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Jan LukatLeverkusener Rikscha-Fahrer bringt Essen, Mobilität und Herzlichkeit

Lesezeit 4 Minuten
Mann mit Lastenfahrrad.

Das Mittagessen kommt in klassischen Edelstahl-Behältern:Jan Lukat liefert regionale Küche direkt an die Haustür.

Jan Lukat liefert in Leverkusen nicht nur warmes Essen – sondern auch ein Stück Menschlichkeit auf zwei Rädern.

Ein rotes Lastenrad, Henkelmännchen voller dampfender Mahlzeiten, und ein Mann mit einer Mission: Jan Lukat (55) bringt nicht nur warmes Essen auf den Tisch vieler – sondern auch Menschlichkeit in den Alltag. Seit sechs Jahren ist der gelernte Grafiker mit seinem Unternehmen „myDabba“ in Leverkusen unterwegs. Sein Ziel: regionales Essen, umweltfreundlich verteilt – und ein Stück mehr Miteinander in der Stadt.

Der Name ist Programm: „Dabbawala“ kommt aus Indien und beschreibt dort seit über 150 Jahren das System der Essenszustellung per Fahrrad – mithilfe sogenannter „Dabbas“, runder Metallbehälter, die in Mumbai und anderen Großstädten bei der Kundschaft landen. Lukat hat dieses Prinzip nach Opladen geholt: Seine Speisen werden von regionales Gastronomen zubereitet, in Mehrweg-Behältern bis zu vier Stunden warm gehalten – nachhaltig ausgeliefert, mit dem Fahrrad, versteht sich.

Mehr als nur ein Mittagessen

„Ich wollte nicht mehr bunte Bilder gestalten, sondern etwas mit Sinn machen“, erzählt Lukat, der zuvor 30 Jahre in der Medienbranche tätig war. Die Demenz-Erkrankung seiner Mutter öffnete ihm die Augen für das, was in der Pflege – und oft auch im Alltag älterer Menschen – fehlt: persönliche Nähe. „Wenn Menschen vereinsamen, ist das das Schlimmste.“ Er kaufte sich für 10.000 Euro sein erstes Lastenfahrrad mit E-Antrieb und entwickelte die Idee zu „myDabba“. Für die Kunden, meist Senioren, bringt Jan viel mehr als „Essen auf Rädern“: Es geht ums tägliche Gespräch an der Tür, ein kleines soziales Netzwerk und um den menschlichen Austausch. „Ich lerne über das Essen so viele tolle Menschen kennen“, so Lukat.

Mann in Fahrradrikscha

Mit der Fahrradrikscha bringt Jan Lukat Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, durch die Opladener Bahnstadt

Anfangs waren es rund 30 Essen am Tag, heute versorgt das rote Lastenrat nur noch zehn Personen in der Bahnstadt, Alkenrath, Quettingen und Lützenkirchen – finanziell lohnt sich das nicht. Umgerechnet rund zwölf Euro kostet eine Mahlzeit inklusive Lieferung. 

Von der Essenslieferung zur Quartiersidee

Um „myDabba“ wirtschaftlich tragfähig zu halten, musste Jan Lukat kreativ werden. Neben dem Lieferservice betreibt er inzwischen mehrere kleinere Projekte, die das Quartiersleben bereichern sollen – und zugleich für Einnahmen sorgen. Mit der barrierefreien Fahrradrikscha „Anneliese“ bietet er Ausflüge für Menschen an, die nicht mehr gut zu Fuß sind. Auch Einrichtungen wie die Lebenshilfe greifen regelmäßig auf das Angebot zurück. „Im Sommer bin ich gut ausgelastet“, sagt Lukat. „Ich hoffe, dass ich bald auch Friedhöfe anfahren darf, damit Menschen ihre verstorbenen Angehörigen besuchen können.“

Einen weiteren Impuls für mehr Miteinander soll die Initiative „Perlen von Opladen“ liefern, die Lukat vor zwei Jahren für Gewerbetreibende ins Leben gerufen hat. Ziel ist es, lokale Unternehmen zu vernetzen und gemeinsame Ideen umzusetzen – wie etwa eine Trödelmeile oder den Kunst- und Handwerkermarkt. Aktuell ruhen diese Veranstaltungen allerdings, weil die Sponsoren fehlen.

Ganz neu ist Lukats Einstieg in den Kurierdienst – ein weiteres Angebot auf zwei Rädern. Auf der Platform Radkurier21.com kann er ab 9,90 Euro plus Kilometerzuschlag gebucht werden, um beispielsweise wichtige Dokumente, Medikamente oder kleinere Ersatzteile schnell und CO₂-frei zu transportieren. Bis zu 50 Kilo können die Waren wiegen, geliefert wird innerhalb weniger Stunden – vom Chempark bis zur Kölner Stadtgrenze. „Das ist noch im Aufbau, aber ich halte das für sinnvoll und zukunftsfähig“, sagt er. Eine Tour von Quettingen nach Wiesdorf kostet zum Beispiel 30 Euro.

Mit dem Weinfahrrad zum After-Work

Ein weiteres Projekt, das sich bereits etabliert hat, ist das „Weinfahrrad“: eine mobile Theke mit Gläsern und ausgewählten Weinen, die bei kleinen  bei den „Wine after Work“-Abenden in der Opladener Bahnstadt zum Einsatz kommt. Bis zu 100 Besucher sind keine Seltenheit. „Solche Formate zeigen, dass sich auch jenseits der klassischen Gastronomie Begegnung organisieren lässt“, sagt der Opladener.

Ideen hat Jan Lukas noch viele: Eine Kräuterwanderung mit Rad und Pflanzen-Expertin, eine kulinarische Fahrradtour, vielleicht auch wieder eine große Veranstaltung – alles mit dem Ziel, das Leben in Leverkusen etwas lebendiger und sozialer zu gestalten.