Studium, Reisen, Umzug?Wie Corona die Pläne der Leverkusener Abiturienten beeinflusst
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Abiball, Abifahrt, Zeugnisübergabe auf der Bühne - diese Augenblicke nach bestandenem Abitur sind einmalig.
Danach beginnt eine Zeit voller Pläne und Freiheiten. Beginne ich ein Studium oder eine Ausbildung? Reise um die Welt oder ziehe in eine neue Stadt?
Wir haben mit Abgängern des Landrat-Lucas-Gymnasium in Opladen gesprochen. Die Pandemie macht ihnen dieses Jahr einen Strich durch die Rechnung.
Leverkusen – Kinderzimmer statt großer Freiheit, Zukunftsangst anstelle hochfliegender Pläne. Die Abiturienten 2020 müssen ihre Erwartungen der Pandemie anpassen. Ob sie das Studium beginnen, von zu Hause ausziehen und reisen können, bestimmt Corona. Der Wegfall von Abiball und Abifahrt, dem Applaus der Masse, wenn sie auf der Bühne ihr Zeugnis entgegennehmen, ist bitter. Was macht den Abiturienten Sorge – und was macht Corona sogar einfacher? Wie sie sie ihre Zeit verbringen, wenn der Ausbildungs- oder Studienstart verschoben ist, haben uns drei Abiturienten des Landrat-Lucas-Gymnasiums in Opladen erzählt.
Marcella Romagnolo, 20 Jahre
Marcella Romagnolo hatte den Klassiker schlechthin geplant: Work and Travel in Australien. Ihr Flug ist inzwischen storniert. Die 20-Jährige möchte die Reise nachholen, irgendwann, nach der Pandemie. In einer abgespeckten Version, denn so viel Zeit wie jetzt wird sie lange nicht mehr haben. Dann eben sofort studieren, lautet ihr Plan B. Romagnolo möchte Sportlehrerin werden.
Corona steigert ihre Chancen auf den Wunschplatz in Münster: „Wegen Corona findet der Sporttest für das Lehramtsstudium nicht statt. Das ist gut. Aber ich weiß bisher nicht, wann das Studium anfängt“, so die Abiturientin. Der Semesterstart ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Online-Kurse erscheinen ihr in ihrem Studiengang absurd. „Wie soll ich online Sport studieren? Wenn es noch länger dauert, bis das Studium beginnt, wüsste ich nicht, was ich tun soll“, sagt sie.
Raphael Späte, 18 Jahre
Raphael Späte hat sich im Baumarkt und in einem Imbiss beworben. Der Betrieb des Leichlinger Cafés in dem er vorher angestellt war, pausiert seit Ende März. Ab Oktober möchte der 18-Jährige in Köln Eventmanagement studieren. Bislang ist der Start um zwei Wochen verschoben. Ob es dabei bleibt, weiß niemand. „Das kann noch länger dauern. Im Moment wird zwar alles gelockert, aber noch immer hält Corona alle auf Trab. Und dann muss ich schauen, wie die Uni strukturiert ist“, sagt Späte, der seinen Berufsstart möglicherweise im Home-Office erleben wird. Sein Studium ist dual ausgelegt, neben Vorlesungen ist Späte auch in einem Betrieb angestellt. „Den Umgang mit Kollegen braucht man. Meinen Mentor nur per Videochat zu treffen, fände ich komisch“, so der Leichlinger. Das Unternehmen sucht er gemeinsam mit der Hochschule aus. Wann, das weiß er derzeit nicht.
Corona habe den Schülern schon die Vorabi-Zeit komplett vermasselt, empfindet Späte. Jetzt diskutiert die Schule, wie eine Abi-Feier unter Pandemie-Bedingungen aussehen kann. Abschlusstanz mit 1,5 Meter Abstand und Übergabe des Zeugnisses ohne Händedruck? Späte fühlt sich in solchen Diskussionen übergangen. Er empfindet die Kommunikation der Schule als „schlecht“. „Als die Maßnahmen anfingen, kam von allen Seiten irgendetwas, bis man gar nicht mehr wusste, wie man sich verhalten soll“, erzählt er. Entscheidungen seien über die Köpfe der Schüler hinweg getroffen worden.
Raphael Späte möchte die verbleibende Zeit nutzen um seine Freunde zu treffen und Hobbys nachzugehen. So gut das mit Corona im Rücken geht. Wenn sich sein Studienstart weiter verzögert, hält er sich mit Aushilfsjobs über Wasser.
Laura Sofie Gajowski, 19 Jahre
Laura Sofie Gajowski wollte sich gründlich auf ihren Studienbeginn vorbereiten. Jetzt bleibt ihr nur der Sprung ins kalte Wasser. „Ich wollte mir Vorlesungen anschauen, auf dem Campus mit Studierenden reden. Jetzt kann ich nirgendwo Infos erfragen“, sagt die 19-Jährige. Sie wird sich für Medizin bewerben – erstmal „irgendetwas anfangen“. Doch ob das Studium tatsächlich so ist, wie sie es sich erhofft, bleibt im Dunkeln. Auch die Wahl des Studienortes fällt ihr schwer.
Ein Umzug ist für die Schülerin aus Lützenkirchen in der aktuellen Lage überhaupt nicht denkbar. „Ich bin sehr verunsichert und weiß nicht, wie ich mir das alles vorstellen soll. Für alle im Jahrgang ist die Situation schlimm“, so Gajowski. Der Gedanke die Kurse online zu belegen, bereitet ihr Kopfzerbrechen. Informationen von den Universitäten fließen nur spärlich – sie wissen es selbst nicht besser, vermutet die 19-Jährige. Ihr bleibt nichts außer abzuwarten und sich überraschen zu lassen, wann ihr Studium beginnt. Und ob das Fach Medizin, für dass sie sich letztendlich entschieden hat, das Richtige für sie ist.