Ein scheinbar zugewachsener Marktplatz, ein blühender Friedhof und eine Wallfahrtskirche – der Stadtteil Lützenkirchen hat einiges zu bieten.
DartpfeilreportageIst das Leverkusens schönster Stadtteil?
Mein Dartpfeil landet auf dem Lützenkirchener Friedhof. Vielleicht nicht der beste Ort für eine Ortsteil-Reportage, könnte man meinen. Aber falsch gedacht: Der Lützenkirchener Friedhof wirkt an diesem sonnigen Freitag „belebt“. An vielen Gräbern hacken Angehörige das Unkraut aus der Erde, bringen Blumen oder gießen. Dass dieser Freitag wohl keine Ausnahme sein kann, zeigt schon das jetzige Ergebnis: Überall blühen Blumen.
Es bietet sich mir ein wunderschön idyllisches Bild, das fast schon einem Wimmelbild ähnelt: Die Sonne scheint, hier zwitschern Vögelchen, im Hintergrund läuten die Glocken von St. Maurinus. Margeriten, Sonnenblumen, Pfingstrosen und Stiefmütterchen blühen. Ein paar Ehepaare spazieren über den Friedhof. Eine 86-jährige Dame sammelt Tannenzapfen für ihre 14 Urenkelkinder, die würden damit so gerne basteln. Der Friedhof scheint, zumindest an diesem Freitag, irgendwie ein Ort des Lebens zu sein.
Auf dem Friedhof begegnet mir ein älteres Ehepaar, das sich trotz der hohen Temperaturen der Grabpflege gewidmet hat. Ein Missstand scheint den beiden allerdings auf der Seele zu brennen: „Der Friedhof braucht mehr Parkplätze für alte Leute, die nicht mehr so weit laufen können“, sagt die Dame. Ihr Mann ergänzt: „Man müsste einfach nur ein paar Grabflächen umlegen, dann hätte man genügend Platz.“ Und tatsächlich befinden sich am Rande des Friedhofs keine Gräber.
Nachdem ich mir den Friedhof angesehen habe, erweitere ich den Dartpfeil-Radius und schlendere die Von-Knoeringen-Straße entlang in Richtung Dorfkern. Eine Opladenerin begegnet mir, sie komme gerne nach Lützenkirchen, es sei so klein und ruhig. „Hier habe ich keine Hektik, es ist einfach wie auf dem Dorf – Lützenkirchen ist definitiv Leverkusens schönster Stadtteil“, findet sie.
Den ländlichen Charakter nimmt auch eine Passantin wahr, die schon seit 30 Jahren in Lützenkirchen wohnt, an einer Stelle geht ihr die Natur aber wohl zu weit. „Allgemein hat Leverkusen ein Problem mit Unkraut – in Köln ist das ganz anders“, sagt sie und schildert den Weg zum Lützenkirchener Marktplatz. „Dort kann man sich nicht mehr auf die Bänke setzen, weil Gras darüber wächst“, beschreibt sie den Platz. Sie wolle sich keine Zecken einfangen, außerdem sei das Unkraut unschön für das Stadtbild.
Also begebe ich mich auf die Suche nach dem zugewachsenen Marktplatz und finde ihn wenig später. Nun ist Probesitzen angesagt. Das Sitzgefühl ist nicht unangenehm. Zwar guckt an zwei oder drei Stellen neugierig ein Halm zwischen den Balken der Bänke hervor, dem Sitzkomfort tut das allerdings keinen Abbruch. Und so ein bisschen Grün, auch wenn es vom Unkraut kommt, tut dem grau-weißen Wohngebiet doch eigentlich auch ganz gut. Eher stören die achtlos weggeworfenen Zigarettenkippen, die neben dem Mülleimer liegen.
Danach treffe ich auf einen Lützenkirchener, der ein paar Sehenswürdigkeiten in seinem Dorf empfehlen kann. Er verweist auf den Bergischen Löwen. Er passt irgendwie in das Bild von diesem Stadtteil einer Großstadt, der wie ein kleines Dorf im Bergischen Land wirkt. „Die Annakapelle kann ich auch empfehlen“, rät der Passant noch. Also geht es weiter zur Annakapelle.
Die ist zwar geschlossen, macht aber von außen schon einen interessanten Eindruck. Mit ihrem strahlenden Weiß wirkt sie wie ein Gotteshaus, das auch irgendwo im Süden stehen könnte. Ein Blick auf eine Infotafel verrät: Die Annakapelle ist tatsächlich eine Sehenswürdigkeit. Sie wird als „überregional bedeutende Wallfahrtskirche“ angepriesen und zählt zu den historischen Stätten Leverkusens.
Die letzte Etappe meiner Erkundungstour möchte ist der Hölzer Hof. Pferdewirt Andreas Hölzer führt mich über die Anlage. 23 Ställe vermietet er an Pferdehalterinnen und -halter, seit die Reitschule vor sechs Jahren ausgezogen ist. Sein Beruf ist für ihn mehr als nur Arbeit. „Es ist der Umgang mit den Tieren, der so viel Spaß macht – das kann man einfach nicht in Worte fassen“, schwärmt er. Und weiter: „Für mich ist der Hof einfach Heimat, ich bin da reingewachsen.“
Außerdem kann er die Aussage der Opladenerin nur bestätigen: „Lützenkirchen liegt total in der Natur, man hat alles, was man braucht: Für mich ist das auf jeden Fall der schönste Stadtteil.“
Die Serie
In unserer Serie „Unterwegs in ...“ werfen unsere Autorinnen und Autoren mit einem Dartpfeil auf die Landkarten von Leverkusen, Leichlingen und Burscheid. Dort, wo der Pfeil einschlägt, verbringen sie eine gewisse Zeit und schreiben darüber. (nip)