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Europa LeagueSo erlebten Bayer-Fans das Auswärtsspiel in Rom

Lesezeit 4 Minuten
Die Bayer-Kurve kurz vor Anpfiff.

Die Bayer-Kurve kurz vor Anpfiff.

Mit 2:0 gewann die Werkself am Donnerstagabend bei der AS Roma. Den ganzen Tag schon waren Fans in ihren Trikots in der Ewigen Stadt unterwegs.

Und dann zieht Florian Wirtz mit seinem Führungstor dem gesamten Stadio Olimpico den Stecker: Die Bayer-Kurve jubelt euphorisch, die mehr als 60.000 Fans der AS Roma, die zuvor für eine fantastische Atmosphäre im Rund gesorgt hatten, verstummen und sitzen bedröppelt auf ihren Plätzen. Für die mehreren tausend Anhänger der Werkself, die für das Europa League-Halbfinale nach Rom gekommen sind, hat sich die Reise gelohnt.

Schon den ganzen Tag sind Bayer-Fans in kleinen Gruppen in der Stadt unterwegs. Die meisten Fans haben den Feiertag ausgenutzt und sind bereits am Mittwoch angereist. Vor dem Kolosseum stehen die Brüder Malte (28) und Jesper Goebel (33) mit Nadine Eimüller (31) aus Burscheid, sie alle tragen Trikots der Werkself. „Wir machen eine schnelle Sightseeing-Tour und wollen alles abhaken: Petersplatz, Trevi-Brunnen, Spanische Treppe, jetzt das Kolosseum“, zählt Jesper Goebel auf. „Wir machen ein Foto, dann geht’s weiter.“

Anders als ihre Freunde ist Nadine Eimüller nicht zum ersten Mal in Rom, sie hat bereits das Spiel im vergangenen Jahr gesehen, als die Werkself im Stadio Olimpico mit 0:1 verlor. „Ich will unbedingt Revanche“, sagt sie bestimmt. Für 170 Euro flogen sie ab Brüssel und zurück. „Das war am günstigsten.“ Die Flüge hätten sie in dem Moment gebucht, als Leverkusen im Viertelfinale gegen West Ham das 1:1 erzielte – wodurch das Weiterkommen feststand.

Malte (l.) und Jesper Goebel aus Leverkusen und Nadine Eimüller aus Burscheid vor dem Kolosseum. Sie machen eine Sightseeing-Tour im Schnelldurchlauf, bevor es zum Stadion geht.

Malte (l.) und Jesper Goebel aus Leverkusen und Nadine Eimüller aus Burscheid vor dem Kolosseum. Sie machen eine Sightseeing-Tour im Schnelldurchlauf, bevor es zum Stadion geht.

„Letztes Jahr hatten wir sogar Flüge zum Finale, die sind dann verfallen“, sagt Jesper Goebel. „Meine Mädels-Gruppe hat schon welche nach Dublin“, schildert Eimüller. Die Menschen in Rom reagierten zumeist freundlich auf ihre schwarz-roten Trikots. „Der Taxifahrer meinte, entweder verliert die Roma gegen uns oder im Finale – Bergamo wäre das Maß aller Dinge“, sagt Malte Goebel.

Am späten Nachmittag machen sich die Fans der Werkself auf den Weg zum Treffpunkt. Von der Piazzale delle Canestre nahe der Villa Borghese fahren Shuttlebusse die Auswärtsfans zum Stadion. Vor dem Einsteigen werden sie von Polizisten abgetastet. Auch deutsche Beamte, erkennbar an einer Weste mit der Aufschrift „Police“ und der deutschen Flagge, sind vor Ort. Die Stimmung ist friedlich und die Polizisten freundlich.

Kaum hat sich der Shuttlebus in Bewegung gesetzt, beginnen die Fans zu singen. Sie trommeln auf den Scheiben und den Abdeckungen – die Busgesellschaft scheint bewusst nicht ihre neueren Fahrzeuge eingesetzt zu haben. Die Polizei eskortiert die Busse mit Blaulicht durch den römischen Feierabendverkehr. Gut zwei Stunden vor Anpfiff kommen sie am Stadion an.

Die Fans feiern die Werkself nach dem Spiel.

Die Fans feiern die Werkself nach dem Spiel.

Die Kontrollen werden für die Fans der Werkself zum Spießrutenlauf. Erst werden ihre Tickets samt Personalausweisen überprüft, dann werden sie abgetastet. An den Drehkreuzen müssen sie erneut ihre Tickets scannen, dahinter schauen Mitarbeitende, ob der darauf eingetragene Name mit dem auf der Karte übereinstimmt. Es folgt eine erneute Leibesvisitation durch Security-Personal, die nur zehn Meter dahinter von der Polizei wiederholt wird. Die Beamten der Guardia di Finanza sind alles andere als zimperlich und fassen den Fans sogar ungekündigt zwischen die Beine. Wem es hier gelingt, Pyrotechnik ins Stadion zu schmuggeln, hat für das Abbrennen einiges in Kauf genommen.

Die Fans der AS Roma hingegen zünden auf der Gegengeraden vor dem Anpfiff dutzende Rauchtöpfe und zeigen eine tolle Choreografie. „Avanziamo“ ist in der Curva Nord zu lesen, das bedeutet so viel wie „Weitermachen“. Die Bayer-Fans halten dagegen, singen von ihrem Lieblingsgegner einige Kilometer rheinaufwärts, dem Gründungsjahr ihres Vereins und was ihr Team in dieser Saison Besonderes erreicht hat.

Als Robert Andrich das 2:0 erzielt, dauert es nicht lange, bis die ersten Rom-Fans das Stadion verlassen. „Ohne Bayer wär‘ hier gar nichts los“, singen die Schwarz-Roten und „Oh wie ist das schön“. Es dauert bis kurz vor Mitternacht, ehe die Polizei die Auswärtsfans nach dem Schlusspfiff aus dem Stadion lässt. Die fordern Lothar Matthäus, der in diesem Stadion einst Weltmeister wurde und nun unten am Moderatoren-Pult von RTL steht, zu einer La-Ola auf. Diesen Gefallen tut er den Fans genau wie Xabi Alonso, der nach dem Interview ebenfalls noch einmal in die Kurve gekommen war.

Überwältigt von der Atmosphäre in dieser Kultstätte des Fußballs sind Jan Hövelmann aus Osnabrück und Erik Geesmann aus Hannover. „Das ist schwer in Worte zu fassen, wie sich das anfühlt. Ich habe diese Saison sechs, sieben Spiele gesehen, auch auswärts, aber die Intensität in diesem riesigen Stadion bei den Rom-Fans ist was ganz Anderes“, sagt der 21-jährige Hövelmann. „Bei einem Tor wäre sicher richtig was los gewesen – beim Stand von 5:0 hätte ich ihnen auch eins gegönnt“, fügt er hinzu. Für Geesmann war es das erste Bayer-Spiel überhaupt. „Der Fußball unter Xabi Alonso ist so schön, das macht einfach Spaß“, sagt er. Für sie alle lebt nach dem 2:0-Erfolg der Werkself in Rom der Traum vom Finale in Dublin am 22. Mai.