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Modegeschäft schließtGeflüchtet vor den Mullahs – Ruhestand in Leverkusen

Lesezeit 3 Minuten
Pari und Paul Razi in ihrem Wiesdorfer Geschäft. Sie kamen 1980 aus dem Iran.

Pari und Paul Razi in ihrem Wiesdorfer Geschäft. Sie kamen 1980 aus dem Iran.

Pari's Moden in Leverkusen schließt nach 40 Jahren. Die Razis, die 1980 wegen der Mullahs den Iran verließen, gehen in den Ruhestand.

Dass sich manche der vielen Stammkundinnen von der Ladeninhaberin Pari Razi mit Küsschen verabschieden, sagt vielleicht schon viel über den Wiesdorfer Laden aus. Das kleine unauffällige Geschäft „Pari's Moden“ liegt vis à vis dem Rathaus in einer Top-Lage im Schick-Haus; es öffnet am Freitag nach Weiberfastnacht, 28. Februar, zum letzten Mal. Damit geht die vierzigjährige Leverkusener Geschäftsgschichte der Razis zu Ende, die es in sich hat.

In der Hochphase ihres Geschäftslebens führten Paul und Pari Razi acht Filialen von Pari's Moden: in Bensberg, Opladen, Solingen, Köln, Remscheid, Wermelskirchen und Langenfeld. Nach 1985 öffneten die beiden ein Geschäft nach dem anderen „ungefähr jedes Jahr eins“, sagt Paul Razi, „und wir hatten einen Großhandel“. Dann ging es andersherum: Ihr kleines Filialnetz reduzierte sich ab diesem Zeitpunkt in derselben moderaten Geschwindigkeit. Als Letztes war Wiesdorf übrig, etwa seit 20 Jahren ist der Laden und seine Besitzer ein fester Bestandteil am Friedrich-Ebert-Platz, jetzt gehen die beiden in Rente.

1980 war es besser, den Iran zu verlassen

Das Schlebuscher Ehepaar stammt aus dem Iran, aus Teheran. 1980, als Ayatollah Khomeini und seine religiösen Extremisten das Ruder im Iran an sich rissen, wurde es Zeit für die Razis, auszuwandern. Sie befürchteten das Schlimmste, nur weil sie einem anderen Glauben als dem schiitischen Islam angehörten: der vergleichsweise jungen Religion Bahai, die seit der islamischen Revolution systematischer Verfolgung ausgesetzt ist. „Wir waren keine Mohammedaner, deshalb konnten wir nicht bleiben.“ Paul Razi, der nach der Ausreise seinen neuen deutschen Vornamen zugelegt hat, redet nach wie vor vorsichtig, wenn es um Themen wie das Mullah-Regime, Religion und Entwicklungen geht, die er in Wiesdorf vor der eigenen Ladentür beobachtet.

Deutschland ist längst meine Heimat.
Paul Razi

Er und seine Frau sind eingebürgert: „Deutschland ist längst meine Heimat“, sagt der Mann, mit dem man in Wiesdorf schnell ins Gespräch kam, wenn er vorm Geschäft stand und eine Zigarette rauchte. Die politische Lage im Herkunftsland behält er genauso im Blick wie die in Deutschland.

Er selbst kannte Deutschland schon vor der Ausreise, als 19-Jähriger habe er in den 1960er-Jahren kurz in Stuttgart bei Mercedes gearbeitet, sei dann wieder in den Iran zurückgekommen, den er Jahre später gemeinsam mit seiner Frau als 34-Jähriger verlassen hat. Die Modeexpertin unter den beiden ist seine Frau Pari. Sie habe Design in Mailand und in England Wirtschaft studiert. Vor der iranischen Revolution.

Pari's Moden in Wiesdorf schließt.

Pari's Moden in Wiesdorf schließt.

Ihre Mode habe sie zuerst noch selbst genäht, gemeinsam mit Mutter und Schwester. Später habe sie ihre Entwürfe bei der Bergisch Gladbacher Textilmanufaktur Simon stricken lassen. Damit war irgendwann Schluss, auch mit dem Großhandel. „Etwa ab 2005 haben die Chinesen den Großhandel übernommen“, sagt Frau Razi, „mit den Preisen konnten wir nicht konkurrieren“.

Die Lage in den Innenstädten ändert sich: „Junge Frauen shoppen im Internet“, sagt Frau Razi, die zugibt, dass sie noch etwas weitergemacht hätte, wenn die Miete gestimmt hätte. Das amtliche Rentenalter haben die beiden natürlich längst überschritten, aber bei Selbstständigen ticken die Uhren oft anders. Zu einigen ihren Kundinnen hätten sich sogar freundschaftliche Verbindungen entwickelt, sagt Pari Razi. Manche hielten bis zum Schluss: „Ich war zuletzt öfter auf Beerdigungen von Kundinnen.“