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AusstellungWie ein Leverkusener Fotograf Ukrainern in ihrer Heimat ein Gesicht geben will

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht in einem Türrahmen.

Oleksander ist eine von sechs Personen, deren Geschichte in der Bildergalerie erzählt wird. Er verlor seine Frau im Krieg.

Eine aktuelle Fotoausstellung in Bürrig gibt der ukrainischen Zivilbevölkerung ein Gesicht, die in ihrem Land verharrt.

„Mein Wunsch war es, in die Wohnungen zu den Menschen zu kommen, die dort weiterleben“, erzählt Thomas Römbke zur Entstehung seiner Fotoausstellung „Was übrig bleibt“. Römbke zeigt in seiner Ausstellung in Bürrig Ukrainer, die trotz der Kriegssituation in ihrem Land verharren. „Ich versuche, diesen Menschen ein Gesicht zu geben, diese Art der Berichterstattung sieht man sonst nicht“, sagt Römbke.

Seine Aufnahmen sind derzeit in der Petruskirche in Bürrig ausgestellt. Hier treffen zwei Welten aufeinander: Menschen, die das Leid der Welt täglich am eigenen Leib erfahren, deren Augen auch auf den Bildern von den Tränen glänzen. Daneben: Die friedliche Krippe mit den bekannten Figuren, die voller Vorfreude auf das Christuskind warten.

Die Fotos aus Lwiw sind farbig und zeigen so den Kontrast zur Situation in der Stadt Donezk.

Die Fotos aus Lwiw sind farbig und zeigen so den Kontrast zur Situation in der Stadt Donezk.

Im September dieses Jahres reiste Römbke, unterstützt vom Blau-Gelben Kreuz und der vor Ort kooperierenden Organisation „Strong Life“, in die Ostukraine, die besonders stark vom Krieg betroffen ist. Neben den Bildern aus Donezk zeigt die Ausstellung auch einige Fotos aus Lwiw, einer Großstadt in der Westukraine, durch die der Fotograf reiste. „Da war die Welt für mich noch in Ordnung“, sagt Thomas Römbke, „man sieht zwar auch einige Bilder von Soldaten, aber in Donezk ist es ganz anders. Da ist die Welt zu Ende, da steht nichts mehr“. In der Ausstellung verdeutlicht Römbke die unterschiedlichen Lebenswelten durch Farb- und Schwarz-Weiß-Fotos.

Ein Dolmetscher unterstützte Römbke auf seiner Reise in die Ukraine. Diese war auch immer wieder von Durchfahrtskontrollen geprägt. „Die Ukrainer wollen natürlich keinen Kriegstourismus“, so Römbke. Trotz der gefährlichen Reise hatte der Fotograf, der sich das Fotografieren selbst beigebracht hat, zu keiner Zeit Angst gehabt, nicht mehr nach Hause zu kommen, „man hat schon sehr gut aufgepasst“.

Mit seinem Projekt gibt Thomas Römbke den Menschen nicht nur ein Gesicht, sondern auch eine Stimme, denn neben den Portraits können die Besucherinnen und Besucher auch ihre Geschichten erfahren. Dabei fällt auf, dass sich die sechs Ukrainer in sehr ähnlichen Situationen befinden, es sind überwiegend Männer im Rentenalter. „Sie sind alle zu alt zum Kämpfen und zu schwach zum Fliehen“, sagt Römbke.

Die Ausstellung zeigt auch Fotos von Kriegsgräbern.

Die Ausstellung zeigt auch Fotos von Kriegsgräbern.

So geht es beispielsweise Oleksander. Der 74-Jährige wurde in einer Nacht von Explosionen aus dem Schlaf gerissen und konnte sich gerade noch retten, als die Wände seines Hauses einstürzten. Die Mauern begruben jedoch seine Frau, die er anschließend eigenhändig wieder ausgrub. „Das Leben, das sie zusammen aufgebaut hatten, endete so in einem kurzen tragischen Augenblick“, heißt es schließlich in Oleksanders Geschichte. Das Foto scheint seine Emotionen zu transportieren: der fassungslos leicht geöffnete Mund, die Tränen in den Augen, der starre Blick, er hält sich an einem Schrank fest.

Die Fotos berühren die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung, vermutlich, weil die Menschen durch ihre Geschichten vertraut wirken. „Macht das was?“, fragt Römbke einen Besucher. „Ja“, antwortet der. „Dann sind es gute Bilder“, sagt Römbke. Mit ihm selbst habe die Reise emotional viel angerichtet. „Ich kann jedem empfehlen, hierhin zu kommen und sich die Bilder anzuschauen, ich kann aber nicht empfehlen dahin zu fahren, denn das bleibt in Ihrem Kopf.“

Die Besucherinnen und Besucher der Fotoausstellung haben die Möglichkeit, eine Patenschaft für ein Bild übernehmen, für eine Mindestspende von 70 Euro. Mit der Spende werden die Menschen aus den Kriegsgebieten mit Nahrung und Hilfsgütern versorgt. Das Geld soll ganz gezielt bei den Menschen ankommen. „Ich will, dass man an seine Tür klopft. Ich habe ihm gesagt: ‚Ich sorge dafür, dass du zu essen hast‘ und ich will mein Wort halten“, so Römbke.

Die Fotoausstellung ist noch bis zum 7. Januar in der Petruskirche in Leverkusen-Bürrig zu sehen.