Die Polizeibeamten beschrieben am zweiten Verhandlungstag die dramatischen Minuten, bevor sie den Schwerverletzten fanden.
Prozess fortgesetztOpfer der Leverkusener Messerattacke überlebte dank großer Suchaktion
Am Mittwochvormittag setzte die 16. Große Strafkammer des Landgerichts Köln den Prozess gegen Sinan D. (Name geändert) fort, dem die Staatsanwaltschaft vorwirft, an einem Feldweg in der Nähe von Rheindorf 26-mal mit einem Messer auf einen 45-jährigen Hobby-Ornithologen eingestochen zu haben.
Auf der Tagesordnung dieses zweiten Verhandlungstages stand die Vernehmung von drei Polizeibeamten, die am Tattag im Einsatz gewesen waren. Zunächst rief die Vorsitzende Richterin Sabine Grobecker nacheinander die beiden Polizeikommissarinnen in den Zeugenstand, die das Opfer gefunden hatten.
Die Zeit, nachdem der Niedergestochene den Notruf abgesetzt hatte, beschrieb die erste vernommene Polizistin als „sehr große Chaosphase“. Das Hauptziel sei gewesen, den Geschädigten zu finden, der offensichtlich in Lebensgefahr schwebte.
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Ungenaue Standortbeschreibung auf Leverkusener Stadtgebiet
Bis auf die Tatsache, dass er unweit seines an einem Strommast lehnenden Fahrrades in der Nähe der Wupper sowie der Bahngleise liege, habe er keine konkreten Angaben zu seinem Standort machen können. „Wir haben uns gedacht: Das kann doch nicht wahr sein. Normalerweise hat man das Opfer, aber nicht den Täter. Hier ringt jemand um sein Leben, überall ist Polizei, aber wir finden den nicht“, schilderte die Polizeibeamtin die große Suchaktion.
Im Prinzip hätten sich die kompletten Polizeiwachen aus Wiesdorf und Opladen auf die Suche gemacht. Auch Kölner Kollegen hätten unterstützt: „An jedem Feld standen Streifenwägen, nach allen Seiten liefen Kolleginnen und Kollegen durch die Felder.“ Für sie habe es links und rechts der Solinger Straße wie auf einem „Wimmelbild“ ausgesehen, betonte auch die zweite Polizeikommissarin in ihrem Verhör.
Opfer kaum noch mit Körperspannung
Als sie schließlich einem Bauchgefühl folgend den niedergestochenen Vogelkundler gefunden hätten, habe dieser „sehr schwach“ gewirkt, berichtete die zuerst vernommene Polizistin. Das Opfer sei zwar ansprechbar gewesen, aber habe kaum noch die Augen offen halten können. Während ihre Kolleginnen und sie dem Mann die Klamotten aufgeschnitten hätten, um die Stichverletzungen zu finden, habe sie mit ihm geredet, damit er wach bleibe.
Der Geschädigte habe diverse, aufklaffende Schnittwunden am Rücken, am Kopf, an der Seite sowie dem Brustkorb gehabt, unterstrich die als zweites vernommene Polizeibeamtin. Die drei Tiefsten hätten sie unverzüglich mit dem Inhalt der mitgeführten „Medipacs“ versorgt. Anzeichen für einen Kampf habe sie in der Eile dabei nicht registriert, da kaum Ähren des Feldes, an dem das Opfer lag, umgeknickt gewesen seien.
Als Letztes vernahm Richterin Grobecker an diesem Verhandlungstag einen der Polizisten, welcher den mutmaßlichen Täter mit aufgespürt hatte. Er habe eigentlich schon Dienstschluss gehabt, berichtete er. Als der Notruf bei der Wache einging, sei ihm sofort klar gewesen, „das ist richtig ernst“.
Kletten an der Hose als verdächtiges Indiz
Auf der Fahrt in das Gebiet des Tatortes bei Rheindorf hätten seine Kollegen und er dann über Funk eine grobe Täterbeschreibung erhalten: „Männlich, kräftige Statur und südländisch beziehungsweise arabisch aussehend“. Erstrangig hätten sie den Tatort ausfindig machen wollen, fuhr der Polizeibeamte fort, aber natürlich seien sie auch auf der Suche nach dem mutmaßlichen Täter gewesen.
Auf einem Feldweg sei ihm dann ein verdächtiger Mann aufgefallen, der ziemlich außer Atem wirkte und nicht nach einem Spaziergänger ausgesehen habe. Die Person habe viel mehr einen nervösen Eindruck gemacht. Außerdem seien „nicht wenige“ Kletten an seiner Hose gewesen, weshalb sie sich dazu entschieden hätten, den Mann festzunehmen. Obwohl sie mit dem Auto maximal eine Minute von dem Tatort weg gewesen seien, habe es noch gut 20 Minuten gedauert, bis dann auch Opfer gefunden worden sei.
Am nächsten Verhandlungstag sollen unter anderem Personen aus dem Umfeld des mutmaßlichen Täters vernommen werden, da dieser keine eigene Aussage machen möchte.