Am Freitag (28.6.2024) war die Eulen-Apotheke zum letzten Mal geöffnet
Leverkusen-WiesdorfEin Traditionsgeschäft ist weg – nach 104 Jahren
104 Jahre hat es an der Hauptstraße in Wiesdorf die Eulen-Apotheke gegeben, jetzt macht die Inhaberin Sabine Stausberg Schluss. Damit geht für die Familie nicht nur ihre Wiesdorfer Verbindung zu Ende, die jetzt drei Generationen gehalten hat. An der Gründung der Apotheke 1920 war der Großvater Johann Stausberg beteiligt. Die besondere Verbindung Wiesdorfs mit der Familie liegt aber daran, dass Hans Stausberg, der Vater von Sabine Stausberg, 16 Jahre lang der Gründungsvorsitzende der legendären Bürgerinitiative „Wohnliches Wiesdorf“ war.
Hans Stausberg starb 2007, er kämpfte mit der Bürgerinitiative für seinen Stadtteil. Unter anderem ihrem Einsatz ist zu verdanken, dass es nicht zu weiteren Abrissen im Westen Wiesdorfs zugunsten der Verlängerung der Autobahn 59 und des Bayerwerks kam. Sogar ein Industriehafen hatte man am Bayerwerk mal geplant.
Zu viele Wohnungen verschwanden am Werksrand in Wiesdorf
Die promovierte Apothekerin Sabine Stausberg übernahm das Geschäft vor 30 Jahren, sie geht nicht mit einem guten Gefühl. Sie sagt: „Wiesdorf ist durch Dummheit runtergerockt worden.“ Dass an der unteren Hauptstraße heute zwar viele Büros sind, dass aber durch die Abrisse durch Bayer an der Nordseite des Werks zu wenige Menschen wohnen, hält sie für einen Grund, weshalb sich die kleinen Geschäfte in der Gegend nicht halten können. „Bayer wollte damals mit aller Gewalt sein Gebiet erweitern.“ Dann habe man Büros eingerichtet. „Und jetzt?“, fragt Sabine Stausberg.
Bayer habe damals gefährliche Betriebe nahe an Wiesdorf platziert und dann sei Seveso gekommen und es durften keine Wohnungen mehr gebaut werden. „Dabei könnte das Viertel hier eine der besten Wohngegenden sein“, findet die Apothekerin. Die vielen Bäume an der Hauptstraße erzeugen am Freitag, dem letzten Öffnungstag der Apotheke, ein angenehm schattiges Klima.
Schließlich habe Bayer sich nach und nach aus seinen Immobilien an der Hauptstraße zurückgezogen. Die weitere Geschichte ist bekannt: Aus Not kaufte die Stadt Leverkusen die Büros. Wirklich lebendig geht es dort aber dennoch nicht zu. Dazu sei die Rathaus-Galerie gekommen, die die Menschen ins Zentrum ziehe; auch aus ihrem Viertel. „Ich verstehe immer noch nicht, wieso man das mit dem Einkaufszentrum gemacht hat“, sagt Sabine Stausberg.
Das Viertel und die Menschen haben sich stark gewandelt
Einen nicht zu unterschätzenden Anteil an ihrer Enttäuschung trägt der Wandel in der Einwohnerstruktur in Wiesdorf in den vergangenen Jahrzehnten bei, besonders zu erwähnen sei die stadtbekannte Großfamilie, die nicht nur mit ihren Luxusautos im Viertel eine hohe Präsenz auf den Straßen zeigen. Es sei löblich, dass man mal ab und zu einen Blitzer an die Hauptstraße stelle.
„Früher war es weniger laut hier“, sagt Frau Stausberg, „ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass ich älter geworden bin.“ Die Apothekerin betreibt als Filiale die Maurinus-Apotheke in Quettingen, da wird sie demnächst öfter sein.
Kunden fehlen am Stammsitz in Wiesdorf also, aber auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich verändert. Seit 20 Jahren seien die Vergütungen der Apotheken praktisch gleich geblieben, was für die Kosten nicht gilt.
In drei Generationen hat sich das Apothekengeschäft erheblich gewandelt. Früher habe man fast alles selbst angemischt, heute weniger, sagt Frau Stausberg. Sie habe in ihren 30 Jahren in der Apotheke viel von den Vorfahren gefunden, jede Menge seltener Substanzen entsorgt, darunter ein kiloschweres Glas mit Quecksilber. „Ich kann mir nicht erklären, was sie damit gemacht haben.“ Der Name Eulen-Apotheke wird also verschwinden, Sabine Stausberg hat ihre große Eulen-Sammlung, die im Geschäft verteilt stand, an die Kunden verschenkt.