Ein 56 Meter hohes Haus, aber zum Beispiel kein Flatrate-Bordell, legt der entscheidungsreife Plan fest.
StadtentwicklungWas der Investor auf dem Postgelände in Wiesdorf bauen darf

Das Postgelände an der Heinrich-von-Stephan-Straße wird unter anderem mit einem Hotel und Büros bebaut.
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Nach vielen Jahren wird es wirklich ernst mit dem Postgelände an der Heinrich-von-Stephan-Straße. 2018 wurden die Pläne des Meerbuscher Investors Gerd Esser erstmals öffentlich. Jetzt sollen innerhalb einer Woche alle notwendigen Entscheidungen für die Änderung des Flächennutzungsplans und ein neuer Bebauungsplan beschlossen werden. Den Anfang macht die für Wiesdorf zuständige Bezirksvertretung I, dann folgen zwei Ausschüsse. Der Rat wird am 11. Dezember entscheiden. Es bestehen keine Zweifel, dass das Projekt angenommen wird. Das Großprojekt (die Rede ist von 150 Millionen Euro) wurde schon im Voraus begeistert von CDU und Grünen angenommen, auch die SPD wird sich nicht dagegen stellen.
Die Fläche zwischen Jobcenter, Arbeitsagentur, Europaring und Heinrich-von Stephan-Straße soll planungsrechtlich künftig ein Gewerbegebiet werden. Das hat einen einfachen Grund: Wohnungen zu bauen, wird damit ein für allemal ausgeschlossen. Wiesdorf wird also relativ bald zwei Hotels bekommen; für die Wöhlerstraße wird ja auch eins geplant.

Die alte Post wird abgebrochen.
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Dazu hat Esser 55.000 Quadratmeter Land von der Post gekauft, die Investition in der zentralen Innenstadt findet also auf Privatgelände statt. Der Bau soll in drei Abschnitte eingeteilt werden: Baubeginn für den ersten soll spätestens im Sommer 2027 sein, die anderen beiden folgen im Zwei-Jahres-Rhythmus. Der letzte Abschnitt muss laut Vertrag am 31. März 2035 fix und fertig sein. Investor Esser (64) hat dazu drei GmbHs (GEVI Projekt Leverkusen) gegründet, deren alleiniger Geschäftsführer er ist. Der Rat bekommt zur Sicherheit eine Prognose über Essers Leistungsfähigkeit.
Leverkusen: Was genau darf Esser bauen?
Tiefgaragen, eine Straße und Grünflächen und drei Baukörper, zwei mit knapp 30 Metern Höhe, einer 56 Meter hoch: Darunter Hotel- und Apartmenthäuser mit insgesamt 11.000 Quadratmeter Geschossfläche, das Hotel darf maximal 6650 Quadratmeter haben. An Büros und Verwaltungs-Räumen darf Esser 18.100 Quadratmeter planen und maximal 4500 Quadratmeter Arztpraxen anbieten. Egal, wie er die Räume zuschneidet, in der Summe dürfen die Flächen 36.000 Quadratmeter Geschossfläche nicht überschreiten.
Er darf ein 2500 Quadratmeter großes Fitnessstudio einrichten und in Summe höchstens 1600 Quadratmeter Einzelhandel, nur kleine Läden, jeder nicht mehr als 400 Quadratmeter groß. Ausdrücklich hat man ausgeschlossen: Wettbüros, Casinos, Sexkinos, Striptease-Lokale, Swingerclubs, Flatrate-Bordelle, Peepshows und vergleichbare Vergnügungsstätten aus dem Bereich Erotik. Der Beton-Funkturm kann bleiben. Der erste Neubau soll entlang des Europarings entstehen, noch davor wird eine neue Straße gezogen.

Diese Art Bilder sind mit Vorsicht zu genießen, hinterher sieht's meist anders aus: Der Architekten-Siegerentwurf für das Postgelände.
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Gegenüber der heutigen Tiefgarageneinfahrt zweigt sie senkrecht vom Europaring nach oben ins Postgelände ab. Man hat berechnet, dass die Heinrich-von-Stephan-Straße den zusätzlichen Verkehr niemals aufnehmen könnte. Zuerst favorisierte man einen Kreisverkehr, jetzt solls eine zusätzliche Ampel werden. Für Ampel und Anbindung kommt die Stadt mit 1,3 Millionen Euro auf. Dazu muss der Radweg oberhalb des Europarings zeitweise unterbrochen werden.
Kein wirklich öffentlicher Platz
Zwischen den drei hohen Bauten wird ein Platz angelegt. Die Stadt hat im Vertrag Durchgangsrecht festgelegt, das ist kein Aufenthaltsrecht, etwa für Obdachlose. Auf dem Privatplatz sollen Beete angelegt und ein paar Bäume gepflanzt werden. Die Dächer werden immerhin teilweise begrünt.

Das Postgelände an der Heinrich-von-Stephan-Straße.
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Die gesamte Versiegelung im Plangebiet soll den Unterlagen nach nicht erhöht sein, wenn alles fertig ist. Die Vorlage zum Bebauungsplan besteht aus 41 zum Teil äußerst umfangreichen Dateien. Die interessanten Details zu finden, ist für Nicht-Fachleute, zu denen die Politiker zu zählen sind, fast unmöglich, man muss darauf vertrauen, dass die Verwaltung alles richtig ausgearbeitet hat und keine Überraschungen versteckt sind.
Kritische Äußerungen aus der Stadtgesellschaft sind darin pflichtgemäß auch dokumentiert. Eine Auswahl: Es gebe keinen Nachweis, dass so viel Büroraum gebraucht werde. Das Bauvorhaben widerspreche dem Klimaschutz. Der Verkehrswende werde mit dem Bau von noch mehr Tiefgaragen und einer neuen Autostraße nicht Genüge getan. Trotz des schweren Mangels würden keine Wohnungen gebaut, bei allen Bauprojekten in der Innenstadt gehe es nur um Profit, nicht um zukunftsfähige Stadtgestaltung für die Bürger. Eine Einwendung kritisiert die erschlagende Wirkung überdimensionaler Bauten, die Brutalität dieser Hochbauten zeige sich erst nach Fertigstellung.