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Gewerbe gefährdetUber wird zum existenziellen Problem für Taxifahrer in Leverkusen

Lesezeit 4 Minuten
Taxifahrer Horst Müller (hier am Klinikum auf dem Taxiplatz) ist genervt von der expansiven Art von Uber.

Taxifahrer Horst Müller (hier am Klinikum auf dem Taxiplatz) ist genervt von der expansiven Art von Uber. Er und seine Kollegen werfen der Firma aus Kalifornien Gesetzesbrüche vor.

Inzwischen sollen in Leverkusen mehr als 100 der Internet-Mietwagen unterwegs sein.

Im Stadtbild erkennt man die Autos eigentlich nur an der kleinen blauen Nummer hinter der Heckscheibe, manchmal an einer Aufschrift. Die Vorwürfe gegen die Firma sind die gleichen, seit sich das Unternehmen in Europa breitmacht: Fahrer, die für den ursprünglich kalifornischen Fahrten-Vermittler „Uber“ unterwegs sind, verstießen bewusst gegen Gesetze, um den Markt für Personenbeförderungen zu erobern – auch in Leverkusen, und niemand tue etwas dagegen.

Das jedenfalls erlebe der Taxifahrer Horst Müller derzeit verstärkt, wie er berichtet. Und er sagt: „Es wird so langsam existentiell für uns.“ Seine Beobachtung: „Es fahren hier immer mehr von denen herum.“ Von „denen“, damit meint der Leverkusener Uber-Autos mit Kölner, Düsseldorfer, Mettmanner und sogar Bonner Kennzeichen. Am vergangenen Wochenende sollen sich wieder viele dieser Autos vor der Ostermann-Arena eingefunden haben, um illegal Fahrgäste abzugreifen. Illegal, das sagen Müller und seine Taxi-Kollegen.

Ein Uber-Fahrzeug ist auf der B8 in Köln Stammheim auf dem Weg in Richtung Leverkusen.

Ein Uber-Fahrzeug ist auf der B8 in Köln Stammheim auf dem Weg in Richtung Leverkusen.

Aber wo liegt der Verstoß? Die Uber-Autos sind als Mietwagen unterwegs, nicht als Taxis. Dazwischen gibt es einen großen Unterschied. Sie müssen weniger Auflagen als ihre Taxi-Kollegen erfüllen. Als Mietwagen dürfen sie zwar Personen transportieren, aber sie müssen nach jeder Fahrt zu ihrem Gewerbestandort zurückfahren und erst dort einen neuen Auftrag annehmen. Das ist das Prinzip Mietwagen, deshalb sind sie auch nicht an die von der Politik festgelegten Tarife gebunden.

Uber-Maske im Netz, Leverkusen.

Uber-Maske im Netz, Leverkusen.

Der Vorteil, mit dem Uber die Kunden lockt: Die Fahrten sind oft etwas billiger als im Taxi. Das gilt aber nur solange, bis die Nachfrage steigt, dann kann es schnell teuer werden. Taxifahrer haben mehrere Pflichten, sie müssen zum Beispiel jeden Fahrgast einsteigen lassen. Taxifahrer dürfen an Veranstaltungsorten, Taxiständen, zum Beispiel am Bahnhof, auf Fahrgäste warten. Das dürfen Uber-Fahrer nicht, sie täten es aber trotzdem, sagen Müller und die Kollegen. Ihn verstört, dass „sein“ Taxi-Gewerbe durch ein spätkapitalistisches kalifornisches Internet-Unternehmen genauso systematisch kaputt gemacht werde, wie das schon manche andere Branchen zuvor erlebt haben oder erleben.

Die für Deutschland zuständige Uber-Zentrale, die einen hohen Prozentsatz des ohnehin schon niedrigeren Preises als Provision für die Vermittlung über ihre App behält, befindet sich in Amsterdam. Für derartige Internet-Unternehmen sind die Niederlande eine Steueroase. Deutsche Taxifahrer verdienten meist keine Reichtümer, aber Uber-Fahrer arbeiteten bekanntermaßen für extrem wenig Geld, sagt der Branchen-Kenner Müller, der selbst an 200 Tagen im Jahr im Taxi unterwegs ist.

Leverkusen: Uber-Fahrer sollen illegal unterwegs sein

Nach Dienstschluss widmet er sich im Ehrenamt dem Vorsitz der Bürgerliste der Leverkusener Lokalpolitik. Müller geht sogar noch weiter: In Leverkusen, schätzt er, seien mindestens 30 bis 50 Prozent der Uber-Fahrer illegal unterwegs. In der Gemeinschaft der Leverkusener Taxifahrer herrscht regelrecht Aufregung wegen der Konkurrenz aus dem Netz. Er und seine Kollegen sammeln und dokumentieren Verstöße.

Einer, der sich besonders einsetzt, ist der Taxiunternehmer Marc Henning aus Kursiefen: Man sei dabei, mit Verbänden Druck zu machen und er will die Ordnungs- und Straßenverkehrsbehörde dazu bringen, die Daten der Uber-Autos zu kontrollieren. In Berlin sei das schließlich auch gelungen und dort habe man 1700 Autos ohne Konzession gefunden. Er sagt: „Uber hat gar keine eigene Verwaltung vor Ort, wie sollen sie ihre Leute kontrollieren?“

Die Dimensionen seien schon bemerkenswert: In Leverkusen seien 80 Taxen unterwegs, dazu kämen geschätzt 80 legale Uber-Fahrzeuge und noch einmal 80 illegale, sagt der Unternehmer. Inzwischen seien so viele Fahrten verloren, dass Henning keine Nachtschicht mehr fahren lässt. Jeder Fahrer eines Leverkusener Taxis habe ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen. Die, die schon länger dabei seien, mussten sogar noch ihre Ortskenntnis nachweisen, diese Prüfung sei aber abgeschafft worden.

Als am Samstag beim Dart-Turnier an der Bismarckstraße so viele Uber-Fahrer illegal auf Kunden gewartet hätten, habe man das Ordnungsamt angerufen, aber die seien nicht gekommen: Man habe nur ein Auto, sollen sie zur Entschuldigung gesagt haben. Die Redaktion hat Uber um Stellungnahme gebeten, aber keine Antwort zur Sache erhalten.