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JazztageAnnett Louisan versetzt Leverkusen 20 Jahre zurück

Lesezeit 3 Minuten
Annett Louisan.

Annett Louisan spielte im Erholungshaus.

Annett Louisan spielte vor allem Songs aus ihrem Debütalbum „Bohème“.

Nach einer guten Stunde, als sich das Programm von Annett Louisan dem Ende näherte, war ein wohliger Seufzer im Publikum zu hören. Nicht, weil das Set von Louisan den Zuschauerinnen und Zuschauern im Erholungshaus vorher nicht gefallen hatte. Sondern, weil dann Louisans wohl bis heute größter Hit kam: „Das Spiel“ von ihrem Debütalbum „Bohème“. „Da is' es“, kündigte die Sängerin das Stück selbst verschmitzt lächelnd an, bevor sie „Ich will doch nur spielen“ ins Mikrofon im Erholungshaus säuselte.

Dass Louisans Klassiker so gut ankam, hatte sicherlich auch etwas mit der Programmankündigung zu tun. Denn 20 Jahre nach der Veröffentlichung ihres Debüts geht Louisan mit einem Programm auf Tour, das den Schwerpunkt auf „Bohème“ legt. Ihre Fans wussten also, was sie erwartet. Sicher auch ein Grund dafür, dass das Erholungshaus so gut gefüllt war.

Nach 20 Jahren und insgesamt zehn Alben hat sich der Sound der Wahl-Hamburgerin verändert. Wenn sie sich ihr Debüt anhöre, höre sie heraus, dass sie zur damaligen Zeit viel Norah Jones gehört habe. Damit hat sie unüberhörbar recht. Besonders deutlich wird das in „Die Lüge“. Ein Stück, das Annett Louisan nach eigener Aussage eigentlich für Yvonne Catterfeld geschrieben hatte.

Leverkusen: Annett Louisan überzeugt mit Melancholie

Mit intimer Instrumentierung – auf Schlagwerk verzichtet die Sängerin am Dienstagabend komplett – wird das Stück zu einem Höhepunkt des Abends. Ohnehin steht Louisan die Melancholie besser als der Witz. „Was haben wir gesucht“ aus ihrem 2007er-Album „Das optimale Leben“ entwickelt sich zur traurigen und durchaus anrührenden Ballade. Wobei Louisan immer mal wieder auf der Grenze zum Kitsch wandelt.

Sehr persönlich ist „Daddy“, ein Lied, das die Sängerin über ihren Vater geschrieben hat und das ebenfalls auf „Bohème“ erschienen ist. Sie sei in der Gemeinde Schönhausen an der Elbe in Sachsen-Anhalt aufgewachsen. „Ein klassisches Schlüsselkind“ sei sie gewesen. Louisan wuchs ohne Vater auf, großgezogen von Mutter und Großeltern. „Meinen leiblichen Vater habe ich erst vor 20 Jahren auf einer Autogrammstunde kennengelernt“, erzählt sie.

Wenn Louisan nicht melancholisch ist, singt sie häufig über gescheiterte Beziehungen und über Männer, die ihre Partnerinnen offenbar nicht gut behandelt haben. In „Der Blender“ oder „Rosenkrieg“ zum Beispiel. Allerdings auch immer mit einem Augenzwinkern. Das ist neben der Melancholie nämlich der zweite Aspekt, der Louisans Texte ausmacht: der Humor. Der ist manchmal etwas abgedroschener („Frauen lügen nie“, „Herrenabend“) und manchmal origineller („Die Lösung“, „Eve“).

Nicht untergehen sollten aber die hervorragenden Musikerinnen und Musiker ihrer Band, die auf dem Flügel, der Geige und an der Gitarre ihre Songs zwischen Chanson und Deutschpop behutsam, aber song-dienlich begleiteten. Zuvor hatte „Miu“ als Vorband gespielt.