Bei einigen Medikamenten und Medizinprodukten gibt es derzeit auch in Leverkusen einen Engpass. Wie Apotheker und Kliniken darauf reagieren.
Kochsalzlösung, Rheumamittel, OzempicHier gibt es Lieferengpässe auch in Leverkusen
Berichte über Medikamentenengpässe gehören seit knapp drei bis vier Jahren zu einer neuen Routine. Waren in der Vergangenheit Fiebersäfte für Kinder im Herbst und Winter nicht oder kaum zu bekommen, ist in diesem Jahr die Kochsalzlösung das Sorgenkind. „Da haben wir nur kleine Mengen bekommen, nicht so viel, wie wir brauchen“, erklärt Apotheker Klaus Schäfer, der die Ahornapotheke Rheindorf kürzlich seiner Tochter übergeben hat und nach wie vor als hiesiger Pressesprecher des Apothekerverbands Nordrhein tätig ist. Die Lösungen für Inhalationen hätten sie erhalten, doch Infusionsflaschen seien nicht lieferbar, betont er.
Der Engpass bei Kochsalzlösungen oder Wasser zur Herstellung von Infusionslösungen „betrifft alle Krankenhäuser und damit auch uns“, sagt Annegret Heintges, Direktorin des Instituts für Klinische und Onkologische Pharmazie im Klinikum in Schlebusch auf Anfrage. Das Institut kümmert sich mit der Einkaufsgemeinschaft um die Medikamentenbeschaffung für die Patienten. Hier arbeiten Apothekerinnen und Apotheker mit dem ärztlichen Personal und Pflegekräften zusammen, von hier aus werden die Medikamente an die Stationen ausgegeben.
Grundsätzlich gehörten Lieferengpässe bei Medikamenten mittlerweile leider zum Alltag, bedauert Heintges. In allen Apotheken – eben auch in jenen der Krankenhäuser. Aktuell seien sowohl Standard-Arzneimittel, beispielsweise Blutdrucksenker oder Schmerzmittel wie auch Spezialpräparate für Dialyse- oder Krebspatienten betroffen.
„Der überwiegende Teil der Lieferengpässe, mehr als 98 Prozent, kann von unserem Apothekenteam aufgefangen werden, sodass auf den Stationen kein Mangel auftritt“, betont Heintges.Das werde möglich zum Beispiel durch Änderung der Packungsgröße, des Herstellers oder der Stärke. Wenn das nicht funktioniert, würde das Team mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten sprechen, ob ein Wechsel des Wirkstoffs möglich sei oder gegebenenfalls ein Import aus dem Ausland angegangen werden solle.
Größere Mengen geordert und längerfristige Vorlaufzeiten
Wie einen Engpass vermeiden? Das Klinikum trifft mit Herstellern feste Abnahmevereinbarungen über die benötigten Mengen - teilweise mit einer Vorlaufzeit von sechs bis zwölf Monaten. Das garantiere mehr Sicherheit für beide Seiten, betont die Pharmazeutin. Bei besonders kritischen Arzneimitteln würden die benötigten Mengen auf zwei bis drei Hersteller verteilt, um bei Lieferausfall „entsprechend flexibel“ zu sein.
Frühzeitig einem Engpass vorbeugen, versucht auch die Rheindorfer Ahornapotheke. „Wir bemühen uns, größere Vorräte anzulegen, wenn etwas lieferbar ist“, erklärt Klaus Schäfer. Statt zehn Packungen ordere man dann eben 30 oder 40. Der Mangel „erwischt uns nicht mehr so wie früher“. Allerdings sei das alles natürlich mit einem erhöhten Aufwand verbunden, schließlich müsse man die Produkte lagern. Was auch mehr geworden ist, seien die Rücksprachen mit dem Arzt – ähnlich wie das Vorgehen im Klinikum: Wenn das gewünschte Produkt, das auf dem Rezept vermerkt ist, nicht lieferbar ist, kann der Apotheker eine Alternative vorschlagen. Mittlerweile passiere das regelmäßig – müsse aber alles mit dem behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin abgestimmt werden.
Antonia Schäfer, Inhaberin der Ahornapotheke, listet auf: Schwierig bei den Lieferungen seien aktuell einige Rheumamittel, zum Beispiel Etoricoxib, das erhalte man nur vereinzelt, erklärt sie. Gleiches gelte für bestimmte Produkte für Dialysepatienten. Bei Kinderfiebersäften, die in der Vergangenheit schwer zu bekommen waren, seien sie gerade gut aufgestellt, man habe mehr bestellt.
Mehrere Monate Wartezeit und lange Warteschlangen gibt es derzeit bei Ozempic. Das Mittel sei in Deutschland nur für Diabetiker zugelassen, betont Apothekerin Antonia Schäfer. Mit dem, was man zurzeit bestellen kann, könne man den Bedarf hier nicht abdecken. Grund: Das Ausland zahle viel mehr für das Mittel, das als Abnehmspritze gerade einen Hype erlebt. Bei der Alternative Wegovy stellt sich das Problem nicht. Wegovy ist sowohl als Diabetesmedikament wie auch bei Indikation Adipositas in Deutschland zugelassen. Es wird vom gleichen Hersteller Novo Nordisk produziert und enthält den gleichen Wirkstoff wie Ozempic, kostet aber deutlich mehr und wird daher seltener verschrieben.