Ehrenamtler, die sich um Migranten kümmern, kamen auf Einladung der Stadt im Rathaus zu einem Tag des Austauschs und der Vernetzung zusammen.
ZuwanderungIn Leverkusen hapert es mit der Anerkennung von Bildungsabschlüssen
Am vergangenen Freitagnachmittag war das Leverkusener Rathaus der Austragungsort für eine Veranstaltung, die sich an ehrenamtlich Tätige aus dem Bereich Flucht und Zuwanderung richtete. Der Termin sei als Dankeschön für die sich in diesem Feld engagierenden Menschen und Organisationen gedacht sowie als „Come-Together“, um sich weiter zu vernetzen, erläuterte Susann Peters vom Kommunalen Integrationsdienst. „Unsere Gesellschaft braucht Zuwanderung!“, betonte Alexander Lünenbach, Beigeordneter im Dezernat für Bürger, Umwelt und Soziales. Nicht zuletzt der „riesige Bedarf an Fachkräften“ mache dies unumgänglich.
Für eine gelungene Integration sei die ehrenamtliche Arbeit „extrem wichtig“, um den Übergang in die formalen staatlichen Systeme zu gewährleisten, so der Sozialdezernent weiter. In seiner täglichen Arbeit erlebe er regelmäßig, dass sich zugewanderte Menschen gegenüber den Verwaltungsanforderungen alleine gelassen fühlen würden. Die Menschen dort abzuholen, wo sie sind, sei ein zentraler Baustein, damit der Staat „nicht als ein schwierig zu bearbeitendes Bürokratieungetüm wahrgenommen“ werde, erklärte Lünenbach.
Bürokratie macht Zugewanderten zu schaffen
Dies bedeute nicht, dass die Ehrenamtlichen staatliche Aufgaben übernehmen sollen, aber ihr Engagement sei dank der Begleitung und Vermittlung das Grundgerüst für funktionierende Integration. Konkret hapere es zum Beispiel noch bei der Anerkennung von Berufs- und Hochschulabschlüssen, berichtete Lünebach. Dies nehme auch sie so wahr, bestätigte Bettina Rennebaum, die bei der Awo kostenlos Neuzugewanderte berät.
Es fange mit entstehenden Kosten bei der Übersetzung von fremdsprachlichen Dokumenten an und ende bei einem großen Rechercheaufwand, welche Aussagekraft diese hätten und welche Behörde für die Anerkennung zuständig sei, so Rennebaum. Darüber hinaus würden weitere bürokratische Hürden existieren: Sie kenne einen Fall einer jungen Frau, die in Syrien einen dem Abitur vergleichbaren Abschluss gemacht habe, welcher in Schleswig-Holstein anerkannt worden sei. Bei ihrem Umzug nach Nordrhein-Westfalen sei dieser Schritt erneut notwendig gewesen. In Leverkusen sei für die Abschlussanerkennung eine hauptamtliche Kraft in der Verwaltung zuständig. „Das ist eindeutig zu wenig!“, bekräftigte die Beraterin.
Neben der beruflichen Perspektive und der Unterstützung bei Behördengängen sowie Prüfungen, sei ein großes Bedürfnis nach freizeitlicher Interaktion und der damit verbundenen sprachlichen Weiterentwicklung bei zugewanderten Menschen auszumachen, berichtete Güven Cöcü vom Caritasverband Leverkusen. Integrationskurse seien das eine, aber der private Austausch sei mindestens genauso wichtig. Er habe beispielsweise einmal die Rückmeldung erhalten, dass ein in einer Flüchtlingsunterkunft lebender Mann jemanden zum Schach spielen suche, erzählte Cöcü lächelnd. Gerade bei solchen Belangen könne ehrenamtliche Arbeit einen echten Unterschied machen.
Bei Diskriminierung nicht weg sehen
Das Abbauen von Vorurteilen sei insofern ein weiterer Eckpfeiler für das Einbinden zugewanderter Menschen, stellte Lünenbach klar. Um die im Rathaus anwesenden Ehrenamtler für dieses Thema zu sensibilisieren, fand neben der gebotenen Dialogplattform ein von der Antidiskriminierungsbeauftragten Marilena Jünemann durchgeführter Workshop zu dem Thema „Was kann ich tun bei Diskriminierung?“ statt. So sollten die Teilnehmenden anhand eines Fallbeispiels konkrete diskriminierende Handlungen herausfiltern und erwägen, was in einer solchen Situation sinnvollerweise zu tun sei.
Sich Unterstützung zu suchen, helfe bei einem adäquaten Umgang, betonte Jünemann. Dies beträfe das couragierte Intervenieren wie die juristische Begegnung einer unzulässigen Diskriminierung. So ergäben sich zum Beispiel Schadensersatzansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Nichtsdestoweniger sei der Rechtsschutz nicht optimal ausgestaltet und beschwerlich durchsetzbar, ordnete Jünemann ein. Die offenen Fragen, die es noch zu klären gebe, seien knifflig, verwies Peters auf die herausfordernde Zukunft.