Es geschah über ein Jahr lang offenbar immer wieder: Sobald eine Klientin das Büro betrat, ging die Tür zu, der Mann wurde zudringlich.
ProzessLeverkusener Sozialamtsmitarbeiter vergriff sich an Kundin
Allein die Vorstellung lässt schaudern: Da kommt eine Frau zum Sozialamt, und kaum ist sie drinnen, steht ihr Sachbearbeiter auf, schließt die Tür zum Büro ab und wird zudringlich. Immer wieder, mehr als ein Jahr lang. Einmal fordert der Mittfünfziger die in etwa gleichaltrige Frau auf, ihre Hand auf seine Hose zu legen, die Schwellung darin zu fühlen. So steht es in der Anklage. Und dieser Fall ist nach Aussage des Opfers nur das Beispiel, das den Weg in die Anklageschrift gefunden und über das am Donnerstag Torsten Heymann zu befinden hat. Es ist „nur“ ein sexueller Übergriff.
Trotzdem ist der heute 59 Jahre alte Angeklagte zunächst nicht bereit, auch nur diese Tat zuzugeben. „Das stimmt nicht“, sagt er zu Beginn des Prozesses im Opladener Amtsgericht. Zum Glück bekommt das Opfer das nicht direkt mit: Die Frau könnte als Zeugin befragt werden, muss also zunächst draußen warten.
Mit Blick auf die Ermittlungsakten kann der Richter das nicht glauben. Die Leverkusenerin hat der Polizei eine ganze Serie von Zudringlichkeiten geschildert, zwischen Juni 2019 und Ende Juli 2020 war das. Dass die Sache jetzt erst vor Gericht kam, liegt unter anderem daran, dass die Staatsanwaltschaft die Sache zunächst zu den Akten gelegt hatte. Erst, nachdem die empörte Frau bei der Polizei die Übergriffe nochmals und detaillierter geschildert hatte, wurden die Ermittlungen wieder aufgenommen.
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Für ihn sollte es eine Beziehung sein
Aus den Akten ergibt sich indes auch, dass die Begegnungen für den Sachbearbeiter eine andere Bedeutung hatten. Es gab persönliche E-Mails, eine „klingt so, als wäre der Kontakt nicht nur dienstlich“, fasste Heymann zusammen. Ein weiterer Grund, die Aussage des Angeklagten in Zweifel zu ziehen.
Was kann man tun? Die Frau befragen, Details wieder hervorholen, die vielleicht inzwischen verarbeitet sind? Der Richter will das vermeiden, bittet zum Rechtsgespräch, nachdem er die Marschrichtung skizziert hat: „Da ist mit keiner hohen Strafe zu rechnen.“ Auch, weil die Sache schon so lange zurückliegt.
Zum Geständnis gedrängt
Würde der Angeklagte die Chance nutzen? Seine Anwältin Ute Reckleben braucht ein bisschen, um den Angeklagten zu überzeugen, dessen Ehe inzwischen kaputt ist. Aber es klappt: „Ja, es ist so passiert“, räumt der Sachbearbeiter ein. Und dass ihm die Sache leid tut. Seine unfreiwillige „Freundin“ ist ein bisschen erleichtert.
Und wie wird der Übergriff nun bestraft? Der Mann kommt mit einer Verwarnung davon: Lässt er sich zwei Jahre nichts zuschulden kommen, bleibt ihm die Zahlung von 90 Tagessätzen à 40 Euro erspart. Und er bekommt auch keinen Eintrag ins Strafregister. Zahlen muss er jedoch 1000 Euro Schmerzensgeld.
„Niemand muss das mit sich machen lassen“, unterstreicht Torsten Heymann mit Blick auf die Zudringlichkeiten gegenüber einer Frau, die schließlich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem Mann stand, der ihr die Zahlung der Sozialhilfe bewilligen sollte. Das Opfer sei zum Kontakt „gezwungen, weil Sie ihr Sachbearbeiter waren“, ergänzt der Richter. Das Verhalten des Mannes sei zumindest „sehr unprofessionell“.
Indes: Weitere Gelegenheiten soll der Sachbearbeiter nicht haben. Inzwischen sei er aus dem Sozialamt versetzt worden und habe auch keinen Kundenkontakt mehr, heißt es im Gericht. Dem Opfer hilft das nicht.