiwilligen haben das Gefühl, von der Kommunalpolitik in ihrem Tun anerkannt und gewürdigt zu werden. Berberich sagt aber auch: „Man kann nicht sagen, dass die Stadt nichts macht, aber es könnte breitenwirksamer sein. Große Aktionen fehlen.“ Das gelte nicht nur in Sachen Wertschätzung, sondern auch für das Bewerben und Organisieren gemeinnütziger Projekte, wie etwa einmalige Putzaktionen, um Bürgerinnen und Bürger langsam ans Ehrenamt heranzuführen.

Denn neben mangelnder Zeit – die gaben 77 Prozent der Befragten in der Forsa-Studie als Grund gegen ehrenamtliches Engagement an – sei der erste Schritt meist die größte Hürde. „Die, die das geschafft haben und irgendwo angekommen sind, machen begeistert weiter.“

Drei Menschen räumen einen Garten auf. Sie tragen Äste.

Im Rahmen eines Social Days räumten 30 Mitarbeitende von Bayer den Garten vom Jugendbunker auf – die Lupe vermittelte die Aktion im Rahmen ihres „Markt der Möglichkeiten“.

Doch von einer regelmäßigen Verpflichtung fühlen sich der Lupe-Ehrenamtlerin Berger-Lohr zufolge gerade Berufstätige und junge Menschen meist abgeschreckt. Sie wenden sich deutlich seltener an die Anlaufstelle, zeigt die Statistik des Leverkusener Freiwilligenzentrums.

„Wir sind nun mal eine Industrie- und Arbeiterstadt, da ist es schwieriger, die Menschen fürs Ehrenamt zu motivieren“, sagt auch Berberich. Deshalb vermittelt die Lupe nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmen an Institutionen, die Hilfe benötigen. In Form von Social Days und Team-Events engagieren sich deren Angestellte dann an einem Arbeitstag innerhalb eines gemeinnützigen Projekts. „Das ist besser, als ein lapidarer Ausflug und eine andere Form von ehrenamtlicher Tätigkeit, die neben dem Beruf leistbar ist“, sagt sie.

Wer sich darüber hinaus in der Freizeit engagieren will, der oder die solle sich nicht vom Zeitfaktor abhalten lassen. Selbst eine Stunde in der Woche, Vorlesen im Altersheim zum Beispiel, reiche aus – so, wie es eben individuell passt. Und Spaß machen solle es auch. „Es ist schließlich immer noch ein Ehrenamt“, sagt Berger-Lohr. „Und die, die es dann gerne machen und mit Herzblut dabei sind, die machen dann eben mehr.“


Beratungsstelle: Abweichende Öffnungszeiten in den Sommerferien

Dreimal wöchentlich bietet das Freiwilligenzentrum Lupe Sprechzeiten an:

  1. Leverkusen-Schlebusch, Bergische Landstraße 28, Sprechzeiten: Montag von 15 bis 17 Uhr und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr und nach Vereinbarung
  2. Leverkusen-Opladen, Bahnhofstraße 21, Sprechzeiten: Dienstag von 10 bis 12 Uhr

Außerdem ist das Team telefonisch unter +49(0)214 52723 und per Mail unter info@lupe-lev.de zu erreichen.

In der Zeit vom 8. bis 24. Juli ist die Beratungsstelle geschlossen. Der erste Beratungstermin nach der Sommerpause ist der 22. Juli von 15 bis 17 Uhr in der Zentrale in Schlebusch.