Das Leiden in Leverkusen nimmt kein Ende. Der Vorstand hat Mühe, Optimismus zu verbreiten.
QuartalszahlenWarum die Bayer-Aktie weniger wert ist als die von Covestro und Lanxess
Das Anderson-Zwischenhoch ist längst vorbei. Am Dienstag rauschte Bayers Aktienkurs zwischendurch auf 21,50 Euro nach unten, minus 14 Prozent. Und damit noch unter dem Kurs der ebenfalls gebeutelten Lanxess-Aktie. Die andere Ausgründung, der Kunststoff-Konzern Covestro, wird im Moment mit gut 57 Euro bewertet. Die anstehende Übernahme durch den arabischen Staatskonzern Adnoc macht das Papier immun gegen schlechte Nachrichten.
Ganz anders sieht es bei Bayer aus. Hier entfalten die nackten Zahlen ihre volle Wirkung. Und die sind wieder nicht gut. Vorstandschef Bill Anderson gelingt es nicht, den Konzern gegen die schlechte Marktlage anzureformieren. Die Schlankheitskur, die er dem mittleren Management verordnet hat, mag zwar intern Wirkung entfalten: Die Zahl der Beschäftigten ist insgesamt um rund 5500 geschrumpft, und die meisten dieser Jobs sind in der Bayer-Verwaltung.
Agrochemie erreicht die Ziele nicht
Aber speziell im dominierenden Agrargeschäft gibt es teils neue Probleme. Die Glyphosat-Hausse ist endgültig vorbei; hier berichtet Bayer von gut 19 Prozent Umsatzrückgang und ordnet das als „Normalisierung“ der Nachfrage ein. Im selben Maß ging der Absatz von Mais-Saatgut zurück. Der Grund: weniger Anbauflächen in Lateinamerika.
Apropos Mais: Da hat Bayer einen Wechsel auf die Zukunft in der Tasche, immerhin. Maispflanzen, die nicht so hoch wachsen. Auf einer Farm in den USA wurde die Neuerung schon im Feldversuch getestet, und Bill Anderson spricht von ermutigenden Ergebnissen. Der kurze Mais kann dichter gepflanzt werden, und bei Sturm entstehen nicht so große Schäden. Der Ertrag sei so hoch wie nie, berichtet Anderson. Da könnte also etwas wachsen.
Als Bill Anderson im April 2023 an die Kaiser-Wilhelm-Allee kam, machte sich Hoffnung breit. Die letzten Jahre unter Werner Baumann hatte mancher als lahme Zeit wahrgenommen, vom dynamisch wirkenden Texaner Anderson erhoffte man sich mehr als vom betulichen Dormagener Baumann. Der Vertrauensvorschuss zeigte sich auch im Aktienkurs, der auf rund 60 Euro stieg. Das war schon etwas, im Vergleich zu den trüben Jahren nach der Monsanto-Übernahme. Allerdings nicht viel, wenn man auf die Bayer-Zeit unter Marijn Dekkers blickt. Ein Aktienkurs von 140 Euro erscheint heute als Verheißung aus einer besseren Welt. In der war Bayer das wertvollste Unternehmen Deutschlands. Das ist keine zehn Jahre her.