Mit sieben Stimmen Vorsprung löste Darius Ganjani Parteichef Alexander Finke ab. Der war nur zwei Jahre im Amt.
ParteitagLeverkusens SPD wählt sich schon wieder einen neuen Vorsitzenden
Ungeduld schlägt Kontinuität, ein Mann unter 30 einen Genossen in den 50ern. Schon wieder hat Leverkusens SPD einen neuen Vorsitzenden. Am Samstagmittag behielt Darius Ganjani in einer Kampfkandidatur um den Parteivorsitz gegenüber Alexander Finke recht knapp die Oberhand: Auf Ganjani entfielen 57 Stimmen auf Finke 50. Der neue Parteichef, Anfang des Monats gerade 29 Jahre alt geworden, war zuvor Beisitzer im Vorstand des Unterbezirks. In dieses Amt war er vor zwei Jahren gewählt worden. Auf demselben Parteitag Anfang Juni 2022 hatte Alexander Finke das Vakuum gefüllt, das entstanden war, nachdem Jonas Berghaus als SPD-Vorsitzender zurückgetreten war. Jener Jonas Berghaus, der 2019 einen unverdächtigen Parteitag in Bergisch-Neukirchen für einen Putsch nutzte und den alten Graben zwischen dem Opladener und dem Wiesdorfer Teil der SPD wieder aufriss.
Finke war vor seiner Wahl an die Spitze des Unterbezirks sechs Jahre Vorsitzender des Ortsvereins Opladen/Bergisch-Neukirchen. Ganjani kommt nun wieder aus Wiesdorf. Geht das Hin und Her also wieder los? „Nein“, sagt der neue SPD-Chef dem „Leverkusener Anzeiger“. Für ihn stehe die Verjüngung der Sozialdemokratie im Vordergrund. Die war vor zwei Jahren richtig in Gang gekommen. Aber Beisitzer-Posten reichten den Jungen nicht, „wir wollen mehr“, so Ganjani. Schon vor einem Jahr habe er beschlossen, sich um den Vorsitz zu bewerben. Die Leverkusener SPD brauche „einen jungen, wilden Vorstand“. Damit sei sie weiter als andere Parteien in Leverkusen.
Wie Robin Hood? Das ist ein Kompliment
Die Kritik eines Genossen, er würde sich zu „ein bisschen zu sehr wie Robin Hood benehmen“, habe er schließlich als Kompliment begriffen: „Robin Hood nimmt von den Starken und verteilt an die Schwachen. Das ist doch der Grund, warum ich damals überhaupt angefangen habe, Politik zu machen“, so Ganjani. Die Verteilung des Vermögens in Deutschland sei doch „eine unerträgliche Ungerechtigkeit“, die Aufstiegschancen für Ärmere seien zu gering. Das könne einen Sozialdemokraten nicht ruhen lassen. Allein mit guten Bildungschancen scheint es nicht getan zu sein.
Von Bildung war zuvor bei Alexander Finke viel die Rede gewesen. Der 53-Jährige verwies auf einige neue Arbeitsgemeinschaften, vor allem „SPD Queer“, die sich stark für den ersten Christopher Street Day in Leverkusen engagiert hatte, der ein ziemlicher Erfolg war, auch dank geschickter Verschränkung mit dem Schlebuscher Volksfest. Die AG wird von Nina Preilowski und Marco Sahler geführt.
Der Kandidat für das Europäische Parlament erlebte am Samstag die zweite Schlappe binnen drei Wochen: Der Schriftführer des SPD-Unterbezirks bewarb sich – nachdem er die Kandidatur für den Vorsitz verworfen hatte – um einen der beiden Stellvertreter-Posten. Aber auch da fiel der Genosse aus dem Ortsverein Schlebusch/Alkenrath durch, und das deutlich: Mit 38 Stimmen verbuchte er das schlechteste Ergebnis. Nicht viel besser schnitt übrigens Aleksandra Nowak ab, die Lebensgefährtin von Darius Ganjani. In seiner Bewerbungsrede übte Sahler leise Kritik an Absprachen und Uneinigkeit im Unterbezirk Leverkusen.
Koepke und Tahiri schulden der Leverkusener SPD noch etwas
Zu Vize-Vorsitzenden gewählt wurden Anja Koppen und Paul-Leander Schmidt, der vor zwei Jahren in dieses Amt gekommen war. An der Seite von Ariane Koepke, der vormaligen SPD-Landtagskandidatin also, die Partei und Fraktion im Streit verlassen hatte – ihr Ratsmandat aber mitgenommen hat. Wie Sven Tahiri, der zur CDU gewechselt ist. „Schäbig“ findet das die Vorsitzende der Ratsfraktion, Milanie Kreutz. Darüber lässt sich wohl eher streiten als über die Rückstände: Von Koepke und Tahiri hätte die Partei noch Geld zu bekommen, teilte Kassierer Julian Frohloff mit. Das müsse man aber abschreiben.
Einen Kontrapunkt zu alten und neueren Auseinandersetzungen in der Leverkusener SPD setzte dann aber der gerade unterlegene Vorsitzende: „Lasst uns zusammenbleiben, lasst uns sozialdemokratische Politik machen“, appellierte Finke an die Genossinnen und Genossen. Die reagierten mit stehendem Applaus.
Viel Beifall bekam auch Karl Lauterbach. Der Bundesgesundheitsminister und Abgeordnete für Leverkusen räumte zwar ein, dass er sich nicht mehr so oft blicken lasse. Aber seine Projekte wirken natürlich auch in Leverkusen: Bei der Krankenhausreform könnte das Klinikum Leverkusen eher gut abschneiden. Über die Stadt „wurde in Berlin noch nie so viel geredet“ wie seit dem Gewinn der Deutschen Fußballmeisterschaft, so Lauterbach. Leider lasse die Wertschätzung sofort nach, wenn es um die Autobahn-Ausbauten gehe. Das Credo von Karl Lauterbach ist ganz offenkundig nicht das von Volker Wissing. „Wir brauchen so wenig Straßen wie möglich“ – der Bundesverkehrswegeplan spricht eine völlig andere Sprache.
Zu Lauterbachs ehrgeiziger Agenda gehört ein Gesetz, das schwerst behinderte Menschen besser stellt und ihnen mehr Möglichkeiten erschließt, eine Ausbildung abzuschließen. „Das sind sozialdemokratische Gesetze“, betont Lauterbach. Und da sind sich tatsächlich alle einig im SPD-Unterbezirk Leverkusen.