Emily und Dylan Otto haben den Nachwuchspreis auf den Leverkusener Jazztagen gewonnen.
„Zauber in Raum 201“Wie Emily und Dylan Otto zu Leverkusens Jazz-Geheimtipp wurden
Im Wohnzimmer der Geschwister Emily und Dylan Otto ist das kreative Herz ihrer Songs spürbar. Hier wird ihre Musik geboren, zwischen Flügel, Gemälden und der Energie gemeinsamer Jamsessions. Im Interview erzählen sie, wie aus familiären Traditionen und musikalischer Leidenschaft ein einzigartiger Sound entsteht, der von Leverkusen aus in die Welt strahlt.
Welche drei Gegenstände in diesem Wohnzimmer stehen für eure Musik?
Emily Otto: Der Flügel – klar. Meine Eltern haben sich in den USA kennengelernt. Als sie nach Deutschland zogen, sagte meine Mutter: Ich ziehe nur um, wenn wir ein Klavier haben. Als sie nach Deutschland zogen, hat mein Vater ihr das Klavier geschenkt. Es ist das Herzstück unseres Hauses, alle sieben von uns haben in den letzten 30 Jahren etliche Stunden daran verbracht. Dann die ganzen Gemälde meines Vaters, die für unsere Familie stehen, die uns kreativ immer unterstützt hat. Und zuletzt die Menschen, die hier sind. Jamsessions sind ein Teil unserer DNA, das gemeinsame Musikmachen prägt uns.
Euer Wohnzimmer ist quasi eure Bühne – wie fühlt es sich an, dass eure Songs von hier aus in die Welt gehen?
Dylan Otto: Bestätigend. Es ist schön, jetzt wirklich das zu machen, wofür man immer eine Berufung hatte.
Emily Otto: Am Anfang hatte ich die Sorge, ob unsere Musik außerhalb dieses Raums funktioniert. Der erste Auftritt mit eigenen Songs bei der Kunstnacht war emotional und befreiend – ein Moment, in dem ich ganz ich selbst war.
Gab es andere Orte, die euch prägten?
Dylan Otto: Die Musikschule, besonders mein Lehrer Rainer Schmitz. Er hat mich in den Jazz geführt. Und natürlich das Internet, das hat unseren Musikgeschmack geprägt, wir haben viel gepostet. Das Netz war unsere erste Bühne.
Emily Otto: Mein klassischer Gesangsunterricht hat mich geprägt, besonders meine Lehrerin Camille van Lunen. Raum 201 in der Musikschule Leverkusen war der Ort, wo der Zauber passierte.
Wann wusstet ihr, dass Musik mehr als ein Hobby wird?
Emily Otto: Ich habe Wettbewerbe gewonnen, aber mich gegen ein Musikstudium entschieden. Letztes Jahr ging ein Video meiner anderen Band viral. Ich dachte: Wenn so etwas passiert, widme ich mich wieder der Musik. Das war ein Schlüsselmoment.
Dylan Otto: Mit „Future Sounds“ hat alles an Ernsthaftigkeit gewonnen. Wir wollten nur ein bisschen Musik machen – und dann gewinnen wir. Jetzt planen wir ein Album und mehr Konzerte.
Worauf freut ihr euch nun am meisten?
Emily Otto: Unser Gewinn: ein eigenes Konzert bei den Jazztagen 2025 im Erholungshaus. Es wird gestreamt, ein absolutes Highlight. Die Förderung der Stadt Leverkusen war ein Wendepunkt. Im August 2023 entschied ich mich gegen ein Musikstudium und plante, Musik nur nebenbei zu machen. Im April 2024 geht dann ein Video von mir viral. Im Mai 2024 ermutigt mich ein Anruf von Arthur Horváth, dass die Stadt Leverkusen mich fördert. Seine Worte „Ich glaube an deine Stimme und an deine Lieder“ lassen mich meinen Traum verfolgen. Dank Arthur Horváth und Frank Weiffen konnten wir Musik wieder eine Chance geben und unsere Projekte vorantreiben. Ohne sie wäre all das nicht möglich gewesen.
Wie schreibt ihr zusammen Songs?
Emily Otto: Für „Future Sounds“ haben wir uns ein Wochenende lang eingeschlossen. „Tipping Point“ entstand spontan, inspiriert vom Buchtitel. Ich kam mit ersten Textideen, Dylan mit Akkorden. Wir probierten stundenlang, bis es passte.
Dylan Otto: Emily beschreibt einen Sound, ich bastle die Akkorde. Unser gemeinsamer Musikgeschmack hilft enorm.
Gab es kreative Reibereien?
Dylan Otto: Eher Reibungen mit dem Song, der noch nicht existiert hat – Reibungen mit dem Schreiben. Der Prozess war manchmal frustrierend, aber letztlich produktiv.
Emily Otto: Bei „Handle Me With Care“ hatten wir den besten Songwriting-Moment. Ein Sticker inspirierte mich zum Titel, ich sang den ersten Vers und Dylan antwortete direkt mit Akkorden. Das Gefühl des Liedes war nach Sekunden schon ganz da. Es wurde eine kraftvolle Jazz-Ballade – unser emotionalster Song.
Welche Botschaft steckt in eurer Musik?
Emily Otto: Meine Texte entstehen aus Sprache und persönlichen Erfahrungen. In Momenten der Fragilität will ich, dass Menschen behutsam mit mir umgehen – das verarbeite ich in Songs wie „Handle Me With Care“.
Dylan Otto: Ich setze die Emotionen musikalisch um, durch Lautstärke und Harmonien. Der Vibe muss stimmen.
Wie hat eure Familie euch geprägt?
Emily Otto: Unser erster gemeinsamer Auftritt war, als ich neun war. Unsere Mutter war drängend fördernd, aber gleichzeitig entspannt. Sie hat uns ermutigt – vor allem mit ihrer Liebe zum Jazz und zum Gasgeben. Immer wenn Freunde zu Besuch waren, sollten wir für sie Musik machen. Von klein auf waren Musik und Kunst ein normaler Bestandteil des Alltags.
Dylan Otto: Die Liebe für Jazz war in der Familie immer da.
Wie würdet ihr euren Sound beschreiben?
Dylan Otto: Akustisch, roh, harmonisch und komplex.
In wessen Wohnzimmer würdet ihr gerne spielen?
Dylan Otto: Tom Misch und Jacob Collier. Sie sind meine Hauptinspiration.
Emily Otto: Cécil McLorin Salvant, Emily King, Thundercat, Anderson Paak, Julian Lage und Emmett Cohen. Alle zusammen wären ein Traum.