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Handwerk in Corona-ZeitenMehr Aufträge dank renovierungsfreudiger Frührentner

Lesezeit 3 Minuten

Auch in Zeiten der Pandemie werden vielerorts Handwerksarbeiten in Wohnungen und Eigenheimen vorgenommen.

  1. Die Lage bei den Handwerkern in der Region sind ganz unterschiedlich. Manche freuen sich über mehr Aufträge, andere sehen den Rückgang mit Sorge.
  2. Und wie funktioniert das mit dem Abstandhalten und Masketragen, wenn man gemeinsam Lasten schleppt?
  3. Wer entscheidet überhaupt, ob man die Handwerker hineinlässt? Ein Überblick.

Leverkusen – „Wir befinden uns in einer schweren Krise“, sagt Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bergisches Land. Friseure und Catering-Unternehmen mussten den Betrieb wegen der Ausbreitung des Coronavirus quasi über Nacht einstellen, Veranstaltungstechniker müssen mit monatelangen Ausfällen rechnen. Auch im Baugewerbe sei die Auftragslage teils rückläufig. Doch was ist mit Hausbesuchen für Installationen und Reparaturen? Was, wenn der Wasserhahn tropft, die Waschmaschine ausläuft oder der Küchentisch zusammenkracht?

Um Sicherheit bemüht

Handwerksbetriebe in Leverkusen halten es da sehr unterschiedlich. Andreas Sieberts, Juniorchef einer Gas- und Wasserinstallationsfirma, ist um die Sicherheit der Kunden und seiner sechs Mitarbeiter bemüht. „Wir versuchen, erst die weniger riskanten Aufträge zu erledigen. Dazu zählen Arbeiten in Kellerräumen, die nicht direkt mit Wohnungen verbunden sind, leere Wohnungen und spärlich besetzte Baustellen.“

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Ein tropfender Wasserhahn müsse erstmal warten – die Umsetzung des allgemeinen Infektionsschutzes sei eben schwierig. Handschuhe und Masken seien überall ausverkauft. Und auch die selbstgenähten Masken, die momentan im ganzen Land fleißig produziert werden, böten keinen ausreichenden Schutz. „Wenn ein Mitarbeiter zwei Mal mit Lasten in den sechsten Stock steigt, ist die Maske auch schon durchgefeuchtet.“ Die in Leverkusen und in ganz Nordrhein-Westfalen geltende Maskenpflicht erscheine daher nicht durchdacht.

Lockerungen zu früh?

Und auch die aktuellen Lockerungen findet Sieberts viel zu früh: „Wir tun zumindest alles, um einen totalen Lockdown zu vermeiden. Wäre einer unserer Mitarbeiter infiziert, könnten wir gleich ganz zumachen.“ Auch andere Betriebe haben ihre Mitarbeitenden angewiesen, auf den Abstand zu achten, Desinfektionsmittel zu verwenden und Handschuhe und Masken zu tragen. Es ist allerdings schwierig, Abstand zu halten, wenn man gemeinsam einen Schrank trägt oder Hilfestellung bei der Leiter gibt.

Gedenkminute für verunglückte Arbeitnehmer

Am internationalen „Workers’ Memorial“ Day (Dienstag, 28. April) soll es auch in Leverkusen eine Gedenkminute für im Einsatz verunglückte Arbeitnehmer geben: Die Industriegewerkschaft Bau ruft alle arbeitenden Bürger auf, aus diesem Grund um 12 Uhr kurz die Arbeit zu unterbrechen. (frw)

Ralf Aschenbroich, Betreiber einer Schreinerei in Leichlingen, beobachtet derzeit einen Anstieg der Aufträge. Sein Kundenstamm bestehe größtenteils aus Frührentnern, bei denen keine Geldnot aufkomme. „Die sind jetzt alle am renovieren“, sagt er. „Da kommen wir für die Feinheiten, die die Kunden selbst nicht erledigen können.“ Auftraggeber dürften selbst entscheiden, ob sie die Mitarbeiter ins Haus ließen. Nur von jüngeren Menschen, die derzeit beispielsweise in Kurzarbeit seien, gebe es weniger Aufträge. Und: Aschenbroich befürchtet Lieferschwierigkeiten von Material aus dem Ausland.

Nur zwei abgesagte Aufträge

„Die Auftragslage ist relativ normal“, sagt Matthias Maus, dessen Betrieb auf Bodenlegung, Rollladen- und Sonnenschutztechnik sowie Tischlerarbeiten spezialisiert ist. Nur zwei Kunden hätten wegen Corona Aufträge abgesagt. Ansonsten hätten auch bei ihm alle den Hausbesuch zugelassen. „Wir halten Abstand und sehen zu, dass wir nicht mit den Kunden in einem Raum sind. Manchmal müssen wir sogar darauf hinweisen, dass die Leute uns nicht zu sehr auf die Pelle rücken.“

Insgesamt also bietet sich im Handwerkssektor in der Corona-Zeit ein gemischtes Bild: Die Betroffenheit von der Krise und der Umgang mit den Auflagen sind von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Es wird darauf gesetzt, dass Mitarbeiter und Kunden sich gleichermaßen der Risiken bewusst sind und achtgeben.