Im Familienhaus werden schwer belastete Familien stationär betreut und auf ein gemeinsames Leben vorbereitet – nun wird es neu gebaut.
Neubau in LeverkusenSchlebuscher Haus Nazareth bekommt ein neues „Familienhaus“

Energischer Spatenstich: Christoph Ahlborn (mit gelbem Helm), Barbara Bergerhoff-Bujacz (r.), Milanie Kreutz (M.) und Kerstin Büscher (l.) packen mit an.
Copyright: Stefanie Schmidt
Die Wiese, auf der dekorativ bereits ein Bagger geparkt ist, liegt im oberen Bereich des großen Grundstückes des Haus Nazareth im Schlebuscher Zentrum. Angrenzend an die Odenthaler Straße – also so weit weg wie möglich von der Dhünn und dem Überschwemmungsrisiko.
Das Hochwasser, das die soziale Einrichtung im Juli 2021 schwer getroffen hat, ist einer der Gründe, warum der lange geplante Neubau erst jetzt umgesetzt wird, die Pandemie ist ein anderer. Am Dienstag nun konnte endlich der erste Spatenstich für das neue Familienhaus gefeiert werden.
Leverkusener Zufluchtsort für Kinder
Das Haus Nazareth ist ein Zufluchtsort vor allem für Babys, Kinder und Jugendliche mit komplexen emotionalen und psychischen Förderbedarfen, die nicht in ihren Familien bleiben können.
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Oft sind nicht nur Erkrankungen oder Traumata ausschlaggebend für die schwierige Situation von Kindern, sondern auch Probleme in der Familie. Um hier helfen zu können, hat das Haus Nazareth im Jahr 2008 ein „Familienhaus“ gegründet, in dem Alleinerziehende oder ganze Familien mit Kindern im Alter von null bis sechs Jahren aufgenommen werden können. Damit sie „in Krisenzeiten durchatmen können“, sagt Christoph Ahlborn, Vorstandsvorsitzender der Stiftung „Die gute Hand“, die der Träger der Einrichtung ist.

Pastor Harald Fischer, stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Die Gute Hand, segnet die Baustelle
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Das Gebäude war damals schon alt, nach 17 Jahren hat es nun endgültig ausgedient. Das neue Familienhaus wird ein zweistöckiges Gebäude mit 914 Quadratmetern Wohn- und Nutzfläche. Rund vier Millionen Euro und anderthalb bis zwei Jahre Bauzeit sind dafür vorgesehen, Barrierefreiheit und ökologische Aspekte werden berücksichtigt.
Rückhalt aus der Leverkusener Politik
Der Umzug ist also für Frühjahr bis Sommer 2027 vorgesehen, danach wird das alte Gebäude abgerissen. Von Seiten der Leverkusener Politik sicherten Roswitha Arnold (Grüne, in Vertretung des Oberbürgermeisters) und Milanie Kreutz (SPD) der Stiftung jeden Rückhalt zu und griffen tatkräftig zum Spaten. „Das Haus Nazareth gehört hier mitten nach Schlebusch“, sagt Arnold. „Sie sorgen für Wärme, Nähe und Zuversicht.“
Zwei der achtzehn Plätze, die im Familienhaus angeboten werden können, sind für Kinder reserviert, die wegen Kindeswohlgefährdung in Obhut genommen werden müssen. Gerade diese Kinder wieder mit ihrer Familie zu vereinen, ist ein Ziel des Familienhauses: Hier findet zunächst eine Diagnosephase statt, in der der Unterstützungsbedarf im Familiensystem ermittelt und dann gemeinsam an einer Perspektive gearbeitet wird.
Auch Familien, in denen die Eltern wegen Erkrankungen oder Krisen unter hoher Belastung stehen, bekommen bei einem stationären Aufenthalt Hilfe und Anleitung. „Das Ziel ist, Familien zu erhalten und Trennung zu vermeiden“, erklärt Einrichtungsleiterin Barbara Bergerhoff-Bujacz. Auch ambulante Unterstützung nach einer Entlassung in ein selbstständiges Familienleben wird angeboten.
Mehr Platz wird die Einrichtung dann nicht haben, obwohl der Bedarf durchaus vorhanden wäre. „Aktuell betreuen wir fünf bis sieben Familien gleichzeitig“, erklärt die Erziehungsleiterin Kerstin Büscher, selbst Mitarbeiterin der ersten Stunde. „Wenn wir mehr aufnehmen würden, würde es zu groß und zu trubelig werden.“ Ruhe und individuelle Betreuung sei für die schwer belasteten Familien besonders wichtig. Aber auf optimierte Strukturen, kürzere Weg und moderne Anlagen freut sie sich schon sehr. „Wir würden am liebsten direkt die Koffer packen.“
Die Geschichte von Haus Nazareth
1926 wurde das Haus Nazareth als Außenstelle des Köln-Kalker Kinderheims gegründet. Die Schwestern erwerben die Villa Rhodius und andere Gebäude in Schlebusch, unter anderem das Weberhaus. Zunächst wurden nur Säuglinge und Kleinkinder aufgenommen, nach einigen Ausbauten in den 50er Jahren auch Schulkinder. In den 80er Jahren wurde das therapeutische Angebot deutlich ausgebaut, unter anderem durch heilpädagogisch orientiertes Reiten.
Seit 2001 steht das Haus Nazareth unter der Trägerschaft der Stiftung „Die Gute Hand“ und versteht sich als moderne Jugendhilfeeinrichtung für Kinder und Jugendliche mit komplexen emotionalen und psychischen Förderbedarfen. 2005 wurde eine eigene Förderschule mit angeschlossener intensiv-heilpädagogischer Tagesgruppe eröffnet. Das Familienhaus wurde 2008 als zeitlich begrenzte, stationäre Einrichtung für belastete Familien gegründet.