Radsport MittelstädtLeverkusener Traditionsbetrieb hat sich in 50 Jahren gewandelt
Leverkusen – Es begann mit fehlenden Einzelteilen. 1972 arbeitete Willi Mittelstädt „beim Bayer“, in seiner Freizeit fuhr der Rheindorfer Rennrad. „Es war unheimlich schwierig, an Einzelteile zu kommen“, erinnert sich der heute 80-Jährige. Ein Bekannter aus dem Radverein hatte einen Kontakt zu einem Großhändler in Stuttgart, dort bestellten sie gelegentlich. Ansonsten gab es noch Läden in Köln. „Aber da war alles viel teurer als beim Großhändler.“ Also fing Mittelstädt an, zuerst sich und seine Vereinskollegen mit Ware vom Großhändler zu versorgen, auch auf Vorrat, die Bestellung musste sich schließlich lohnen. Das sprach sich rum.
Kleiner Keller, großer Keller
Und so nahm die Sache ihren Lauf. „Erst war es der kleine Keller. Dann der große Keller“, erzählt Mittelstädt. Und irgendwann war das Untergeschoss des Wohnhauses nicht mehr ausreichend. Ein kleiner Laden an der Pützdelle wurde angemietet – Mittelstädt arbeitet aber weiter bei Bayer. „Manchmal hat meine Frau Brigitte früher aufgemacht und sonst war halt erst am Abend geöffnet, wenn ich von der Arbeit kam.“ 1979 aber war Schluss mit der Doppelbelastung: Von dem Moment an war Willi Mittelstädt nicht mehr nur Fahrradhändler aus Leidenschaft, sondern auch hauptberuflich.
Und so feiert Radsport Mittelstädt in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Geführt wird der Laden, der seit 1982 an der Solinger Str. 22 beheimatet ist, mittlerweile von Willis Sohn Guido Mittelstädt. Er ist seit 2009 Geschäftsführer. Aber schon Teil des Geschäfts, so lange er sich erinnern kann. „Das war ja am Anfang in unserem Keller, da bin ich immer zwischen den Satteln und Zahnrädern rumgelaufen und habe später geholfen, das Richtige rauszusuchen.“
Die Frage, ob er den Laden einmal übernehmen würde, hat er sich eigentlich nie gestellt. Das war selbstverständlich. Aber auch Willi ist noch im Geschäft: Auch mit 80 Jahren macht er noch die Buchhaltung und springt auch mal als Urlaubsvertretung für seinen Sohn ein.
BMX-Boom wird zum Flop
Für den Familienbetrieb ging es in 50 Jahren nicht nur aufwärts. Zu dem Ursprungsgeschäft mit Rennrädern sprangen sie auf den 80er Jahren auf den BMX-Boom auf. „Wir hatten einen Großhandel und 20 bis 30 Fahrer pro Wochenende bei Rennen am Start, das war richtig groß“, erinnert sich Willi Mittelstädt. „Und dann war es von einem auf den anderen Tag vorbei“, ergänzt Guido. Bis heute können sie sich nicht erklären, wie ein riesiger Trend urplötzlich zerbricht. Doch das Lager war bis obenhin gefüllt mit BMX-Artikeln. Und die waren plötzlich praktisch unverkäuflich. Und damit wertlos. „Da war es eng mit dem Geld“, sagt Guido Mittelstädt.
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Doch das Unternehmen hat sich berappelt und fortan auf alltagstaugliche Räder gesetzt: City- und Trekkingbikes, in den vergangenen Jahren verstärkt natürlich auch mit elektrischer Unterstützung. „Den Radsport tragen wir noch im Namen, aber unser Schwerpunkt sind heute E-Bikes und Alltagsräder für Kinder und Erwachsene“, sagen die Mittelstädts. Das BMX-Debakel hat ihre Spuren hinterlassen: Mountainbikes, die aktuell auch wieder stark nachgefragt werden, führen sie nur wenige. Das liegt nicht nur daran, dass die Mittelstädts nicht mehr jeden Trend mitgehen wollen, sondern vor allem auch am Raumproblem.
Kleiner Laden, großes Lager
„Kapazitätsprobleme haben wir hier immer gehabt“, sagt Guido Mittelstädt. Und tatsächlich steht der Verkaufsraum so eng gedrängt mit Rädern, dass zwei der insgesamt 13 Mitarbeiter kaum nebeneinander vorbei passen. „Und das ist nur ein kleiner Teil unseres Sortiments, wir haben immer rund 1500 Fahrräder und 500 E-Bikes in verschiedenen Lagern.“ Aber nur etwa 250 davon passen in den Laden.
Lange Lieferfristen
Auch die aktuellen Zeichen der Zeit gehen nicht spurlos an dem Geschäft vorbei. Zwar hat Corona die Nachfrage nach Rädern angeheizt, aber in diesem Jahr sind deutlich weniger Kunden im Geschäft. „Gefühlt ist in diesem Sommer jeder verreist“, sagt der Geschäftsführer. Die Prioritäten haben sich verschoben. Und Preissteigerungen und Lieferprobleme gibt es bei ihm wie in so ziemlich jeder Branche. „Man muss mittlerweile fast zwei Jahre im Voraus nahezu blind bestellen, was die Händler einem anbieten können.“
Tombola für herzkranke Kinder
Doch die Feierlaune soll das nicht trüben. Am Samstag, 27. August, steigt ein großes Fest an der Solinger Straße 22, einem der Lagerstandorte. Neben Verpflegung durch örtliche Vereine, Aktionen und Kinderbelustigung gibt es eine große Tombola, deren ganze Einnahmen dem Bundesverband Herzkranke Kinder e.V. zugutekommen, Lose können bereits an mehreren Stellen in Rheindorf gekauft werden. Zu gewinnen gibt es das, was Mittelstädts am besten können: Radzubehör vom Kilometerzähler über den Helm bis hin zu einem E-Bike als Hauptpreis.