Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

GendertreffWohin sich transidente Menschen in Leverkusen wenden können

Lesezeit 3 Minuten
Mehrere Personen stehen an verschiedenen Infoständen im Forum Leverkusen

Stände bei der „Messe und Fachtagung Trans*“ im Forum Leverkusen

Jeden ersten Sonntag im Monat findet das Treffen des Gendertreffs in Leverkusen statt. 

Wohin bei Fragen oder Redebedarf zu transidenten Themen? Schon seit 2006 gibt es den Verein „Gendertreff“, der auch in Leverkusen aktiv ist. Transidente Personen und deren Angehörige sowie Interessierte tauschen sich bei regelmäßigen Treffen über Erfahrungen aus und unterstützen sich. Dass es immer in öffentlichen Räumen, wie beispielsweise in Cafés stattfindet, ist der Vereinsvorsitzenden Nathalie Niemuth wichtig: „Gerade am Anfang sich unter Leute zu trauen, die Ängste zu überwinden, dafür ist das ganz gut“, betont sie.

Entstanden ist die überregionale Initiative „Gendertreff“ im Jahr 2004 in Düsseldorf, wo sich heute immer noch regelmäßig transidente Personen, Angehörige und Interessierte treffen. Dass Angehörige wie beispielsweise die Beziehungspersonen mit an den Treffen teilnehmen konnten, war Anfang der 2000er durchaus etwas Besonderes. Diese haben „im Prinzip Mitspracherecht“, da ihr Leben sich ja auch meist ungewollt und ungeplant ändere, sagt Niemuth. Es müsse eine Art Einigung entstehen, die für beide Partien tragfähig sei, damit „jeder seine Stimme haben kann“.

Leverkusen: Alle zwei Jahre eine Messe

Neben den lokalen Treffen gibt es in Leverkusen zudem alle zwei Jahre die „Messe und Fachtagung Trans*“. Im Forum stehen Fachleute aus der Psychologie, Medizin oder Operateure und Operateurinnen bereit, um aufzuklären, zu beraten und zu informieren, was sonst oft mit längerer Wartezeit verbunden ist. Die kostenfreie Messe findet das nächste Mal am 5. September 2026 statt.

Darüber hinaus organisiert der Verein auch weitere Aktionen und bietet online Hilfestellungen zu beispielsweise „Transidentität am Arbeitsplatz“. Workshops in Schulen und Universitäten werden seit drei Jahren ebenfalls angeboten. 

Wenn wir über Fakten sprechen, ist es leichter, als wenn wir gegen eine Meinung ansprechen.
Nathalie Niemuth zu Workshops in Schulen über Transidentität

Laut Niemuth ist es wichtig, dem Thema mit Offenheit und vor allem Fakten zu begegnen und eben nicht mit Sachen, die man „irgendwo mitbekommen hat“.  Nora Baumgarten, die ebenfalls transident ist und seit Oktober 2024 an den Treffen teilnimmt, habe von Sorgen von Eltern gehört, dass Kinder durch die Auseinandersetzung mit dem Thema „abdriften“ könnten.

Also, dass Kinder denken könnten, sie seien transident, ohne es zu sein, nur weil sie über das Thema informiert werden. Denn, so Baumgarten, nur weil man darüber rede, gebe es nicht plötzlich mehr transidente Menschen: „Für den es kein Thema ist, für den bleibt es weiterhin auch kein Thema.“ 

großes braunes Auge

Das Logo des Gendertreffs: ein Auge

Dass es heute immer mehr transidente Menschen gebe, stimme so nicht – der Anteil würden einfach nur sichtbarer werden, bekräftigt auch Nathalie Niemuth. Sie beschreibt die Situation mit einer Eisberg-Metapher: Ein kleiner Teil von transidenten Personen sei bereits sichtbar und gebe denen, die sich noch versteckten, genügend Mut und Selbstvertrauen, sich ebenfalls zu zeigen.

Auch Eltern und Geschwister leiden

Zudem sei es für alle eine Erleichterung, das Thema nicht mehr zum Tabu zu machen. Auch Eltern und Geschwister betreffe die Situation: Nämlich dann, wenn sie die Problematik immer mit sich herumtragen würden, weil die Offenheit, über das Thema zu sprechen, fehle und sie einfach nicht mit der Situation umzugehen wüssten. Sie wüssten häufig nicht, wie sie sich verhalten sollten, meinen Baumgarten und Niemuth.

Sie sind der Meinung, dass Eltern ihre Kinder bei Äußerungen über ihre Identität in erster Linie ernst nehmen und die Situation als Chance anstatt als Problem sehen sollen. Bei ehrenamtlichen Anlaufstellen und durch fachärztliche Aufklärungen und Programme wie auch Selbsthilfegruppen könnten Jugendliche sich ihrer Identität mehr bewusst werden, sich mit Personen in ähnlichen Situationen austauschen und so merken, dass sie nicht alleine seien.

Trotz vieler positiver Entwicklungen und gesetzlichen Änderungen, beispielsweise der Einführung des Selbstbestimmungsgestz im November 2024, hat Niemuth den Eindruck, dass das Verständnis für transidente Personen weniger wird  – vor allem durch politische Diskussionen. Es gebe weniger Selbstverständlichkeit dafür, dass jeder so leben dürfe wie er wolle, sagt sie.