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Mutter entsetzt über Urteil„Richterin hat lächelnd das Leben meines Sohnes zerstört“

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Leverkusen

Am 19. März 2019 rückte die Polizei in der Hamberger Straße an. Nach einem Messerangriff verstarb dort ein Pole. Der Täter wurde zunächst zu neun Jahren Gefängnis verurteilt. Jetzt wird der Prozess neu aufgerollt.

  1. Ein Streit um Drogen in Lützenkirchen endet mit dem Tod eines Mannes. Anfang November ging der Prozess am Kölner Landgericht zu Ende.
  2. Das Urteil: Robert A. muss neun Jahre ins Gefängnis. Er soll seinen Widersacher erstochen haben.
  3. Jetzt erhebt die Mutter des Verurteilten schwere Vorwürfe gegen das Gericht und das Urteil, das ihrer Meinung nach „bereits von vorneherein feststand“.

Leverkusen – Neun Jahre Gefängnis: Damit kann sich weder Robert A. (Name geändert) abfinden, noch seine Mutter. Anfang des Monats war er vom Kölner Landgericht wegen Totschlags verurteilt worden. Die 4. Große Strafkammer unter Vorsitz von Ulrike Grave-Herkenrath sah es als erwiesen an, dass der junge Mann mit polnischen Wurzeln voll verantwortlich für das tragische Geschehen am 19. März ist. Mit zwei Freunden war Robert A. zu einer Wohnung in der Hamberger Straße gefahren, um Druck zu machen: Ein Freund sah sich bei einem Drogendeal übervorteilt, der Kunde sollte Geld nachschießen. Es ging nur um ein paar Euro.

Was in der Lützenkirchener Wohnung genau passierte, mussten sich die Richter indes ziemlich zusammenreimen. Zwar wurden im Verlauf des Prozesses eine Menge Zeugen gehört – deren Aussagen aber trugen kaum zur Erhellung des Geschehens bei. Deshalb hatten die Worte von Robert A., der gemeinsam mit Erwin T. vor Gericht stand, extrem viel Gewicht. Der befreundete Dealer hat sich ins Ausland abgesetzt. Vor Gericht hatte Robert A. dann doch eingeräumt, mit dem Messer zugestochen zu haben, freilich im Verlauf eines Kampfs mit dem Opfer. Dass der Stich in den Bauch tödliche Folgen haben würde, konnte er nicht glauben: Am Messer klebte kein Blut.

Vermutungen, keine Beweise

An diesem Punkt setzt die Kritik seiner Mutter ein, die sie jetzt in einem Brief an den „Leverkusener Anzeiger“ äußert. Sie ist der Auffassung, dass ihr Sohn verurteilt wurde „ohne stichfeste Beweise“ oder belastbare Zeugenaussagen. Die harte Strafe beruhe vielmehr auf „Vermutungen der Richter“, Angaben von Zeugen, die am fraglichen Abend getrunken hatten – und der Aussage ihres Sohnes, der zur Tatzeit ebenfalls unter Alkoholeinfluss stand. Wie stark, hatte die Gutachterin im Prozess nicht mit letzter Sicherheit sagen können. Dass Robert A. vermindert schuldfähig sein könnte, hatte die Ärztin allerdings ausgeschlossen.

Aus Sicht von Anna Chmielowska haben die Zeugenaussagen keinen Wert. Deshalb kommt sie zu dem Vorwurf, dass „das Urteil von vornherein feststand“. Von den Zeugen habe niemand mit Konsequenzen zu rechnen gehab; die Aussage ihres Sohnes sei zu relativieren: Sie bestehe aus „kleinen Fetzen“, die ihm im Gedächtnis geblieben seien und dem, „was ihm die anderen in den Kopf gesetzt haben".

„Dieses Lächeln kann ich nicht verzeihen bis ans Ende meiner Tage“

Schockiert ist die Mutter vom Verhalten der Vorsitzenden Richterin. „Mit einem breiten Lächeln im Gesicht“ habe Grave-Herkenrath „das Leben meines Sohns zerstört, so einfach in ein paar Minuten.“ Nicht einmal der Staatsanwalt habe sich so negativ geäußert wie die Richterin in ihrer sehr ausführlichen Urteilsbegründung. Dieses Lächeln könne sie Grave-Herkenrath „nicht verzeihen bis ans Ende meiner Tage“.

Dass ihr Sohn wegen Totschlags verurteilt wurde und der Versuch seines Verteidigers scheiterte, das tragische Geschehen juristisch als gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge zu bewerten, kann Chmielowska nicht nachvollziehen. Aus ihrer Sicht war die dann folgende Beweisaufnahme „einfache Routine. Zum Glück kann man noch in Revision gehen.“ Das eröffne die Chance, dass „die vielen Unstimmigkeiten in den Akten aufgearbeitet werden“.

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Kritik übt Chmielowska auch daran, dass ihr im Prozess kein Dolmetscher zur Verfügung stand. Mit ihrem Sohn habe sie deshalb nicht in ihrer Muttersprache sprechen können – jedenfalls nicht so, dass der Inhalt im Prozess verwertet werden konnte. Sein Freund Erwin T., der ebenfalls mit einem Messer bewaffnet in der Hamberger Straße aufgetaucht war, kam übrigens mit einer Bewährungsstrafe davon. Verurteilt wurde er wegen versuchter räuberischer Erpressung.