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Stresstest an der Hitdorfer FähreLeverkusener Retter üben Brand im Maschinenraum

Lesezeit 4 Minuten
Übung an der Hitdorfer Fähre mit DLRG, Feuerwehr, DRK, Freiwillige Feuerwehr.

Übung an der Hitdorfer Fähre mit DLRG, Feuerwehr, DRK, Freiwillige Feuerwehr. 

Die Sanitäter müssen auch mit frechen Patienten gelassen umgehen.

Eines der Probleme bei großen Einsätzen ist der Stress, unter den Sanitäter und Retter geraten können. Besonders Verletzte können ganz schön Druck ausüben, aber Helfer dürfen sich nicht davon beeinflussen lassen, wer am lautesten schreit. Sie müssen nach ihren klaren Regeln handeln: Wer braucht zuerst Hilfe, wer kann warten?

Um mit solchen Situationen umgehen zu können, gibt es Übungen. Am Sonntagmorgen lief ein solcher Stresstest auf der Hitdorfer Fähre, mit ausgebildeten Laienschauspielern, die Verletzte spielen; um es noch realistischer werden zu lassen, hatten einige Wunden geschminkt. In der Rettungsszene heißen sie Mimen. Theoretisch könnte sich ein solcher Fall zum Beispiel auf einem Kreuzfahrschiff abspielen. 

Übung an der Hitdorfer Fähre mit DLRG, Feuerwehr, DRK, Freiwillige Feuerwehr. r

Hier zeigt sich durchaus schauspielerisches Talent.

Übung an der Hitdorfer Fähre mit DLRG, Feuerwehr, DRK, Freiwillige Feuerwehr.  Foto: Ralf Krieger

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Als Szenario hat man sich bei der DLRG ausgedacht, dass im Maschinenraum der Fähre ein Feuer ausbricht, das sich zwar nicht weiter ausgebreitet, aber 20 Verletzte gefordert hatte. Drei davon schwer.

Übung an der Hitdorfer Fähre mit DLRG, Feuerwehr, DRK, Freiwillige Feuerwehr

Übung an der Hitdorfer Fähre mit DLRG, Feuerwehr, DRK, Freiwillige Feuerwehr

Markus Klein hat man eine besonders fiese Wunde geschminkt: einen schwarz-rot verbrannten Arm, der auch noch gebrochen sein soll. Im Szenario hatte er zwar die brennende Maschine halbwegs gelöscht, sich aber verletzt. Linda Bauer war „nur“ im Gesicht etwas verbrannt und schwarz, sie hatte ihren Kollegen Markus aus dem Maschinenraum gezerrt. Dazu gab es Mimen, die zu viel Rauch eingeatmet hatten. Die Übung soll lebensecht sein: Sogar ein betrunkener Verletzter steht im Drehbuch.

Damit es nicht ganz einfach wird, liegt die Sankt Michael am Kölner Ufer in Langel, und alle Verletzten müssen mit Booten ans andere Ufer nach Leverkusen gefahren werden. Dazu bauen DLRG und die Leverkusener Feuerwehr mit ihrem Boot einen Pendelverkehr auf und fahren erst die liegenden hinüber und später die, die noch selbst gehen können.

Wer sich beschwert, dem kann es noch nicht wirklich schlecht gehen

Eine Regel scheint zu sein: Wer noch schreien und wer sich noch über eine nach eigener Einschätzung viel zu lahme Rettung beschweren kann, dem kann es noch nicht wirklich elend gehen. Das Geplärre und auch die unverschämten Bemerkungen der Mimen, wie „Beeilt euch mal, tut ihr eigentlich überhaupt etwas?“, müssen die Retter hinnehmen und sich konzentrieren und cool bleiben und nach festen Regeln kategorisieren.

Wirklich verletzte Leute sprechen oft gar nicht mehr: Die müssen unter Umständen wach gehalten werden; für diese Aufgabe rekrutieren die Retter zuerst auch schon mal Passagiere, die das noch können. Eine Jugendliche erbricht sich über die Reling, sie spielt es so echt, dass man mal gucken muss, ob sie nicht wirklich die Fische und Möwen im Rhein füttert: Aber nein, Jugendliche können sich eben gut in ein Drama hineinsteigern. Monika Eppelmann von der DLRG leitet die Mimen-Gruppe, sie hat den teils jungen Schauspielern vor ihrem Einsatz noch einmal erklärt, dass sie auch ohne Weiteres aussteigen können, wenns ihnen das Drama über den Kopf wachsen sollte.

Nach und nach kommen die Transporter an die Seite der Sankt Michael, holen einen nach dem anderen über.

Übungsleiter Tim Theobald (DLRG) Übung an der Hitdorfer Fähre mit DLRG, Feuerwehr, DRK, Freiwillige Feuerwehr.

Übungsleiter Tim Theobald (DLRG, links)

Für eine halbe Stunde bricht die Realität in die Übung ein: Eine Anruferin will vom Ufer einen echten Menschen im Rhein dümpeln gesehen haben. Die Bootsbesatzungen halten deshalb ihre Boote im Strom auf Position und warten, ob jemand vorbeitreibt. Es ist ein Fehlalarm, dann geht die Übung weiter. Übungsleiter Tim Theobald ist ganz zufrieden mit dem Ablauf, eine Analyse folgt erst später.

Auf der Leverkusener Seite gibt es die sogenannte Nato-Rampe. Gebaut wurde sie, damit dort im Kriegsfall Landungsboote anlegen können, wenn es etwa keine Brücken mehr gibt. Jetzt nutzen die Rampe die Feuerwehr und die DLRG für ihre Übung.

Inzwischen stehen oben jede Menge Einsatzwagen, das DRK und die Malteser haben Zelte aufgebaut und nehmen die Verletzten in Empfang. Das tun die Helfer routiniert, füllen Formulare aus. Das mag altmodisch und bürokratisch wirken, aber diese deutsche Ordnung bringt Ruhe in die Rettungskette. Spätestens jetzt können sich die Verletzten wirklich beruhigen, die noch vor Sekunden bei schneidendem Wind aus schwankenden Booten gezogen wurden.