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„Können nichts tun“Stadtverwaltung äußert sich zu Briefkastenfirmen in Leverkusen

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44 Firmensitze, eine Adresse: Gewerbesteuerhebesatz 250 erzeugt in Leverkusen Briefkastenfirmen.  "Viruelles Büro" genannt. Foto: Ralf Krieger

44 Firmensitze, eine Adresse: Gewerbesteuerhebesatz 250 erzeugt in Leverkusen Briefkastenfirmen. Mit dem Begriff „virtuelles Büro“ wurde dieser Manforter Standort beworben.

Die Stadt erklärt, sie könne nichts gegen die vielen Briefkastenfirmen tun, von denen sie steuerlich profitiert.

Was kann die Leverkusener Stadtverwaltung gegen sogenannte Briefkastenfirmen tun? Nichts. Das hat die Kämmerei jetzt mitgeteilt. Anlass ist eine Nachfrage der Grünen von vor zwei Wochen. Man sei nicht zuständig, sondern das Finanzamt, schreibt die Stadt.

Gewerbesteuerhebesatz 250 erzeugt in Leverkusen Briefkastenfirmen. "Viruelles Büro" genannt. Foto: Ralf Krieger

Der niedrige Gewerbesteuerhebesatz von 250 Prozentpunkten erzeugt in Leverkusen Briefkastenfirmen.

Der Stadtverwaltung seien die Hände gebunden, heißt es in der Mitteilung. Laut Gewerbeordnung sei jedermann der Betrieb eines Gewerbes gestattet, sofern er sich an diese Ordnung hielte. Für Gewerbetreibende bestehe eine Anzeigepflicht zu dem ausgeübten Gewerbe gegenüber der städtischen Gewerbestelle. Bei erlaubnispflichtigen Gewerben prüfe die Gewerbestelle das Vorliegen der Voraussetzungen.

Hitdorf Lohrstraße 81. Über 20 Briefkastenfirmen im leeren Einfamilienhaus. Foto: Ralf Krieger

Hitdorf, Lohrstraße 81. Über 20 Firmen im Briefkasten eines leeren Einfamilienhauses. (Bild aus April 2023)

Hintergrund ist, dass Leverkusen seinen Gewerbesteuerhebesatz vor vier Jahren auf den äußerst niedrigen Satz von 250 Punkten gesenkt hat und auf diese Weise Unternehmen aus Städten abzieht, die mehr verlangen. Steuerdumping auf Kosten anderer, lautet häufig der Vorwurf. Die NRW-Regierung (CDU, Grüne) will gegen diese Praxis vorgehen, weil sie eine ungesunde Gewerbesteuerkonkurrenz unter Nachbarstädten erzeuge.

Die Stadt Leverkusen hatte selbst unter der niedrigen Gewerbesteuer in Monheim und Langenfeld gelitten und sie verdammt – aber nur so lange, bis man sie selbst gesenkt hat. Leverkusen profitiert von der Ansiedlung möglichst vieler Gewerbe, man sieht aber offenbar die Gefahr, dass in der Stadt deshalb jetzt auch Steuerhinterziehung begangen wird. In der Stellungnahme heißt es: Es sei Sache der Finanzämter, im Rahmen von Betriebsprüfungen, Verstöße gegen das geltende Steuerrecht festzustellen und zu ahnden.

Zu möglichen Verstößen auch in Leverkusen schreibt die Verwaltung: „Die Stadt Leverkusen distanziert sich von derartigen Geschäftsmodellen und hat kein Interesse an der Ansiedlung von dieser Art »Briefkastenfirmen«“.

Stadt Leverkusen: Briefkästen für Firmen sind nicht zu verwechseln mit Briefkastenfirmen

„Briefkästen für Firmen“ seien aber etwas anderes. Es sei bekannt, dass auf einzelnen Briefkästen durchaus mehrere Firmennamen aufgeführt werden. Dies sei dann der Fall, wenn Gewerbe Dienstleistungen erbrächten oder Produkte vertrieben, ohne an eine Räumlichkeit gebunden zu sein, zum Beispiel Seniorenbetreuung, Haushaltsdienste oder Onlinehandel.

Nicht erwähnt ist allerdings, dass es in Leverkusen zum Beispiel mit Briefkasten angemeldete Firmen gibt, die in Süddeutschland in einer Stadt mit einem höheren Gewerbesteuerhebesatz ein Restaurant betreiben.

Die Grünen hatten die Verwaltung um eine Stellungnahme gebeten, nachdem eine Razzia der Steuerfahndung bei einer Firma in der benachbarten Niedrigsteuerstadt Monheim ergeben hatte, dass die Geschäftsleitung offenbar nur auf dem Papier in Monheim ansässig war. Eine reine Briefkastenfirma, man vermutet Steuerhinterziehung im Millionenbereich.

Die Grünen: „Nach unserer Beobachtung nehmen auch in Leverkusen Firmengründungen zu, die wirken, als seien sie lediglich ‚Briefkastenfirmen‘. Im Internet sind eindeutige Angebote zu finden, unter anderem auch auf der Plattform Kleinanzeigen.“