Vor zwei Jahren geriet ein 54 Jahre alter Mann an der Solinger Straße unter einen Wupsi-Bus und starb.
Busfahrer unter SchockRichter arbeitet Tragödie um überfahrenen Leverkusener Fußgänger auf
Es war „ein Fehler, der passieren kann, aber nicht passieren darf“. So fasste es Richter Torsten Heymann zusammen. Denn die Folge war tragisch: Ein 54 Jahre alter Mann ist in Rheindorf ums Leben gekommen. Ein Busfahrer hatte ihn an der Ampel überfahren, als er nach links auf die Solinger Straße abbog. Das war vor ziemlich genau zwei Jahren.
Am Dienstag wurde die Tragödie vor dem Amtsgericht in Opladen juristisch aufgearbeitet. Und es zeigte sich: Der 37 Jahre alte Mann, der an jenem trüben, regnerischen Spätnachmittag des 30. November den Wupsi-Schnellbus der Linie 21 durch Rheindorf lenkte, hat die Sache auch noch nicht verwunden. Äußerst angespannt saß er neben seinem Verteidiger; und als Richter Heymann Fotos des Sachverständigen von der Unfallstelle aufblätterte, wich er einen Schritt zurück.
Beide hatten Grün
Was war passiert? Am späten Nachmittag hatte der Bus auf der Netzestraße gehalten. Dort waren offenbar zwei Personen ausgestiegen. Eine muss – so wurde es rekonstruiert – vor dem Bus in die Straße überquert haben, ein Mann hinter dem Bus langgegangen sein und sich zur Fußgängerampel an der Solinger Straße bewegt haben. Im Blickfeld des Busfahrers war er jedenfalls nicht. Der fuhr an, um an der Ampel nach links auf die Solinger Straße abzubiegen.
Dort passierte es: Er rammte den Mann, der ebenfalls bei Grün die Fußgängerampel passierte. Der Aufprall war so stark, dass der Fußgänger schwere Verletzungen davon trug. Er konnte zwar noch in Rheindorf reanimiert werden. Aber wenige Stunden später starb der 54-Jährige im Klinikum.
Der Fahrer tastet sich langsam wieder heran
Auch der Busfahrer erlitt einen Schock. Zwei Monate war er krank geschrieben, seit dem vorigen Februar tastet er sich langsam an die Arbeit bei der Wupsi heran. Noch immer gehe er alle zwei Wochen zum Therapeuten, hieß es am Dienstag vor Gericht. Dort musste er sich wegen fahrlässiger Tötung verantworten.
Ein Gutachter von der Dekra hat den Hergang detailliert rekonstruiert. Zum Glück konnte er nicht nur auf den Fahrtenschreiber zurückgreifen, sondern auch auf ein Video. Denn es stellten sich mehrere Fragen: Ist der Busfahrer zu schnell abgebogen? Hat er zu langsam reagiert? Wie gut war die Sicht auf den Fußgängerüberweg? Hätte er den Mann sehen müssen?
Penibel habe der Sachverständige das tragische Geschehen vom 30. November 2022 rekonstruiert, um diese Fragen zu beantworten, so Heymann. Denn von dem schockierten Busfahrer kam nicht viel: Der konnte noch nicht einmal sagen, ob der Fußgänger von rechts oder von links kam.
Nicht zu schnell, keine Sicht
Der Gutachter stellte fest, dass der Bus ein Tempo zwischen 19 und 25 Kilometer pro Stunde hatte, als er den Fußgänger rammte. Das war nicht übermäßig schnell. Die Reaktionszeit des Fahrers war normal. Was sich aus dem Kurvenradius und dem Lichtkegel der Scheinwerfer auch ergab: Der Fahrer konnte den dunkel gekleideten Mann nicht erkennen. Sein Weg war einfach unglücklich. „Ein, zwei Sekunden später, und es wäre nichts passiert“, fasste Heymann zusammen. Der Busfahrer habe „einen kleinen Fehler mit den größtmöglichen Folgen“ begangen.
Was macht ein Richter damit? Da gab es zwischen ihm, dem Staatsanwalt und auch dem Verteidiger keinen Streit: Gar keine Strafe, das ging nicht. Aber eine Verwarnung mit Strafvorbehalt erschien angemessen, neben einem Bußgeld. Das bedeutet: Der Busfahrer muss eine Strafe zahlen, wenn er sich in den nächsten zwei Jahren etwas zuschulden kommen lässt. Dann werden 90 Tagessätze zu je 40 Euro fällig. Der Satz spiegelt das Einkommen des Fahrers wider; 2200 bis 2300 Euro netto im Monat.
Auf jeden Fall muss der 37-Jährige 800 Euro Buße bezahlen; dafür hat er 20 Monate Zeit. Das Geld fließt an die Hinterbliebenen des Mannes, der mit 54 Jahren aus dem Leben gerissen wurde. Dass mit dem Bußgeld für die Betroffenen nicht viel gewonnen ist, betonte Richter Heymann mit Blick in ihre Richtung: „So etwas kann man nicht ausgleichen.“ Das weiß auch der Busfahrer.