Erfolgreichste Tier-WebcamLeverkusener Siebenschläfer-TV feiert zehn Jahre

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Ohne sie liefe das Siebenschläfer-Projekt des Leverkusener Nabu nicht, v.l. : Regine Kossler, Erich Schulz, Lena Hölzer.

Ohne sie liefe das Siebenschläfer-Projekt des Leverkusener Nabu nicht, v.l. : Regine Kossler, Erich Schulz, Lena Hölzer.

Am 27. Juni ist Siebenschläfertag, für den Nabu hat das Datum eine besondere Bedeutung.

Das „Aufnahmestudio“ von Leverkusens erfolgreichstem TV-Programm wird streng geheim gehalten. So putzig die gefilmten Tierchen auch sind, man fürchtet Leute, die in der Lage wären, sie zu braten und zu essen. „Irgendwo im Wald“, heißt es dann. Die äußerst erfolgreiche Webcam des Leverkusener Nabu zeigt seit zehn Jahren eine Innenaufnahme einer Wohnhöhle mit Siebenschläfern, die sich dort in jedem Jahr fortpflanzen.

In diesem Jahr hat das Siebenschläfer-TV Jubiläum und die Nabu-Gruppe ist stolz darauf, dass noch in jedem Jahr Tiere in den Kasten eingezogen sind, sagt Regine Kossler, die das Projekt von Anfang an koordiniert. Tagsüber schlafen die nachtaktiven Tiere naturgemäß und man trifft sie um diese Jahreszeit tagsüber eigentlich immer schlafend an. 920.000 Menschen haben zuletzt in der Saison auf die Seite geklickt, damit sei das Siebenschläfer-TV Deutschlands meistbesuchte Tier-Webcam, sagt der Nabu-Vorsitzende Hans-Martin Kochanek.

Die dunkle Seite des niedlichen Siebenschläferlebens

„Ach wie süß!“, sagen die meisten der fast eine Million Besucher vermutlich, wenn sie die rosa Pfoten der flauschigen und höchst geselligen Tierchen ansehen, die im Juni besonders viel kuscheln, wenn sie sich vom monatelangen Winterschlaf erholen. Aber sieht man genauer hin, wird einem sofort klar, dass das Siebenschläferleben neben Kuscheln auch eine höchst unangenehme Seite hat: ständig entsteht irgendwo kurz Unruhe, übers Fell laufen Flöhe geschäftig und verschwinden wieder im Haarkleid, dass es einen beim Betrachten fies juckt.

Auch die Tiere mit den gelben Nagezähnen müssen sich ständig kratzen. Es kann passieren, dass statt der kleinen Krabbeltiere plötzlich eine große Wanze oder etwas Ähnliches, vielleicht ein Käfer, über eine Wand des Kastens läuft. Auch Fliegen kommen herein und fühlen sich offenbar wohl.

Technische Herausforderungen

Das, was der Projektgruppe zurzeit Sorgen macht, ist die komplizierte Aufnahmetechnik, die zweimal in der Woche gewartet werden muss. Dass sie im vergangenen Jahr wegen der Hitze einmal ausfiel, hat man mit einem solarbetrieben kleinen Ventilator in den Griff bekommen. Zweimal die Woche müssen Akkus gewechselt werden, weil man keine Stromleitung zum „Studio“ in den Wald legen kann. Dazu steigen die Freiwilligen Tim Siegemund und der über 80-jährige ehemalige Nabu-Vorsitzende Erich Schulz mit mehreren geladenen schweren Motorrad-Batterien auf einer Leiter fünf Meter in die Höhe. Die beiden wünschen sich ebenso Verstärkung wie Lena Hölzer, die sich um die begleitende, nicht-kommerzielle „Vermarktung“ der Webcam kümmert.

Was kann man wann sehen? Aktuell meist schlafende, sich kratzende Tiere und kleine Insekten. Im August sind die Weibchen trächtig, etwa Mitte September sind die Jungen da, die sechs Wochen lang aufgezogen werden. Dabei geht es auch schonmal kollegial zu: Im Sommer 2016 säugten zwei Weibchen in einer Höhle wahllos die kleinen Tiere, ohne zu wissen, welches von wem ausgetragen worden war.

Siebenschläfer: Nachtaktive Nagetiere und ihre Feinde

Siebenschläfer sind nachtaktive Nagetiere, die auch schon mal Vogelnachwuchs oder -eier fressen, meistens aber Samen und Obst. Deshalb sind die alten Obstwiesen wertvoll: Sie bieten Baumhöhlen und Nahrung. Die Tiere halten sich weit oben in Bäumen auf und gehen nur äußerst ungern auf den Waldboden. Ihre wahrscheinlich gefährlichsten Feinde sind Katzen, Marder und Eulen.

Entdeckt hat die Leverkusener Siebenschläfer Erich Schulz, als einer vor zehn Jahren in einen seiner Vogelnistkästen eingezogen war. Daraus entwickelte sich später das Projekt, für das im Jahr nach Angaben des Nabu 10.000 bis 20.000 Euro ausgegeben werden. Dass es sich bei Regenwetter am 27. Juni, dem Siebenschläfertag, dauerhaft einregnet, soll überwiegend (zu 60 Prozent) zutreffend sein.

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