Die Stadt Leverkusen sucht verzweifelt nach Erzieherinnen und Erziehern.
„Verteilungskampf“Stadt Leverkusen muss mit anderen Kommunen um Personal für Kitas kämpfen
Immerhin steht die Stadt Leverkusen nicht alleine mit ihrem Problem da. Auch aus diesem Blickwinkel lässt sich darauf schauen, dass die städtischen Kitas unter dramatischem Personalmangel leiden. Zuletzt war bekannt geworden, dass die beiden neuen Einrichtungen am Fester Weg und am Henkelmännchenplatz zwar fertig sind, aber nicht wie vorgesehen öffnen können, weil das Personal fehlt. Nur: Dass es anderen Kommunen ebenso geht, hilft niemandem – weder der Stadt, noch den Familien in Leverkusen.
42 Kitas betreibt die Stadt. Insgesamt fehlten derzeit 50 Fachkräfte, teilt Sabine Jarosch, stellvertretende Fachbereichsleiterin für Kinder und Jugend, mit. Mit Jugenddezernent Marc Adomat, Dezernatsmitarbeiterin Lisa Heider und Tobias Jäger, Sachgebietsleiter Tagesbetreuung Kinder, erklärt sie, was die Stadtverwaltung tue, um das große Loch an den Kitas zu stopfen.
Leverkusen: Stadt muss kreativ sein
Neue Wege gehen, Ideen finden, Ansätze ausprobieren – immer wieder verwenden die Stadtangestellten solche Formulierungen, um eines auszudrücken: Um Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen, müssen sie kreativ sein. Denn das Problem, das sich an den beiden neuen Kitas ergibt, gibt es schon länger. Inzwischen sind es sieben Kitas, die ihren Betreuungsumfang reduzieren müssen, weil das Personal fehlt.
Und dass es anderen Kommunen auch so geht, wird für Leverkusen eher zum Problem: „Wir befinden uns fast in einem Verteilungskampf um Mitarbeiter“, sagt Marc Adomat. Der Markt ist leer. Deshalb tritt der Dezernent dem Vorwurf entschieden entgegen, die Stadt bemühe sich zu spät um Fachkräfte. Es gebe sie schlicht nicht, man tue schon alles.
Anforderungen werden höher
Wie Jarosch berichtet, häufen sich unter dem vorhandenen Kitapersonal längere Krankheitsausfälle. Sie führt das auf die steigenden Belastungen für die Fachkräfte zurück, auf immer höher werdende Anforderungen. „Vor allem bekommen wir mit, dass die Erzieherinnen und Erzieher ihrem eigenen Anspruch nicht mehr gerecht werden.“ Damit meint sie einen Bildungsauftrag, den die Erzieherinnen und Erzieher „mit Herzblut“ verfolgten.
Die Stadtverwaltung hat eine Dauerausschreibung für Erzieherinnen und Erzieher draußen. „Wir haben dann auch mal einzelne Ausschreibungen für die jeweilige Kita ausprobiert, aber keine einzige Bewerbung erhalten“, sagt Lisa Heider. Gebe es Interessenten, tue man alles, um auf die Fachkraft individuell einzugehen. Man helfe bei der Wohnungsvermittlung, entfriste Verträge, die eigentlich nur als Vertretung gedacht gewesen seien – auch eine Beschäftigung nach dem Renteneintritt sei möglich. Indeed, Stepstone, Ebay-Kleinanzeigen – man suche auf allen Plattformen. Jetzt hat die Stadt eine Postkarte entwickelt, über die sie sich Kontaktaufnahmen von potenziellem Nachwuchs erhofft.
Leverkusen: Spanische Erzieherinnen als Option
Die Stadt Leverkusen denkt auch darüber nach, wie sie ausländische Fachkräfte gewinnen kann. Speziell geht es da um Spanien. Es gebe einen Markt mit hoch qualifizierten, spanischen Erzieherinnen mit Deutschkenntnissen. Derzeit schaue man sich bei der Stadt Mönchengladbach um, die diesbezüglich als Modellkommune gelte, sagt Lisa Heider.
Außerdem will die Stadt nun einen Versuch mit Zeitarbeitsfirmen wagen. Ähnlich wie im Pflegesektor gibt es genügend Firmen, die pädagogische Fachkräfte vermitteln. Dann immer für eine gewisse Zeit. „So können wir vielleicht Langzeiterkrankungen auffangen“, sagt Jarosch. Ganz wichtig ist es Heider, zu betonen, dass eine Fachkraft einer Zeitarbeitsfirma aber mindestens drei Monate in einer Einrichtung bleibe. Bis die erste Zeitarbeitskraft in Leverkusen anfangen könnte, dauert es aber noch etwas. Die Stelle muss ausgeschrieben werden. Spätherbst oder bis Ende des Jahres, erhofft sich Lisa Heider.
Im Gespräch wird deutlich: All das Werben, all das Sich-Rausputzen für Bewerberinnen und Bewerber ändert nichts am strukturellen Problem des Fachkräftemangels an Leverkusener Kitas. Am demografischen Wandel, an der offensichtlich fehlenden Attraktivität des Berufs. Das wissen auch die Stadtmitarbeiter.
Deshalb erhoffen sie sich vom Land, das sogenannte Aachener Modell zuzulassen. Demnach könnten Angestellte Kinder in den Randstunden betreuen, also früher am Morgen und in den Nachmittag hinein, wenn die Schichten der pädagogischen Fachkräfte vorbei sind. Kritiker beklagen, dass die Betreuenden dann keine pädagogischen Fachkräfte seien. Auch unter den Erzieherinnen und Erzieher sei das umstritten, sagt Sabine Jarosch. Doch Marc Adomat meint: „Wenn ich aber keine Fachkräfte habe, muss ich andere Lösungen finden. Und ich glaube, das würde vielen Eltern helfen.“
Die Personalverordnung des Landes NRW legt die Rahmenbedingungen fest, in denen sich die Stadt bewegen kann. Die Randstundenbetreuung nach dem Aachener Modell ist derzeit unter anderem nicht möglich, weil immer eine pädagogische Fachkraft – Erzieher oder Heilerziehungspfleger – vor Ort sein muss, erklärt Tobias Jäger. Das, so Jäger, garantiere einen gewissen Qualitätsstandard. Aber es bremst die Stadt auch in ihren Bemühungen, das ist in den Ausführungen der Stadtmitarbeiter nicht zu überhören.
Erzieherinnen und Erzieher der Leverkusener Kitas sind nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Diensts angestellt und verdienen zwischen knapp 3000 Euro zum Einstieg und knapp 4000 Euro brutto in der höchsten Stufe.