Fitnessexpertin Carola Schulz spricht darüber, wie Senioren am besten Sport machen und worauf sie achten sollten.
Leverkusener Fitnessexpertin„Der Beweglichkeit sind keine Grenzen gesetzt, auch nicht im Alter“
Was ist der größte Unterschied zwischen Senioren und Leuten mittleren Alters, die Sport treiben?
Schulz: Der größte Unterschied ist, dass wir im Seniorenbereich mit Einschränkungen zu tun haben: von künstlichen Gelenken, die zu Bewegungseinschränkungen führen, über Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu hohem Blutdruck. Auch durch Verschleißerscheinungen wie Arthrose ist man im Alter nicht mehr so beweglich. Unsere Trainer sind darin geschult: Zum Beispiel darf man mit einer künstlichen Hüfte gewisse Bewegungen nicht machen, hier müssen die Trainer alternative Übungen kennen. Häufig werden die Übungen auch vereinfacht, die Senioren machen sie in geringerer Intensität und langsamer.
Kann man ohne Weiteres auch als älterer Mensch neu in einem Sportkurs einsteigen?
Grundsätzlich ja. Ich lege Wert darauf, dass man, wenn man neu ist, zum Trainer geht und durchaus erklärt, welche Einschränkungen man hat und das mit ihm im Vorfeld bespricht. Es ist auch nicht grundsätzlich verkehrt, sich im Vorfeld beim Arzt durchchecken zu lassen, gerade wenn man vielleicht beim Treppensteigen bereits festgestellt hat, dass man etwas kurzatmiger ist, aber das gilt ja immer.
Welches Niveau können Senioren erreichen?
Der Beweglichkeit sind keine Grenzen gesetzt, auch nicht im Alter. Ich kenne Senioren, die unglaublich beweglich sind. Beweglichkeit ist auch die wichtigste Voraussetzung beim Sport: Je beweglicher ich bin, desto effektiver kann ich meine Muskeln trainieren. Auch bei der Kraft können ältere Menschen Unglaubliches entwickeln, allerdings muss man da mit gezieltem Training herangehen. Die Prozesse brauchen im Alter grundsätzlich länger: Man braucht länger, um Muskulatur aufzubauen und zu halten. Je älter man ist, umso länger ist auch die Regenerationszeit nach dem Training. Könnte ein 18-Jähriger nach einem anstrengenden Training am nächsten Tag wieder einsteigen, braucht man als Senior zwei bis drei Tage Zeit.
Worauf sollten Senioren den Fokus legen?
Im Breitensport liegt der Fokus nicht auf Muskelzuwachs. Allerdings ist es für Senioren dennoch wichtig, Muskeln aufzubauen, wegen der Osteoporose. Diese Knochenstoffwechsel-Erkrankung aufhalten kann man nicht, aber verlangsamen. Die Muskulatur stützt und schützt die Gelenke. Stürzen ältere Menschen, die gut im Training sind, kommen sie meist mit blauen Flecken und Zerrungen davon, man bricht sich nicht so schnell die Knochen. Wichtig ist ein ausgewogenes Training: Kraftausdauer, Gleichgewicht und Koordination sind wichtige Elemente beim Seniorensport.
Das TSV-Bayer-04-eigene Fitnessstudio „Go-Fit“ hat im Herbst 25-jähriges Jubiläum gefeiert: Ursprünglich sei es eine ehemalige Judohalle gewesen, schreibt der TSV, es wurde „zu einem modernen Studio, das sich in seinem Neubau in Leverkusen und darüber hinaus einen Namen gemacht hat“. Gestartet war man mit einer Trainingsfläche von 280 Quadratmeter. 2001 baute der TSV das große Gebäude, in dem das Fitnessstudio bis heute auf knapp 1800 Quadratmetern untergebracht ist. Die Kursangebote reichen von Yoga, Pilates, Mobility über Workouts oder Indoor Cycling bis zu Step und Dance. Unterschiedliche Geräteparcours sprechen unterschiedliche Zielgruppen an.
Gute Erfahrungen mit Senioren hat auch Karatetrainer Peter Sienko gemacht. Er trainiert in Wiesdorf Kampfsport im Verein „Yamabiko“, ist dort als Übungsleiter zuständig für die Prävention und hat vor etwa fünf Jahren eine reine Ü-50-Anfängergruppe ins Leben gerufen. Der älteste Teilnehmer sei 76 Jahre und stehe Anfang Februar vor seiner Prüfung, erzählt Sienko. „Aus Trainersicht hatte ich bis dato nie eine solche ,alte' Gruppe und wusste nicht, welche Lern- und Trainingseffekte überhaupt zu erreichen waren. Neben den motorischen Anforderungen war es für mich auch schwierig, überhaupt eine mögliche Belastung abzuschätzen.“ Nach inzwischen fünf Jahren sei er begeistert, sagt er. „Es ist unglaublich, welche personenbezogenen Steigerungen möglich wurden. Teilnehmer mit den alterstypischen Rücken- und Schulterdefiziten sind alle beweglich und schmerzfrei“, schwärmt Sienko - und plant bereits weitere Lehrgänge.