Die Initiative Kabul Luftbrücke unterstützt gefährdete Menschen bei der Evakuierung aus Afghanistan.
Tag der MenschenrechteFrauen berichten in Opladen über Leben im Taliban-Regime
Es war schon ein krasser Gegensatz, auf den die Zuhörerinnen und Zuhörer am Montagabend bei einem Vortrag über die Situation afghanischer Frauen in Opladen stießen. In gemütlicher Atmosphäre lauschten rund 40 Gäste – etwa zwei Drittel von ihnen weiblich – den Worten von Eva Beyer und Fahima Ibrahimkhil von der Initiative Kabul Luftbrücke in der Alten Töpferei auf dem Awo-Gelände. Immer wieder schüttelten einige von ihnen ungläubig den Kopf. Denn: Eine Veranstaltung wie diese wäre Frauen in Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban am 15. August 2021 schlichtweg nicht möglich gewesen.
Einen Tag nach dem internationalen Tag der Menschenrechte war es Fahima Ibrahimkhil deshalb wichtig, das Leiden ihrer Landsleute zurück auf den Tisch zu bringen. In der aktuellen Nachrichtenlage würde Afghanistan untergehen, sagte die 34-Jährige. „Das heißt aber nicht, dass die Probleme dort gelöst sind.“
Sie erzählte von der eingeschränkten Bewegungsfreiheit in ihrem Land – Frauen seien in ihren Häusern gefangen, lebten komplett abgeschirmt vom gesellschaftlichen Leben. Keine Führerscheine, keine Arbeit, Burka-Pflicht. Der Besuch weiterführender Schulen sei Mädchen untersagt, die Bildung leide erheblich.
Kabul Luftbrücke unterstützt Gefährdete bei der Evakuierung
Bevor das Taliban-Regime Frauen ihre gesellschaftlichen Positionen entriss, war Imbrahimkhil Professorin an der Education University Kabul. Sie floh mithilfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Luftbrücke Kabul, die gefährdete Afghaninnen und Afghanen bei der Evakuierung nach Deutschland über Pakistan unterstützen.
Der Name der Initiative, zurückzuführen auf die ersten Charterflüge, die das Land nach dem sogenannten „Schwarzen Tag“ verließen, sei dabei inzwischen eher irreführend, erzählte Eva Beyer. „Mini-Busbrücke passt wohl eher.“ Die Journalistin arbeitet als Ground Operator der gemeinnützigen Organisatin in Pakistan und berichtete in Leverkusen von ihrer Arbeit.
Neben Transport, Verpflegung und Versorgung, unterstützt ihr Team Afghaninnen und Afghanen auch bei Aufnahmeanträgen, die es bedrohten Menschen ermöglichen, legal nach Deutschland einzureisen. Die Bundesregierung arbeite immer noch zu langsam, kritisierte sie. Bis heute sei es nicht gelungen, das Versprechen von 40.000 Evakuierungen wahrzumachen. Immer noch harren 10.000 Afghaninnen und Afghanen in dem asiatischen Binnenstaat aus.
Leverkusen: 300 afghanischen Menschen seit August 2021 aufgenommen
Rund 300 von denen, die es bis nach Deutschland geschafft haben, seien in Leverkusen gelandet, berichtete Lioba Engels-Barry von der Caritas. Der Wohlfahrtsverband organisierte die Veranstaltung gemeinsam mit anderen Trägern und Institutionen.
Maisan Ibrahimi ist einer von ihnen. Seit Frühjahr 2022 ist er gemeinsam mit seiner Mutter in der Gemeinschaftsunterkunft in der Heinrich-Claes-Straße zu Hause. Auch er ist zum Vortag von Eva Beyer und Fahima Ibrahimkhil gekommen und teilte seine eigenen Eindrücke. „Es ist nicht menschlich, was in Afghanistan passiert“, sagte der 18-Jährige. „Die Taliban haben Angst davor, dass sich Frauen weiterentwickeln und modernisieren.“
Klar wurde aber auch, dass nicht nur Frauen unter dem patriarchischen System leiden. Auch für oppositionell eingestellte Männer werde es schwieriger. Deshalb sei es wichtig, weiterhin auf die Situation aufmerksam zu machen, sagte auch Ibrahimkhil zum Abschluss. Sie freue sich über das Interesse, das ihr bei Vorträgen wie diesem entgegengebracht wird. „Selbst, wenn nur eine Person zuhört und das Gehörte weiterträgt, haben wir schon was erreicht.“