AboAbonnieren

Schlebuscher Schauspielerin in Corona-ZeitenErst ZDF-Filmset, dann Hartz IV

Lesezeit 4 Minuten

Ruzica Hajdari ist Schauspielerin und kommt aus Schlebusch. Sie berichtet über die Schwierigkeiten von Künstlerinnen und Künstlern, aktuell über die Runden zu kommen.

Leverkusen – Mit Problemen kennt sich Ruzica Hajdari aus. Die habe es vorher schon gegeben. Vor Corona. So eine Krise fördere sie eben nur offen und für alle sichtbar zutage: Probleme im Gesundheitswesen. Probleme im Bildungswesen. Und Probleme im Kulturwesen. Womit wir bei Ruzica Hajdari wären, denn: Die 50-jährige Schlebuscherin ist Schauspielerin und kann so Einiges erzählen über die vergangenen Monate – und die Jahrzehnte davor.

„Mein Beruf wird ja immer gesehen in der Art: »Das macht doch Spaß!«“, sagt sie. Und das sei ja auch so. Indes: „Ich bin immer nur für eine bestimmte Zeit angestellt und darauf angewiesen, nebenbei in anderen Jobs zu arbeiten.“ Über die Jahre habe sie so zum Beispiel mit Kindern Theaterprojekte entwickelt – sowohl in Kinderheimen als auch in einer Kölner Grundschule, wo sie Nachmittagsbetreuerin war. Ruzica Hajdari war auch schonmal Rettungsschwimmerin. Letztlich waren dies „alles Brotjobs, die für mich als Schauspielerin zur Sicherung des Lebensunterhaltes dazugehören“. Und die nun weggefallen sind. Im vergangenen Jahr habe sie zwar noch das Glück gehabt, dass sie trotz Corona zunächst einmal viel drehen konnte, unter anderem für das ZDF, denn: Im Sommer 2020 habe es nach dem ersten Lockdown ja noch Lockerungen gegeben. „Und somit konnte ich Geld verdienen und davon ganz gut leben.“

Film in der Mediathek

Aber das klappte auch nur bis zum März dieses Jahres. „Da musste ich dann Hartz IV beantragen, weil ich keine Solo-Selbstständige bin und somit kein Überbrückungsgeld beantragen konnte.“ Seitdem sitzt Ruzica Hajdari wieder auf dem Trockenen.

Dabei wurde gerade erst ein Film mit ihr als Darstellerin im ZDF gezeigt sowie in die Mediathek aufgenommen: „Extraklasse“. Darin spielt Ruzica Hajdari eine Kirgisin, die in Deutschland an der Abendschule mit allen Mitteln versucht, den Abschluss zu machen, um ihrer Tochter ein Vorbild zu sein. Neben ihr agieren Axel Prahl und Hans-Martin Stier. Demnächst ist sie im Dortmunder „Tatort“ als Politesse zu sehen. In der RTL-Serie „St. Maik“ mimt sie eine Erzieherin.

Das könnte Sie auch interessieren:

Und im Film „Je suis Karl“, der im Juni Premiere in Berlin feiern soll, ist sie wiederum Ermittlerin des Staatsschutzes – eine Rolle, die sie besonders glücklich mache: „Dort spiele ich nämlich Franziska Behring“. Sprich: eine Frau, die einmal keinen Migrationshintergrund hat wie so viele der von ihr gespielten Figuren. „Das ist ein schönes Gefühl“, sagt sie. Schließlich möchte Ruzica Hajdari nicht immer nur Damen spielen, die irgendwann aus dem Ausland hierherkamen – nur weil sie so heißt, wie sie heißt und weil ihre Familie aus dem ehemaligen Jugoslawien stammt.

Von dort waren die Großeltern in den 60ern gemeinsam mit der damals 17-jährigen Mutter nach Deutschland aufgebrochen. „Ich höre bis heute immer wieder die Frage: „Wo kommst du denn her?“ Und wenn ich dann antworte: „Aus Schlebusch“, heißt es sofort: „Nein, ich meine: Woher kommst du wirklich?“ Da sei es schön, dass ein Regisseur wie Christian Schwochow in „Je suis Karl“ bei der Besetzung einmal ganz anders vorgehe.

Übrigens: Neben der Hoffnung, dass es bald wieder richtig losgehen möge mit Dreharbeiten und Nebenjobs in Schulen, hofft Ruzica Hajdari auch auf den Startschuss für die Laientheater.

Vor allem für die Studiobühne in Opladen, mit der sie eng verbandelt ist. Ruzica Hajdari ist Ensemblemitglied und spielte im Herbst 2018 sogar das Solo-Stück „Die Barbaren“. „Das ist ein hoch professionelles Amateurtheater mit viel Engagement und extrem beeindruckend dafür, dass es niemand dort hauptberuflich macht.“ Sobald es zeitlich passe, stünde sie im Künstlerbunker an der Karlstraße jedenfalls sehr gerne wieder auf der Bühne.

Und wenn Ruzica Hajdari so etwas sagt, dann hört man ihre Heimatverbundenheit heraus. Sie lebt mittlerweile zwar in Köln. Aber ihre Bande in die Leverkusener Heimat ist ungebrochen eng. Wie auch nicht? Sie wuchs nicht nur in Leverkusen auf. Sie hatte nicht nur einen Großvater, der als Schmied im Freudenthaler Sensenhammer arbeitete, in dessen Umfeld sie damals nach eigenen Worten ständig unterwegs gewesen sei. Nein: Ruzica Hajdari wurde in Leverkusen auch künstlerisch fürs Leben geprägt: „Ich habe in Leverkusen im Forum und dem Erholungshaus das beste Theater bekommen. Dort waren ja die bekanntesten Stücke und Ensembles auf der Bühne zu sehen. Das hat mich für die Schauspielerei entfacht.“

Leverkusen, sagt Ruzica Hajdari, sei zwar eine klassische Arbeiterstadt. „Aber eine mit viel Kultur.“ Und dieses „viel“ an Kultur kehre demnächst hoffentlich wieder zurück.